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Freistetters Formelwelt: Verwirrung mit Grundrechenarten

Immer wieder sorgen simple, scheinbar mehrdeutige Rechenaufgaben für heftige Diskussionen. Es gibt aber einen einfachen Trick, mit dem man nicht mehr darauf hereinfällt.
Plastiksymbole bilden die Gleichung 2 + 2 = ?

Im Internet findet man immer wieder sehr simple Rechenaufgaben, über deren korrektes Ergebnis oft erstaunlich lange und heftig gestritten wird. Zum Beispiel diese hier:

Rein formal ist die Aufgabe nicht sonderlich komplex. Einstellige Zahlen, Grundrechenarten: Das sollte man schon in der Grundschule lösen können. Doch wie lautet das Ergebnis? In den sozialen Medien wird man Menschen finden, die vehement darauf beharren, dass nur 16 korrekt ist, und andere, die ebenso energisch darauf bestehen, die Antwort müsse 1 lauten. Der Konflikt entsteht aus der Art und Weise, wie man die mathematische Symbolik und vor allem die mathematischen Konventionen interpretiert.

Die legendärsten mathematischen Kniffe, die übelsten Stolpersteine der Physikgeschichte und allerhand Formeln, denen kaum einer ansieht, welche Bedeutung in ihnen schlummert: Das sind die Bewohner von Freistetters Formelwelt.
Alle Folgen seiner wöchentlichen Kolumne, die immer sonntags erscheint, finden Sie hier.

Klar ist auf jeden Fall, dass der Ausdruck innerhalb der Klammern zuerst ausgewertet werden muss; genau deswegen verwendet man sie in der Mathematik ja. Aber rechnet man danach zuerst 8 geteilt durch 2 gleich 4, multipliziert das mit 4 und erhält damit 16? Oder multipliziert man die 4 mit der 2, teilt danach 8 durch 8 und kriegt 1 als Resultat?

Wie eine weitere mathematische Konvention besagt, wertet man die einzelnen Terme einer Rechnung von links nach rechts aus; dann wäre 16 das einzige korrekte Ergebnis. Doch Konventionen können missverständlich sein. Sie vereinfachen die mathematische Arbeit, können uns aber auch vergessen lassen, was wir da eigentlich gerade tun.

Der Trick für die richtige Reihenfolge

Will man mathematisch wirklich eindeutig und korrekt formulieren, dann müsste man immer Klammern verwenden, um anzugeben, in welcher Reihenfolge gerechnet werden soll. Also in diesem Fall (8 : 2) · (2 + 2) = 16. Das ist allerdings mühsam, und genau darum gibt es Konventionen wie »Punktrechnung vor Strichrechnung«.

Man kann das Problem der Rechenreihenfolge auch anders angehen. Dazu muss man sich nur klarmachen, dass eine Division durch 2 nichts anderes als eine Multiplikation mit ½ ist. So formuliert lautet die Rechnung 8 · ½  · (2 + 2) beziehungsweise 8 · ½  · 4 – und jetzt ist es tatsächlich egal, in welcher Reihenfolge man die Multiplikationen durchführt. Genau das besagt das für die reellen Zahlen geltende Kommutativgesetz.

Bei anderen potenziell unklaren Fällen funktioniert das ebenfalls. Wie lautet etwa das Ergebnis folgender Aufgabe: 8 – 2 + 1 = ? Je nachdem, ob man die Addition oder die Subtraktion zuerst ausführt, kommt man entweder auf 7 oder 5. Doch da die Subtraktion von 2 identisch mit der Addition von –2 ist, kann man ebenso 8 + (–2) + 1 schreiben. Das Kommutativgesetz der Addition sagt uns, dass die Reihenfolge der Auswertung nun keine Rolle mehr spielt. Das Ergebnis ist in jedem Fall 7.

Es mag ein wenig müßig erscheinen, sich so ausführlich mit diesen Grundschulaufgaben zu beschäftigen. Man findet hier allerdings eine der fundamentalen Eigenschaften der Mathematik. Damit sie funktionieren kann, muss man einerseits sehr exakt definieren, was die Symbole bedeuten und wie sie anzuwenden sind. Andererseits darf man all diese Regeln nicht einfach blind anwenden.

Denn dadurch nähme man der Mathematik nicht nur die Freiheit, die sie erst zu dem kreativen Werkzeug macht, das sie ist, sondern auch den Menschen die Möglichkeit, zu verstehen, worum es bei einer Berechnung wirklich geht. Konventionen wie »Punktrechnung vor Strichrechnung« sind wichtige Hilfsmittel – aber eben nur dann, wenn einem bewusst ist, warum sie existieren und unter welchen Bedingungen sie sinnvoll sind.

Mathematik ist eine Mischung aus absoluter Logik und kreativer Freiheit. Und das ist kein Widerspruch, denn Freiheit braucht Regeln. Freiheit ohne Regeln ist keine Freiheit, sondern Willkür und damit die Antithese zur Mathematik.

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