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Eulbergs tönende Tierwelt: Wer ist hier wer?

Die Zwillingsarten Zilpzalp und Fitis sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Kein Grund zum Verzweifeln – unser Kolumnist erklärt, woran man die beiden Laubsänger treffsicher voneinander unterscheiden kann.
Zwei detaillierte Illustrationen von Laubsängern vor einem dunklen Hintergrund. Die Vögel sind in natürlichen Farben gehalten, mit olivgrünen und gelblichen Tönen. Beide blicken nach rechts.
Der Zilpzalp (links) und der Fitis gehören zu den 25 häufigsten heimischen Brutvogelarten.
Wissen Sie, wie ein Siebenschläfer klingt? Warum der Pirol auch Regenkatze genannt wird? Vermutlich nicht – obwohl diese Lebewesen Teil unserer heimischen Fauna sind. In der Kolumne »Eulbergs tönende Tierwelt« stellt der Techno-Künstler, Ökologe und Naturschützer Dominik Eulberg faszinierende Exemplare aus der Tierwelt vor unserer Haustür vor. Podcast-Tipp: In WUNDERKAMMER feiert er mit dem »Zeit«-Reporter Fritz Habekuß die Schönheit der Natur.

Manche Vogelarten sehen sich derart zum Verwechseln ähnlich, dass man sie als Zwillingsarten bezeichnet. Der Fitis (Phylloscopus trochilus) und der Zilpzalp (Phylloscopus collybita) sind dafür wunderbare Beispiele. Beide gehören zur Gattung der Laubsänger (Phylloscopus). Einst waren sie eine gemeinsame Art, die sich evolutionär vor langer Zeit in zwei Arten aufgespalten hat.

Äußerlich sind sie kaum voneinander zu unterscheiden. Die Beine des Zilpzalps sind vielleicht etwas dunkler, der Überaugenstreif des Fitis, vor allem hinter dem Auge, ist etwas länger und deutlicher ausgeprägt. Außerdem ist die so genannte Handschwingen-Projektion, also der Überstand der Handschwingen über die Schirmfedern, beim Fitis größer. Doch die Merkmale können individuell stark variieren, und im Eifer der Vogelbeobachtung in freier Natur sind dies keine verlässlichen Indizien. Der Fitis sucht zudem häufiger in Bodennähe und im Unterholz nach Nahrung, der Zilpzalp hingegen eher hoch oben in den Baumkronen.

Um sich jedoch deutlich voneinander abzugrenzen, besitzen die zwei Laubsänger ihren Gesang, der bei beiden Arten sehr unterschiedlich ist. So singt der Fitis eine weiche, wehmütige Pfeifstrophe, die zum Ende hin abfällt und etwas an einen Buchfinken erinnert. Am Anfang steht eine melodiöse, fließende Folge von »sisisi«-Lauten, die an den Namen des Vogels erinnern – er hat also einen onomatopoetischen Ursprung. Man kann sein Lied gut mit dem Bild eines heruntersegelnden Blattes beschreiben:

Auch der Zilpzalp verdankt seinen Namen seinem Gesang, und dies offenkundig. Es ist ein monotones, rhythmisch vorgetragenes »zilp-zalpzelpzilp-zalp«. Im Englischen heißt der Zilpzalp lautmalerisch »chiffchaff«, auf Niederländisch »Tjiftjaf«, auf Finnisch »Tiltaltti«. Sein Lied erinnert mit etwas Fantasie an klimpernde Münzen, die man beim raschen Sortieren auf unterschiedliche Haufen wirft. Von dieser Vorstellung leitet sich sein wissenschaftlicher Name ab: Collybita stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie »Geldwechsler«.

Während der Zilpzalp im Winter meist nur bis nach Südeuropa zieht und manche Individuen gar hierbleiben, fliegt der Fitis bis nach Zentralafrika. Je nach Brutgebiet legt er pro Strecke 6000 bis 13 000 kräftezehrende Kilometer zurück. Dabei muss er auch den 2000 Kilometer breiten Saharagürtel nonstop überfliegen, verliert dabei mehr als ein Drittel seines Körpergewichts und verzehrt sogar bis zu 30 Prozent seiner Organe.

  • Fitis und Zilpzalp

    Hier finden Sie alles Wissenswerte sowie Beobachtungstipps rund um die beiden Zwillingsarten.

  • Steckbrief

    Klasse: Vögel

    Ordnung: Sperlingsvögel

    Familie: Laubsängerartige

    Größe: 11 bis 12,5 Zentimeter (Fitis) / 10 bis 12 Zentimeter (Zilpzalp)

    Gewicht: : 8 bis 10 Gramm / 6 bis 9 Gramm

    Fortpflanzungsperioden pro Jahr: 1 / 1 bis 2

    Nachkommen pro Periode: beide 4 bis 7

    Höchstalter: 12 Jahre / 8 Jahre

    Bundesweiter Gefährungsgrad (Rote Liste): beide nicht gefährdet

    Volkstümlicher Name: Fitislaubsänger / Weidenlaubsänger

  • Beobachtungstipps

    Man kann beide Arten in lichten Wäldern, Waldrändern, Parks, Gärten und Hecken mit strukturreicher Vegetation und vielen Insekten beobachten – den Zilpzalp hier zu Lande etwa von März bis Oktober, den Fitis von April bis September.

    Brutpflege | Ein Fitis füttert seine Jungen, die in dem backofenförmigen Nest sitzen. Dieses besteht meist aus Laub, Moos sowie Gras und befindet sich in Bodennähe.

Der Zilpzalp kommt auf Grund der deutlich geringeren Zugstrecke im Schnitt etwa drei bis sechs Wochen früher in sein Brutgebiet zurück als der Fitis und verweilt in unseren Gefilden auch mehrere Wochen länger. Dadurch ist er in der Lage, meist zweimal im Jahr zu brüten, der Fitis hingegen absolviert in der Regel nur eine Jahresbrut. Beide Arten bevorzugen eine dichte, bodennahe Vegetation als Nistplatz, in der sie sehr versteckt ein backofenförmiges Nest mit seitlichem Eingang erbauen.

Wie Zwillinge | Der Fitis (oben) ist insgesamt etwas heller gefärbt als der Zilpzalp. Auch hat er einen deutlicheren Überaugenstreif und hellere Beine. Der Überstand der Handschwingen über die Schirmfedern ist beim Fitis außerdem größer als beim Zilpzalp.

Auch wenn man die beiden unscheinbaren, gut getarnten Vögel nur selten zu Gesicht bekommt, gehören sie doch zu den 25 häufigsten heimischen Brutvogelarten. Der Zilpzalp rangiert laut aktueller Liste des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) gar auf Rang 7.

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