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Eulbergs tönende Tierwelt: Trällernder Meister der Dialekte

Als ausdauernder Sänger gibt der Buchfink (Fringilla coelebs) sein Lied bis zu 600-mal in der Stunde zum Besten – je nach Region in jeweils anderem Dialekt. Was diese vogelsprachliche Vielfalt mit seinem Speiseplan zu tun hat, weiß unser Kolumnist.
Eine detaillierte Illustration eines Buchfinken mit orangefarbenem Brustgefieder, grauem Kopf und schwarzen Flügeln mit weißen Streifen. Der Vogel sitzt auf einem Ast mit grünen Blättern vor einem dunklen Hintergrund.
Im Winter kann man vorwiegend nur die männlichen Buchfinken alleine in unseren Gefilden beobachten. Daher rührt ihr wissenschaftlicher Artname coelebs: Er bedeutet so viel wie Junggeselle.
Wissen Sie, wie ein Siebenschläfer klingt? Warum der Pirol auch Regenkatze genannt wird? Vermutlich nicht – obwohl diese Lebewesen Teil unserer heimischen Fauna sind. In der Kolumne »Eulbergs tönende Tierwelt« stellt der Techno-Künstler, Ökologe und Naturschützer Dominik Eulberg faszinierende Exemplare aus der Tierwelt vor unserer Haustür vor. Podcast-Tipp: In WUNDERKAMMER feiert er mit dem »Zeit«-Reporter Fritz Habekuß die Schönheit der Natur.

In unseren Gefilden ist der Buchfink (Fringilla coelebs) die am weitesten verbreitete Singvogelart: Sie kommt von der Küste bis ins Gebirge auf 1500 Meter vor. Gleich nach der Amsel ist sie gar Deutschlands zweithäufigste Brutvogelart. Ja, sogar jedes zehnte heimische Brutvogel-Individuum ist ein Buchfink! Der Fink verdankt seinen Familiennamen den scharfen, explosiven »Fink-fink«-Alarmrufen, die man häufig in Wäldern, aber auch in baumbestandenen Gärten und Parks hören kann.

Buchfinken sind äußerst ausdauernde Sänger: Ein emsiges Männchen schmettert seinen markanten Gesang, den so genannten Finkenschlag, bis zu 600-mal pro Stunde und bis zu 500 000-mal pro Brutsaison. Bei schönem Wetter kann man ihn schon Ende Februar hören. Es gibt aus allen Regionen unzählige Merksprüche für diesen einprägsamen Gesang mit dem markanten Endschnörkel: etwa »Bin, bin, bin ich nicht ein schönerrrrr Buchfink« oder »Ich, ich, ich bin derrrr Unteroffiziiiiier«.

Seit jeher haben Menschen den Finken auf Grund seiner Gesangsfreudigkeit zur eigennützigen Unterhaltung in Käfigen gehalten und seine Sangeskünste bewertet. Noch heute gibt es im Harz an acht Orten solche Wettbewerbe. Bei diesen »Finkenmanövern« treten die in verhüllten Käfigen gehaltenen Vögel in drei Kategorien gegeneinander an. Trotz der unbestreitbaren Tierschutzproblematik nahm die UNESCO diese Tradition 2014 in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf.

Im Gegensatz zu vielen anderen Singvogelarten stößt der Buchfink auch bei Niederschlag Lautäußerungen aus. Oft wurde bemerkt, dass er dann einen nach »trürr« oder »trüb« klingenden Ruf von sich gibt, welcher im Volksmund als Regenruf bezeichnet wird. Deshalb galt der Buchfink einst als Regenbote.

Tatsächlich hat dieser Ruf aber nichts mit der meteorologischen Situation vor Ort zu tun: In einer ausführlichen Studie stellte man keine statistische Korrelation zwischen den Regenrufen der Buchfinken und Regen fest. Der besondere Ruf ist vielmehr nur während der Brutzeit zu hören, wenn das Männchen bereits mit einem Weibchen verpaart ist. Er hat also eher eine soziale Komponente und wird dann geäußert, wenn das Weibchen in der Nähe ist – vermutlich, um die Bindung zu stärken.

Im Gegensatz zu fast allen anderen Arten aus der Familie der Finkenvögel (Fringillidae) füttert der Buchfink seine Jungen ausschließlich mit Insekten und deren Larven. Auch in den Sommermonaten ist insektenreiche Kost seine Hauptnahrungsquelle. Insekten stehen jedoch nur zeitlich begrenzt in großen Mengen zur Verfügung und sind somit ein knappes Gut, weshalb der Buchfink sehr standorttreu ist. Da die Männchen ihren Geburtsort also kaum verlassen und ihr Gesangsrepertoire an ihre Nachkommen weitergeben, bilden sich deutlich regionale Dialekte im Gesang und im Regenruf aus.

Edle Färbung | Die auffällige Farbgebung seines Federkleids brachte dem Buchfinken den Beinamen »Edelfink« ein.

Der wissenschaftliche Artname des Buchfinken, coelebs, bedeutet so viel wie Junggeselle. Er rührt daher, dass man im Winter vorwiegend die männlichen Buchfinken alleine in unseren Gefilden beobachten kann. Die Weibchen ziehen hingegen meist in den Mittelmeerraum. Artgenossen aus nördlicheren und östlicheren Gefilden sind jedoch obligate Zugvögel, sie ziehen also allesamt im Winter in den Süden.

Der Buchfink weist einen ausgeprägten Sexualdimorphismus auf: Während die Weibchen unscheinbar grünlich beige gefärbt sind, ist das Männchen im Prachtkleid sehr farbenfroh. Die Unterseite ist bräunlich rosa bis rostrot, die Wangen sind auffallend graublau bis petrolblau, der Bürzel leuchtend grünlich. Nicht umsonst nennt man die Art im Volksmund auch »Edelfink«.

  • Der Buchfink
    Hier finden Sie wichtige Eckdaten sowie Wissenswertes über den Buchfinken.
  • Steckbrief

    Klasse: Vögel

    Ordnung: Sperlingsvögel

    Familie: Finken

    Größe: 14 bis 16 Zentimeter

    Gewicht: 19 bis 24 Gramm

    Fortpflanzungsperioden pro Jahr: 1 bis 2

    Nachkommen pro Periode: 4 bis 6

    Höchstalter: 21 Jahre

    Bundesweiter Gefährungsgrad (Rote Liste): nicht gefährdet

    Volkstümlicher Name: Edelfink

  • Beobachtungstipps
    Buchfinkenweibchen | Anders als das Männchen ist das Weibchen unscheinbar grünlich beige gefärbt und fällt in der Umgebung viel weniger auf.

    Der Buchfink ist ganzjährig in Landschaften mit Baumbeständen, in Wäldern, Parks oder Gärten anzutreffen. Vor allem Männchen finden sich auch am winterlichen Futterhaus.

Ausschließlich die Weibchen bauen die dickwandigen Nester aus Halmen, Rindenfasern und Wurzeln. Sie sind wahre Meisterwerke: innen flauschig mit Haaren und Federn ausgepolstert und doch von außen hoch oben in Astgabelungen nahezu unsichtbar. Denn die Vögel weben kunstvoll Moose und Flechten von benachbarten Ästen in die Außenwände des Nestes ein.

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