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Forschungspolitik: Raus aus der Föderalismusfalle!

Um den Bund besser an der Wissenschaftsförderung beteiligen zu können, plant die Bundesregierung eine Grundgesetzänderung. Ein richtiger und wichtiger Schritt für den Wissenschaftsstandort Deutschland.
Markus Rau

Das deutsche Wissenschaftssystem hat in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Renaissance erlebt, die auch im forschenden Ausland anerkennend wahrgenommen wird. Der wohl wichtigste Motor dieser Entwicklung ist die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder, 2005 ins Leben gerufen und mittlerweile in die dritte – und (wohl) letzte – Runde gegangen. Das groß angelegte Projekt, das die deutschen Hochschulen zu mehr Wettbewerb untereinander anstachelte und sie allein bis 2012 mit knapp 1,5 Milliarden Euro Bundesmitteln beglückte, soll jedoch 2017 definitiv auslaufen. Dass das Programm nicht auf Dauer angelegt ist, hat seinen Grund dabei auch im Verfassungsrecht.

Tatsächlich bewegt sich die Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Bereich der Wissenschaftsförderung derzeit in einer verfassungsrechtlichen Grauzone. Grund hierfür ist das so genannte Kooperationsverbot, das 2006 im Zuge der Föderalismusreform I in das Grundgesetz eingefügt wurde. Danach können Bund und Länder zwar bei der Förderung von Einrichtungen und Vorhaben der wissenschaftlichen Forschung außerhalb von Hochschulen zusammenwirken; das betrifft etwa die Max-Planck- und die Helmholtz-Institute. An den Hochschulen jedoch darf der Bund nur einzelne Forschungsvorhaben bezuschussen; eine institutionelle Förderung ist hier nur bei Forschungsbauten – einschließlich Großgeräten – zulässig (Artikel 91b Absatz 1 Satz 1). Auch für die Finanzhilfen – Zuschüsse des Bundes zu besonders bedeutsamen Investitionen der Länder – ist auf dem Gebiet des Hochschulwesens kein Raum (Artikel 104b).

Das Kooperationsverbot zielte damals gerade auf die Entflechtung der Verantwortlichkeiten im Bereich der Hochschulen. Zugleich sollte es den "goldenen Zügeln" des Bundes entgegenwirken: Finanzzusagen aus Berlin, um die Länder "auf Kurs" zu bringen. In der Praxis hat sich das Kooperationsverbot freilich als Irrweg erwiesen. Angesichts klammer Haushalte (und vor dem Hintergrund der spätestens ab 2020 greifenden Schuldenbremse) sind die Länder mit der Finanzierung der Hochschulen schlicht überfordert.

International wettbewerbsfähige Universitäten sind auf diese Weise nicht zu erreichen. Die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des deutschen Wissenschaftssystems – auch an den Hochschulen – liegt jedoch im gesamtstaatlichen Interesse. Sie erfordert daher auch eine gesamtstaatliche Verantwortung. Dem würde eine bloße Neuregelung der Umsatzsteuerverteilung, wie sie anstelle einer Aufhebung des Kooperationsverbots gelegentlich von Politikern ins Gespräch gebracht worden ist, nicht gerecht.

Die von der Bundesregierung nunmehr geplante Grundgesetzänderung für eine bessere – und dauerhafte – Beteiligung des Bundes an der Wissenschaftsförderung ist daher uneingeschränkt zu begrüßen.

Nach dem Willen des Kabinetts Merkel soll noch vor der Sommerpause ein entsprechender Referentenentwurf vorliegen. Wie die Neuregelung genau aussehen soll (und dann in der Praxis gehandhabt wird), ist allerdings noch unklar. Größter Zankapfel zwischen Koalition und Opposition ist derzeit, ob die Zusammenarbeit von Bund und Ländern über den Bereich der Wissenschaftsförderung hinaus auch im Bildungswesen gestärkt werden soll – im Sinne eines "kooperativen Bildungsföderalismus" von der Kita bis zur Uni. Dafür dürfte in der Tat vieles sprechen. Denn letztlich läuft der gesamte Bildungsbereich Gefahr, notorisch unterfinanziert zu bleiben.

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