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Krebs verstehen: Wie man Krebs früh erkennt

Je eher ein Tumor entdeckt wird, desto besser die Aussicht auf Heilung. Worauf man selbst achten sollte und welche Vorsorgeuntersuchungen man wahrnehmen kann, erklärt unsere Kolumnistin.
Ein Mann liegt oberkörperfrei auf dem Bauch auf einer Liege. Seine Pigmentflecken auf dem Rücken werden mit einem Dermatoskop untersucht.
Mit mehr als 200 000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Allerdings ist er nur für ein Prozent aller Krebstodesfälle verantwortlich, da er meist gut behandelbar ist. Um sich zu schützen, sollte man übermäßige Sonneneinwirkung vermeiden und auf typische Zeichen von Hautkrebs achten. Ab dem 35. Lebensjahr werden die Kosten für ein Hautkrebs-Screening übernommen.

Für die meisten Krebsarten gilt: Je früher die Erkrankung entdeckt wird, desto höher sind die Heilungschancen. Mit Maßnahmen zur Früherkennung können Todesfälle durch Krebs verhindert werden. Die gute Nachricht ist: Für einige der häufigsten Krebserkrankungen stehen solche Untersuchungen zur Verfügung. Welche das sind und auf welche Veränderungen Sie an Ihrem Körper selbst achten können, erkläre ich hier.

Darmkrebs-Screening

Darmkrebs gehört zu den häufigsten Krebserkrankungen, sowohl bei Männern als auch bei Frauen. Im frühen Stadium, wenn die Erkrankung noch auf den Darm begrenzt ist, sind die Heilungschancen sehr gut. In der Regel entsteht Darmkrebs über einen Zeitraum vieler Jahre aus zunächst gutartigen Schleimhautwucherungen, so genannten Polypen. Glücklicherweise gibt es mehrere Möglichkeiten der Krebsfrüherkennung. Beispielsweise kann man die Darmschleimhaut in einer Darmspiegelung mit einer Kamera untersuchen und auffällige Stellen direkt entfernen. Die Kosten für die Untersuchung werden bei Männern in Deutschland ab einem Alter von 50 Jahren von der Krankenkasse erstattet, bei Frauen ab 55 Jahren. Ist das Ergebnis unauffällig, reicht es, sich nach zehn Jahren wieder untersuchen zu lassen.

Statistisch gesehen erkrankt fast jeder zweite Mensch im Lauf seines Lebens an irgendeiner Art von Krebs. Weil man selbst betroffen ist oder eine betroffene Person kennt, geht das Thema damit alle etwas an. Gleichzeitig wissen viele Patientinnen und Patienten sowie ihre Angehörigen sehr wenig über die Erkrankung. Was passiert dabei im Körper? Warum bekommt nicht jeder Krebs? Und wie individuell läuft eine Krebstherapie eigentlich ab? Diese und weitere Fragen beantwortet die Ärztin Marisa Kurz in ihrer Kolumne »Krebs verstehen«.

Zwischen 50 und 54 Jahren können Männer und Frauen einmal im Jahr einen immunologischen Test auf Blut im Stuhl (iFOBT) durchführen lassen. Das kann nämlich ein Symptom von Darmkrebs sein. Ab 55 Jahren kann die Untersuchung alle zwei Jahre wiederholt werden, wenn bis dahin noch keine Darmspiegelung erfolgt ist.

Bei plötzlichen Veränderungen des Stuhlgangs, etwa Verstopfung und Durchfall im Wechsel, Bleistiftstühlen (Stuhl dünn wie ein Bleistift geformt), Blut im Stuhl oder unklaren Bauchschmerzen sollten Sie sich ebenfalls bei einem Arzt oder einer Ärztin vorstellen. Die Ursachen hierfür sind zwar häufig harmlos, können allerdings auch Symptome von Darmkrebs sein.

Brustkrebs- und Gebärmutterhalskrebs-Screening

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Ab einem Alter von 30 Jahren erstatten Krankenkassen die Kosten für eine jährliche Tastuntersuchung der Brust. Im Alter zwischen 50 bis 69 Jahren können Frauen alle zwei Jahre eine Röntgenuntersuchung der Brust, eine so genannte Mammografie, vornehmen lassen. Es ist erwiesen, dass durch das Mammografie-Screening Krebstodesfälle verhindert werden.

Ich empfehle Frauen, die Brust regelmäßig auch selbst abzutasten und im Spiegel zu betrachten. Mögliche Anzeichen von Brustkrebs können sein: tastbare Verhärtungen an der Brust oder in der Achselhöhle, Einziehungen oder Dellen in der Brust beziehungsweise an der Brustwarze, plötzliche Größenzunahme einer Brust, Schmerzen, unerklärter Sekretabgang aus der Brustwarze, Hautverdickungen oder eine Rötung der Brust.

Im Rahmen der gynäkologischen Vorsorge wird zwischen 20 und 34 Jahren außerdem jährlich eine Untersuchung des äußeren und inneren Genitals durchgeführt. In einem Abstrich vom Gebärmutterhals, einem so genannten PAP-Test, können Krebsvorstufen und Krebszellen entdeckt werden. Ab 35 Jahren wird neben der jährlichen körperlichen Untersuchung alle drei Jahre ein kombinierter Test aus PAP-Test und einem Test auf das Humane Papillomvirus (HPV) durchgeführt, das in vielen Fällen Krebsvorstufen und Krebs am Gebärmutterhals verursacht. Anzeichen von Krebserkrankungen von Gebärmutterhals und Gebärmutter können Blutungen nach der Menopause, eine veränderte Regelblutung, Kontaktblutungen nach dem Geschlechtsverkehr und Schmerzen sein.

Hautkrebs-Screening

Unsere Haut ist ständig schädlichen Einflüssen von außen ausgesetzt, etwa UV-Strahlung. Diese kann dazu beitragen, dass Hautkrebs entsteht. Besonders gefürchtet ist schwarzer Hautkrebs, er breitet sich nämlich schnell im Körper aus und ist dann schwer heilbar.

Ab 35 Jahren können Versicherte alle zwei Jahre am so genannten Hautkrebs-Screening teilnehmen. Dabei wird die gesamte Haut auf verdächtige Hautveränderungen untersucht. Ich halte es für sinnvoll, die eigene Haut zusätzlich selbst zu beobachten. Wenn Sie eine Hautveränderung bemerken und Ihnen nicht klar ist, woher sie kommt, wenn sie über Tage oder Wochen besteht und vielleicht auch noch wächst, juckt oder blutet, sollten Sie sie unbedingt einem Arzt zeigen. Achten Sie auch auf Ihre Fingernägel und Fußsohlen – hier können sich ebenfalls bösartige Veränderungen bilden.

Ob Sie Pigmentflecken haben, die auf schwarzen Hautkrebs hindeuten, können Sie mit Hilfe der ABCDE-Regel beurteilen: A steht für Asymmetrie, B eine unscharfe Begrenzung, C für mehrere Farben (englisch: colour), D für den Durchmesser (größer als fünf Millimeter) und E für Erhabenheit und Entwicklung (Veränderung) über die Zeit (vor allem Größenwachstum). Sollten Sie nach diesen Kriterien auffällige Male an Ihrem Körper entdecken, sollten Sie umgehend einen Arzttermin vereinbaren.

Prostatakrebs-Früherkennung

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Ein schwacher, unterbrochener Urinfluss, die Unfähigkeit zum Wasserlassen oder Blut in der Samenflüssigkeit können Symptome der Erkrankung sein. Ab 45 Jahren steht Männern eine jährliche Tastuntersuchung des äußeren Genitals, der Lymphknoten in der Leiste und der Prostata zu. Dazu wird vorsichtig ein Finger in den Enddarm eingeführt. Viele Patienten empfinden Scham bei einer solchen Untersuchung, doch für Ärzte ist sie Alltag. Ein großer Vorteil ist, dass bei der Untersuchung theoretisch auch Darmkrebs ertastet werden kann.

In naher Zukunft kommt wahrscheinlich ein Lungenkrebs-Screening

Beschwerden wie anhaltender Husten, Auswurf, Luftnot und Bluthusten können Symptome von Lungenkrebs sein. Aktuell wird in Deutschland kein Lungenkrebs-Screening angeboten, doch aller Voraussicht nach wird sich das in den nächsten Jahren ändern. Denn wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass regelmäßige computertomografische Untersuchungen bei Menschen mit erhöhtem Risiko für Lungenkrebs wie etwa langjährigen Rauchern lungenkrebsbedingte Todesfälle reduzieren können.

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, das Bundesamt für Strahlenschutz und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen unterstützen die Einführung eines solchen Screenings.

Auf Veränderungen am Körper achten und Check-ups wahrnehmen

Sie können noch mehr tun, als zur Krebsfrüherkennungsuntersuchung zu gehen: Achten Sie auf Veränderungen an Ihrem Körper und besprechen Sie sie mit Ihrem Arzt. Sie kennen Ihren Körper am besten. Wenn sich plötzlich etwas verändert, was Sie so nicht kennen, kann das ein Hinweis auf eine Erkrankung sein. Neben den bereits genannten Symptomen sind unter anderem folgende Beschwerden abklärungsbedürftig: neue Schmerzen, sehr dunkler Stuhl, anhaltende Schluckbeschwerden, anhaltende Heiserkeit ohne Infekt, blutiger Urin, brauner Urin, Gelbfärbung der Haut, unklarer Juckreiz der Haut, zunehmende unerklärte Schwäche, ungewollter Gewichtsverlust (zehn Prozent des Körpergewichts in einem Zeitraum von sechs Monaten), Nachtschweiß, so dass ein Wechsel von Bettwäsche und Schlafanzug notwendig ist, länger bestehendes unklares Fieber ohne eindeutigen Infekt, tastbare und verhärtete Lymphknoten zum Beispiel an Hals, Achsel oder Leiste, unklare Wucherungen, egal wo am Körper, unklare Zunahme des Bauchumfangs, Vergrößerung oder Verhärtungen am Hoden oder neurologische Ausfallerscheinungen (Gefühlsstörungen, Lähmungen).

Um Erkrankungen früh zu erkennen, empfehle ich außerdem, regelmäßige Check-ups beim Hausarzt wahrzunehmen – auch wenn Sie gar keine Beschwerden haben. Ab 35 Jahren steht Versicherten alle drei Jahre ein allgemeiner Gesundheits-Check mit körperlicher Untersuchung, Blutuntersuchung und Urinuntersuchung zu.

Hier können Sie mit dem Arzt auch über Krebserkrankungen in Ihrer Familie sprechen. Je nach Familienanamnese sind in Ihrem Fall vielleicht frühere und häufigere Früherkennungsuntersuchungen sinnvoll.

Fazit

Lebensstilveränderungen können das individuelle Krebsrisiko senken, jedoch lässt es sich nicht vollständig vermeiden, dass Menschen an Krebs erkranken. Viele Krebsarten lassen sich gut behandeln, wenn sie lokal begrenzt sind und sich noch nicht im Körper ausgebreitet haben. Leider existieren für die meisten Krebserkrankungen keine Früherkennungsmöglichkeiten – zum Glück aber für einige der häufigsten. Als Ärztin in einer Krebsstation kann ich nur empfehlen, sie zu nutzen.

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