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Klimaschutz: Torffrei for future

Moore sind riesige Kohlenstoffsenken. Dennoch wird in Europa immer noch Torf abgebaut, um ihn als Gartenerde zu verkaufen. Das muss enden, fordert Daniel Lingenhöhl.
Torfabbau im Venner Moor

Torf ist ein wunderbares Substrat: Er speichert ein Vielfaches seines Eigengewichts an Wasser, er ist ziemlich keimfrei, kann mit Kalk leicht neutralisiert und mit Nährsalzen oder weiteren Zusatzstoffen wie Ton oder Sand angereichert werden. Kurz: Es ist das optimale Substrat für den Gartenbau, der die Qualitäten des Torfs seit Jahrzehnten schätzt und jährlich mehrere Millionen Kubikmeter des Materials verbraucht. Doch das Wundermaterial hat auch seine Schattenseiten, denn es stammt aus Mooren und speichert riesige Mengen an Kohlenstoff, die bei Trockenlegung des Ökosystems und der späteren Verwendung freigesetzt werden. Obwohl Moore weltweit nur drei Prozent der Landfläche ausmachen, speichern sie mehr Kohlenstoff als alle Wälder zusammen. Der dauerfeuchte Zustand sorgt dafür, dass totes Pflanzenmaterial kaum zerfällt. Wer Moore schützt, schont also das Klima.

Dennoch verbraucht die Torfindustrie jedes Jahr rund acht Millionen Kubikmeter Torf – eine gewaltige Menge, die aus Sicht des Klima-, aber auch des Naturschutzes höchst problematisch ist. Nur ein Teil dieses Torfes stammt dabei aus Deutschland, mehrere Millionen Kubikmeter müssen mittlerweile vor allem aus dem Baltikum importiert werden. Hier zu Lande sind die wenigen verbliebenen Moore geschützt, der Abbau darf nur noch in bereits lange für die Landwirtschaft trockengelegten Mooren stattfinden. Der Industrieverband Garten (IVG) e. V. rechtfertigt sich auf seiner Seite »warum-torf.info« mit dem Mangel an brauchbaren Alternativen für die professionellen Gartenbaubetriebe in Deutschland, die zwingend auf Torf als Substrat für Gemüsepflanzen und Blumen angewiesen seien. Kompost, Rindenhumus oder Kokosfasern lägen nicht in ausreichender Menge vor oder verfügten nicht über die gewünschten Eigenschaften, die beim Torf kontrolliert eingestellt werden können. Zudem würden Torfabbaugebiete nach der Nutzung neu vernässt und so das Ökosystem langfristig wiederhergestellt. Dabei dauert es rund 1000 Jahre, bis sich ein Meter Torf aus den entsprechenden Moosen aufgebaut hat.

Im professionellen Gartenbau leuchtet die Torfnutzung – mit Abstrichen – ein. Aber warum dürfen hier zu Lande immer noch zwei bis drei Millionen Kubikmeter Torf in Baumärkten oder Gartencentern als Blumenerde für Hobbygärtner verkauft werden? Vielfach verschlechtert der Torf hier sogar noch die Bedingungen: Ohne Neutralisierung übersäuert er den Boden; zudem ist er von Natur aus sehr nährstoffarm, weshalb der Hobbygärtner auch gleich noch Kunstdünger hinterherkippen muss. Was beim Rhododendron vielleicht noch nützt, bringt den eigenen Salatpflanzen erst einmal gar nichts. Und wenn er erst einmal komplett ausgetrocknet ist, verliert er sogar seine (erwünschte) Wasserspeicherfähigkeit.

Umweltverbände fordern daher seit Langem, zumindest den Torfverbrauch in Privatgärten strikt zu reglementieren – zumal die Ressource endlich ist: Schon in wenigen Jahren sind die erschließbaren Vorkommen in Deutschland erschöpft, wie selbst der Industrieverband Garten schätzt. Es muss also noch mehr Torf aus Osteuropa oder Skandinavien importiert werden – zum Schaden von Natur und Klima. Denn mit den Mooren geht der Lebensraum vieler seltener Tier- und Pflanzenarten verloren, darunter zahlreiche Spezies, die deutschland- und europaweit vom Aussterben bedroht sind.

Dabei gibt es längst Alternativen zum Torf, zumindest für Privatgärten. Ganz vorne steht Komposterde, die man selbst im Garten erzeugen oder bei lokalen Kompostwerken kaufen kann und die viele hervorragende Eigenschaften für die eigenen Pflanzen aufweist: Ihr Nährstoffreichtum erspart beispielsweise den Dünger. Auch Rindenhumus oder Holzfasern können zum Einsatz kommen. Manche Gartencenter bieten schon gemischte, aber torffreie Substrate an, die den Torf ideal ersetzen können. Für gewerbliche Zwecke reichen die erzeugten Mengen leider noch nicht aus, auch weil der Gartenbau etwa beim Grünschnitt mit Biogaserzeugern konkurriert. Hier gilt es in den nächsten Jahren umzusteuern, und auch die Erforschung brauchbarer Alternativen muss intensiviert werden. In Deutschland wie auch international muss zudem die Wiedervernässung ehemaliger Torfflächen vorangetrieben werden, denn es dauert, bis ein sich regenerierendes Moor wieder seine Rolle als Kohlenstoffsenke spielen kann, wie Forschungsarbeiten gezeigt haben.

Wer es mit dem Klimaschutz ernst meint, sollte daher im eigenen Garten (oder auf dem Balkon) schon jetzt auf Torf verzichten. Es wäre immerhin ein kleiner Beitrag gegen die weitere Erderwärmung.

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