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Unwahrscheinlich tödlich: Tod durch Frisörbesuch

Beim »Beauty Parlour Stroke Syndrome« wird das Waschbecken beim Frisör zur Todesfalle. Wer beim Haarewaschen nicht auf sein Genick aufpasst, riskiert hier einen Schlaganfall.
Eine Person liegt in einem Friseursalon an einem Waschbecken, während eine andere Person ihr die Haare wäscht. Die Haare sind mit einer pinken Farbe behandelt. Die Szene zeigt den Prozess des Haarewaschens mit einem Duschkopf. Im Hintergrund sind unscharfe Details des Salons zu sehen.
Das Verwöhnprogramm beim Frisör hat für manche schon böse geendet.
Eines ist sicher: Irgendwann geben wir alle den Löffel ab. Weniger absehbar ist das Wie. Denn es gibt eine schier unendliche Zahl an Wegen, die einen Menschen ins Grab bringen können – manche von ihnen außergewöhnlicher, verblüffender und bizarrer als andere. In der Kolumne »Unwahrscheinlich tödlich« stellen wir regelmäßig solche Fälle vor, von bissigen Menschen über giftige Reisbällchen bis hin zu lebensgefährlichem Sex.

Bei meinem letzten Frisörtermin, als ich meinen Kopf gerade entspannt ins Waschbecken zurücklehnte, schweiften meine Gedanken zu dieser Kolumne. Denn ich erinnerte mich in dem Moment an den Fall einer verhängnisvollen Haarwäsche, auf den mein Chef mich vor einiger Zeit aufmerksam gemacht hatte. Dem zugehörigen Medienbericht zufolge kann das Shampoonieren ein sogenanntes »Beauty Parlour Stroke Syndrome« auslösen, eine besondere Art von Schlaganfall. Einen solchen hatten Fachleute bei Menschen beobachtet, die kurz zuvor beim Frisör gewesen waren. Die Läsionen sind zwar selten, sie können allerdings im Gehirn dauerhafte Schäden hinterlassen und im Einzelfall sogar tödlich enden.

Das Syndrom wurde 1974 erstmals beschrieben und erhielt seinen Namen 1993. Der Vorfall, den ich gleich schildere, ist etwas neuer. Dave Tyler, ein Brite im mittleren Alter, bekam bei einem Frisörtermin im Jahr 2015 eine Haarwäsche. Danach litt er unter Kopfschmerzen, er ging jedoch weiterhin zur Arbeit. Zwei Tage später, während eines Meetings, fühlte er erst eine Körperseite erschlaffen. Dann brach er zusammen. Im Krankenhaus entdeckten Ärztinnen und Ärzte ein Blutgerinnsel, das sich aus einer Halsarterie gelöst hatte und in sein Hirn gewandert war. Dort hatte es den Blutzufluss zu einem Teil des Organs blockiert. Mit anderen Worten: Er hatte einen ischämischen Schlaganfall erlitten.

Laut Bericht der britischen Zeitung »The Independent« verbrachte er im Anschluss drei Monate im Krankenhaus und erholte sich dabei nur unvollständig von dem Hirninfarkt. Auch nach seiner Entlassung litt er weiterhin unter Schmerzen. Er war auf eine Gehhilfe angewiesen und konnte wegen Sehstörungen nicht mehr Auto fahren. Nachdem Neurologen und Neurologinnen den Frisörbesuch als wahrscheinlichen Auslöser seiner Erkrankung ausgemacht hatten, bekam Dave Tyler vom Salon 90 000 Britische Pfund (etwa 104 000 Euro) als Schadensersatz zugesprochen.

Beim Frisör zu weit zurückgelehnt

Doch wie hängt Haarewaschen mit Schlaganfällen zusammen? Die Antwort liegt in der Position, die das Genick dabei einnimmt. Beim Zurücklehnen des Kopfes in die Waschmuschel kann der Hals unnatürlich gedehnt werden. So kommt es mitunter zur Überstreckung der Halswirbelsäule. Eine solche tritt häufiger als Folge eines Schleudertraumas auf, aber die Konsequenzen sind ähnlich: Neben milderen Beschwerden wie Nackensteifigkeit und leichten Schmerzen im gezerrten Bereich können neurologische Symptome entstehen. Zu ihnen zählen etwa Schwindel und Benommenheit sowie vorübergehende Lähmungserscheinungen, Gangschwierigkeiten und Spasmen.

Besonders gefährlich wird es, wenn die Überdehnung Blutgefäße im Hals schädigt oder den Blutfluss ins Gehirn zeitweilig einschränkt – also wenn es tatsächlich zu einem Schlaganfall kommt. Eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2025 fand in der wissenschaftlichen Literatur insgesamt 42 Fälle von Beauty Parlour Stroke Syndrome, denen ein Frisörbesuch vorangegangen war. Bei 19 Betroffenen kam es zum Arterienverschluss, der in einen ischämischen Schlaganfall mündete. Bei vier Personen fanden die Medizinerinnen und Mediziner eine Verletzung der Halsschlagader. Diese Karotisdissektion löste entweder über verminderten Blutfluss oder über Gerinnsel ebenfalls einen Hirninfarkt aus.

Die Liste der am häufigsten beobachteten Symptome führen Bewegungsstörungen, Schwindel, Augenzittern und Kopfschmerzen an. Die Bandbreite der möglichen Effekte ist allerdings groß. Menschen, die nach dem Frisörbesuch neu oder vermehrt auftretende neurologische Beschwerden bemerken, sollten sich deshalb ärztlich untersuchen lassen.

Zahnarztstühle sind ebenfalls riskant

Der Großteil der beschriebenen Fälle trat zwar nach dem Haarewaschen beim Frisör auf. Der Name Beauty Parlour Stroke Syndrome ist dennoch etwas irreführend. Denn das Krankheitsbild kann auch außerhalb von Schönheitssalons entstehen. So gab es etwa bereits Personen, die es nach dem Zahnarztbesuch oder nach einem anderen medizinischen Eingriff entwickelten. Im Prinzip kommt jeder Umstand als Auslöser infrage, bei dem der Nacken über einen längeren Zeitraum überstreckt wird.

Obgleich Schlaganfälle schwerwiegende und lebensgefährliche Läsionen sind, forderte das Beauty Parlour Stroke Syndrome bislang vermeintlich nur wenige Todesopfer. Die erwähnte Übersichtsarbeit nennt insgesamt drei Verstorbene. Es ist jedoch möglich, dass eine Vielzahl von Betroffenen übersehen wird. Schließlich kommt nicht jeder Neurologe auf die Idee, Patienten danach zu fragen, ob sie kürzlich beim Frisör waren.

Ein Großteil der bekannten Opfer überlebte, wie Dave Tyler, mit zum Teil bleibenden Hirnschäden. Wer ein ähnliches Schicksal vermeiden will, muss in Zukunft aber nicht ganz auf den professionellen Haarschnitt (oder zumindest die Haarwäsche beim Frisör) verzichten. Wahrscheinlich hilft es bereits, darauf zu achten, dass der Nacken im Waschbecken nicht überstreckt wird – und wenn möglich als Polsterung ein Handtuch in die Mulde zu legen, bevor man sich zurücklehnt.

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