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Klimawandel: Kommt die globale Bierkrise?

Dürresommer wie der von 2018 seien Vorboten eines weltweiten Biermangels im 21. Jahrhundert, sagen Fachleute. Doch die Studie lässt Fragen offen.
Eine leere braune Flasche ohne Etikett liegt im Sand.

Die flauschigen Eisbären haben es nicht rausgerissen, Schokolade sollte es auch schon bringen, Kaffee hat man versucht. Ohne Erfolg. Nun soll Bier das Klima retten. Beziehungsweise soll die Furcht vor zukünftigem Pilsentzug die Menschheit aus ihrer als Klimapolitik getarnten Lethargie reißen: Mehr als viermal so teuer könne das Bier bis zum Jahr 2099 werden, berichtet eine internationale Arbeitsgruppe um den Agrarwissenschaftler Wei Xie von der Universität Peking.

Schuld daran seien – spätestens das wird aktuell sonnenverwöhnte deutsche Trinkerinnen und Trinker besonders aufhorchen lassen – Hitze und Dürre, berichten die Fachleute in »Nature Plants«. Zumindest für den hiesigen Markt ist das ein erstaunlich gutes Timing, schließlich sind die für diese Woche angekündigten Regenfälle wieder auf unbestimmte Zeit verschoben, und selbst den begeistertsten Sommerfans wird die Sache so langsam unheimlich.

Die Verbindung zwischen Extremwetter und Ebbe in den Gläsern ist im Grunde nicht besonders kompliziert. Der wichtigste Grundstoff für Bier ist Gerste, und Dürre ist bekanntermaßen schlecht für die Ernte – eine geringere Getreideernte wiederum macht Bier teurer und führt dazu, dass die Leute weniger trinken. Extremwetter durch den Klimawandel, schreiben Xie und sein Team, könnte mithin die Produktion und den ökonomischen Zugang zu Bier gefährden.

Es gibt Schlimmeres

Die genauen Zahlen entstammen einer Kaskade von drei Computermodellen. Zuerst erzeugte das Team mit globalen Klimamodellen, wie viele Jahre in jedem von vier gängigen Emissionsszenarios in den Anbauzonen von Gerste Dürre herrscht. Mit den so erzeugten Daten berechnete eine kommerzielle Software für die Vorhersage von Ernteerträgen die resultierenden Verluste; eine globale Handelssimulation lieferte daraus vermutliche Marktpreise und Verbrauchsmengen.

Demnach sinkt die globale Produktion von Gerste am Ende des Jahrhunderts im Vergleich zu den 30 Jahren vor 2010 im Worst-Case-Szenario RCP8.5 um 17 Prozent, in den optimistischeren Modellen immerhin noch jeweils um etwa zehn Prozent. Entsprechend steigen die Preise, und die Menschen trinken weniger Bier – in Deutschland zwischen 30 und 60 Halbe pro Jahr und Leber.

So weit, so gut, doch die Studie lässt einige Fragen offen, und zwar nicht allein methodischer Natur. Zum Beispiel: Haben wir eigentlich keine anderen Probleme auf der Welt? Da fiele einem der global enorme Alkoholkonsum ein, das Zeug ist schließlich eine der schädlicheren Drogen. Dieser Gedanke scheint der Arbeitsgruppe, deren Mitglieder überwiegend in den beiden größten Biernationen China und USA wirken, glücklicherweise im Rahmen der Untersuchung irgendwann auch gekommen zu sein.

Man könne argumentieren, gestehen sie zu, dass es gar nicht so katastrophal wäre, weniger Bier zu trinken. Es sei sicher nicht die schlimmste Folge des zukünftigen Klimawandels und womöglich sogar, man höre und staune, gut für die Gesundheit. Gut, dass das mal gesagt wurde. Selbst bei ganz eingefleischten Bierfans dürfte sich der Abschreckungseffekt vermutlich in Grenzen halten. Geht man nach den Bierpreisen, ist man zum Beispiel auf dem Oktoberfest schon heute mindestens im Jahr 2099 – des Worst-Case-Szenarios, wohlgemerkt.

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