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5 Jahre nach Deepwater Horizon: Meinung: Volldampf voraus in die nächste Ölkatastrophe

Fünf Jahre nach einem der größten Ölunfälle der Geschichte geht die Industrie größere Risiken ein als je zuvor, kommentiert Lars Fischer.
Brennende Deepwater Horizon

Der Untergang der Bohrplattform Deepwater Horizon im April 2010 leitete die größte Ölpest der Geschichte ein. Bis jetzt. Denn wenn die fünf Jahre danach eines gezeigt haben, dann das: Die größten Katastrophen liegen noch vor uns. Angesichts des Ausmaßes des Dramas, das damals monatelang die ganze Welt in Atem hielt, kann man sich das nur schwer vorstellen. Doch die Bohrungen sind heute riskanter als vor fünf Jahren: Nicht nur in immer tieferes Wasser stoßen die Plattformen vor, sondern auch in die extremen Bedingungen der Hocharktis.

Lars Fischer | Lars Fischer ist Wissenschaftsjournalist und Redakteur bei "Spektrum.de".

Die Bohrindustrie selbst hat Deepwater Horizon abgehakt. Die neuen Bohrungen seit 2010 sind anspruchsvoller als je zuvor. Galt damals die Macondo-Bohrung wegen der Wassertiefe und den zu durchbohrenden vier Kilometer Gestein als äußerst anspruchsvoll, ist schon fünf Jahre später die mittlere Wassertiefe der neu gebohrten Quellen um 40 Prozent gestiegen, und die angestrebten Schichten liegen jetzt in 6000 Metern Tiefe. Statt 35 Tiefwasserbohrplattformen gibt es heute fast 50.

Lediglich ein paar zusätzliche Vorschriften sollen verhindern, dass sich der Unfall wiederholt. Dabei gibt es neben der Ereigniskette, die zum Untergang der Deepwater Horizon führte, genügend andere Dinge, die schiefgehen können. Allein im Golf von Mexiko ereigneten sich 2012 und 2013 weitere schwere Unfälle, bei denen Menschen starben und Plattformen schwer beschädigt wurden. Trotzdem jagen Bohr- und Förderunternehmen nach immer schwerer erreichbaren Ölfeldern, statt den erreichten technischen Standard der Tiefwasserbohrungen zu überprüfen und Sicherheitslücken auszumerzen.

Ölteppich vor dem Mississippi-Delta | Während der Katastrophe auf der Deepwater-Horizon-Plattform strömte Öl aus dem Bohrloch und verschmutzte monatelang das Wasser.

Im Fadenkreuz dieser Hals-über-Kopf-Expansion ist nicht zuletzt die Arktis. Lang durch das vermeintlich ewige Eis unzugänglich, locken nördlich des Polarkreises vermutlich beträchtliche Öl- und Gasreserven, die jetzt durch das schmelzende Eis zugänglich werden. Doch auch in Zeiten des Klimawandels sind die Bedingungen in den Polargebieten schwieriger als sonst irgendwo auf dem Planeten – und nirgends wäre eine Ölverseuchung derartigen Ausmaßes dramatischer für die Ökosysteme.

Dass die Industrie auch nach Deepwater Horizon – praktisch ohne Konzessionen an Sicherheit und Umweltschutz – die Grenze des technisch Machbaren hinausschiebt, muss uns deswegen Sorgen machen. Der Golf von Mexiko liegt nur wenige hundert Kilometer von den Zentren der Bohrindustrie entfernt, und trotzdem hat es Monate gedauert, das Öl unter Kontrolle zu bringen. Bald wird auch im unwirtlichen Nordpolarmeer mit vollem Risiko gebohrt. Wie man aber weitab jeglicher Zivilisation und womöglich im Polarwinter eine havarierte Quelle jemals wieder unter Kontrolle bringen soll, darauf hat heute niemand eine gute Antwort.

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