Eulbergs tönende Tierwelt: Wanderung mit ungewissem Ausgang

Die Erdkröte (Bufo bufo) ist zwar nach wie vor unsere häufigste und flächendeckend am weitesten verbreitete Art aus der Ordnung der Froschlurche (Anura) – doch auch ihre Bestände nehmen kontinuierlich und rapide ab. Jedes Jahr engagiere ich mich daher zusammen mit meiner Frau für den Amphibienschutz: Wir bauen sogenannte Krötenzäune an Straßen auf, um die Tiere vor dem Tod durch Überfahren zu retten. Aus den Fangeimern entlang der Straße hören wir dann immer wieder diese sonoren, abgehackten, krächzenden Rufe:
Diese werden von männlichen Kröten kundgetan. Im Gegensatz zu etwa Kreuz- oder Wechselkröte, besitzen Erdkröten keine Schallblasen, die als Resonanzkörper fungieren. Sie erzeugen ihre Rufe, indem sie Luft aus der Lunge durch den Kehlkopf pressen und dabei die Stimmlippen zum Schwingen bringen. Die Töne dienen jedoch nicht zur Werbung, um potenzielle Partner anzulocken. Dies ist bei der Erdkröte nicht zwingend erforderlich, da sie traditionelle Laichgewässer in großer Anzahl zeitlich gut synchronisiert ansteuern. Mithilfe der Sounds halten sie sich Rivalen vom Leib – im wahrsten Sinne des Wortes.
Schon auf dem bis zu drei Kilometer langen Weg von ihren Überwinterungsgebieten zu den Laichgewässern schnappen sich fortpflanzungswillige Männchen ein Weibchen: Mit ihren kräftigen Vorderbeinen und verdickten Brunftschwielen an den drei inneren Fingern umklammern sie die Auserwählte energisch hinter den Achseln und pressen sie fest an ihren Körper. Dieser Klammerreflex wird Amplexus genannt. Die deutlich kleineren Männchen lassen sich so huckepack zum Laichgewässer tragen. Das opportunistische Verhalten dient dazu, sich eine Poleposition für das spätere Ablaichen zu sichern. Die Konkurrenz ist nämlich groß, meist gibt es mindestens dreimal so viel Männchen wie Weibchen. Beim Amplexus umklammern paarungswillige Männchen wirklich alles: auch Frösche, tote Fische, Holzstücke oder andere männliche Erdkröten. Der Befreiungsruf dient also dazu, Widersachern mitzuteilen, dass sie hier an der falschen Adresse sind. Kräftige »Kung-Fu-Tritte« halten diese außerdem auf Distanz. Dennoch kommt es immer wieder zu regelrechten Balzknäueln mehrerer liebestoller Männchen, bei denen das Weibchen mitunter zu Tode geklammert und erstickt wird.
- Die Nachtigall
Hier finden Sie alles Wissenswerte sowie Beobachtungstipps rund um die sagenumwobene Sängerin.
- Steckbrief
Klasse: Vögel
Ordnung: Sperlingsvögel
Familie: Fliegenschnäpper
Größe: 16 bis 17 Zentimeter
Gewicht: 18 bis 27 Gramm
Fortpflanzungsperioden pro Jahr: 1
Nachkommen pro Periode: 4 bis 6
Höchstalter: 12 Jahre
Bundesweiter Gefährungsgrad (Rote Liste): nicht gefährdet
Volkstümlicher Name: Auvogel, Nachtsänger
- Beobachtungstipps
Die Nachtigall kann man von April bis August in unterholzreichen Laubwäldern, Gärten und Parks mit Gebüschen und vor allem in tieferen, wärmebegünstigten Gebieten beobachten. Ihre Verbreitungsschwerpunkte liegen im Norden und Osten Deutschlands. Sie fehlt in vielen Mittelgebirgen, an der Küste sowie in weiten Teilen Süddeutschlands. Im äußersten Norden und Osten Deutschlands wird sie durch die Zwillingsart Sprosser ersetzt.
© Andyworks / Getty Images / iStock (Ausschnitt)Aus voller Kehle | Tagsüber singen Männchen hauptsächlich, um Konkurrenten die Reviergrenzen akustisch mitzuteilen und Eindringlinge abzuschrecken. Hier liegt der Fokus stärker auf den schlagenden Strophen.
Doch warum nehmen die Bestände der Erdkröten kontinuierlich ab? Sie können zwar sehr alt werden – in Gefangenschaft liegt der Rekord gar bei 36 Jahren –, doch sie haben einige natürliche Feinde. Zum Beispiel Ringelnattern, die mit Vorliebe Froschlurche verspeisen. Aber die Kröten können sich zur Wehr setzen: Sie pumpen ihren Körper mit Luft auf und drücken ihre Beine durch, um so deutlich größer zu wirken. Weitere Fressfeinde halten sie über giftige Sekrete, die sie über ihre Hautdrüsen produzieren, auf Distanz. Dennoch fallen viele Kröten Mardern, Reihern, Rabenvögeln oder Greifvögeln zum Opfer. Aber auch die Larven der Krötengoldfliege (Lucilia bufonivora) können ihnen zum Verhängnis werden. Aus den auf dem Rücken der Kröten abgelegten Eier schlüpfen nach kurzer Zeit Maden, die in die Nasenlöcher ihres Wirts eindringen und sich hier durch ihr Weichgewebe fressen. Dabei deformieren sie den vorderen Schnauzen- und Kopfbereich. Die Kröte stirbt, sobald die Larven sich bis zum Gehirn durchgefressen oder andere lebenswichtige Organe oder Körperfunktionen zerstört haben.
Doch mit all diesen natürlichen Widersachern ist die Erdkröte seit Jahrtausenden im Gleichgewicht. Die wahren Treiber für ihren spürbaren Rückgang sind wir Menschen. Einerseits durch eingeschleppte Fressfeinde, die es einst so nicht gab. Dazu gehören Waschbären, die ganze Populationen erheblich dezimieren. Die Zahl der in Deutschland lebenden Waschbären wird aktuell auf bis zu zwei Millionen Tiere geschätzt, wobei ihre Bestände weiterhin steigen. Sie umgehen den Abwehrmechanismus der Erdkröten, indem sie mit ihren geschickten Händen die giftigen Krötenhäute vom Körper abschälen. So sind Fälle von Laichgewässern mit hunderten von gehäuteten Kröten bekannt.
Vor allem die zerschnittene Landschaft mit dem Straßenverkehr setzt den langsam wandernden Amphibien erheblich zu. Die Kröten sterben dabei oft nicht nur durch direktes Überfahren, sondern schon durch den Luftdruck, der unter und vor den Autos bei höheren Geschwindigkeiten entsteht. Ab etwa 40 bis 50 Kilometer pro Stunde haben die Amphibien kaum Überlebenschancen, selbst wenn sie genau zwischen den Rädern sind. Denn der entstehende Über- und Unterdruck kann zu Barotraumata führen, also inneren Verletzungen wie geplatzten Lungen oder sonstigen Organschäden.
Auch der menschgemachte Klimawandel führt zu großen Problemen. So leiden viele Amphibien unter Trockenstress auf Grund von anhaltenden Dürren im Frühjahr. Zu milde Winter mit warmen Perioden machen ihnen zusätzlich zu schaffen. Denn im Herbst graben sich die Kröten etwa einen halben Meter tief in frostfreie Erdschichten ein und gehen in die Winterstarre. Salzbasierte, körpereigene Frostschutzmittel lassen sie auch leichten Frost überstehen. Zu hohe Temperaturen stören die sensiblen Prozesse der Winterstarre erheblich, fahren den Stoffwechsel hoch und kosten so wertvolle Ressourcen. Umweltgifte und sich ausbreitende Krankheiten wie der Bufonid herpesvirus 1 (BfHV1) oder der Chytridpilz Batrachochytrium dendrobatidis (Bd) sind für die Populationen eine weitere Gefahr.
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