Gute Nacht - die Kolumne für besseren Schlaf: Schlaflos in den Wechseljahren

Wenn die Hitze kommt, ist die Nacht vorbei. Jede zweite Frau in den Wechseljahren wacht nachts regelmäßig schweißgebadet auf, weil die Hitzewallungen sie quälen, manchmal mit Herzrasen und Gefühlen von Unruhe oder Angst. Dann wieder einzuschlafen, fällt schwer. Der Schlaf ist unterbrochen, die Schlafdauer verkürzt und die schlechte Schlafqualität macht sich auch tagsüber bemerkbar.
Die Folge: Frau ist unkonzentriert und erschöpft. Aber sie hat zum Beispiel auch eine größere Wahrscheinlichkeit für kognitive Beeinträchtigungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Das berichtet ein Forschungsteam der chinesischen School of Nursing in Chengdu nach einer Metaanalyse von zwölf Studien mit zusammen knapp 12 000 Teilnehmerinnen, veröffentlicht in »Frontiers in Neurology«.
Therapieansätze mit Medikamenten sind für viele Betroffene unbefriedigend. Hormonersatztherapie hilft zwar gegen die Schlafprobleme, wenn die Hitzewallungen deren primäre Ursache sind. Allerdings muss die Dosis hoch genug sein; und viele Frauen möchten diese nicht, da die Risiken umstritten sind. Das deutlich sanftere Chronobiotikum Melatonin zeigt bei Schlafstörungen, die vor allem durch Hitzewallungen geprägt sind, keine Wirkung auf die Schlafqualität. Und Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), eine Kategorie von Antidepressiva, werden bei Schlafstörungen zwar häufig verschrieben, zeigen aber einerseits ebenfalls nur begrenzte Wirkung, verursachen dafür jedoch andererseits Nebenwirkungen.
Der Goldstandard der Therapie
Gesichert wirksam ist die CBT-I, die Cognitive Behavioral Therapy for Insomnia oder kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie. Sie findet im Idealfall im Rahmen einer Psychotherapie statt, aber auch Menschen, die noch auf einen Behandlungsplatz warten müssen, können von den Methoden profitieren. Davon berichten inzwischen viele Übersichtsarbeiten, zuletzt die Metaanalyse eines griechischen Forschungsteam um Eugenia Vlachou und Eleni Evangelou in »Life«. Die Interventionen wirkten besser als alleinige Schlafrestriktion oder Aufklärung über Schlaf. Und die Effekte hielten mindestens ein halbes Jahr an.
Zur CBT-I gehört, Glaubenssätze und Gedanken zu identifizieren, die wachhalten. Der Klassiker: »Wenn ich jetzt nicht einschlafe, dann …« Oder auch: »Ich bin mitten in der Nacht aufgewacht, jetzt kann ich bestimmt nicht wieder einschlafen.« Dann ersetzt man solche Gedanken ganz bewusst durch konstruktivere und übt die Veränderung dann ein. Zum Beispiel: »Ich kann zwar gerade nicht einschlafen, aber ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, dass ich meinen Tag trotzdem gut schaffe.« Oder: »Ich bin aufgewacht. Wahrscheinlich schlafe ich gleich wieder ein. Wenn nicht, dann höre ich den Vögeln zu und spüre meinen Atem.«
Eine weitere wichtige Komponente ist die so genannte Stimuluskontrolle. Dabei wird das Schlafzimmer zum reinen Schlafort umfunktioniert. Arbeitsplatz und Arbeitsmittel müssen weichen, Leseort wird ein anderer, auch die Wäsche muss künftig woanders trocknen. Wer nachts grübelt oder lesen möchte, tut dies künftig ebenfalls außerhalb des Bettes. Das Gehirn lernt: Im Bett wird geschlafen und sonst tun wir dort nichts.
Die dritte Komponente ist die Psychoedukation: Informieren Sie sich darüber, wie Verhalten am Tag und in der Nacht, Gedanken und Schlaf zusammenhängen. Es ist normal, dass nicht alle störenden Gedanken sofort verschwinden – deshalb wird die CBT-I ja üblicherweise von qualifizierten Fachkräften durchgeführt. Allein ist das schwerer, also seien Sie freundlich zu sich. Sie üben. Und wenn Sie anfangen, dann sind Sie auf einem guten Weg. Methoden der CBT-I zu erlernen lohnt sich in jedem Lebensalter, denn die Effekte sind auch für andere Gruppen gut belegt, zum Beispiel für Frauen nach der Menopause, bei denen ebenfalls verschlechterter Schlaf beobachtet wird. Auch sie profitieren von der Arbeit an Verhalten und Überzeugungen.
Entspannen mit der Wissenschaft
Ebenfalls sinnvoller Bestandteil einer Schlafbehandlung sind Entspannungsverfahren. Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten eines MBSR-Programms: Mindfulness-Based Stress Reduction. Dabei werden Achtsamkeitspraktiken erlernt. Die Kurse gibt es sowohl vor Ort als auch online, die meisten Krankenkassen haben auf ihrer Webseite eine Datenbank mit Anbieterinnen und Anbietern, deren Kurse sie bezahlen oder bezuschussen. Zum Programm gehört auch die Psychoedukation. MBSR hat sich in Studien zum Beispiel mit Frauen nach der Menopause als wirksam gegen Schlafstörungen erwiesen und gilt als geeignet, die Lebensqualität zu steigern. Entspannungsverfahren haben sich bewährt, weil ihre Anwendung Erregung reduzieren kann. Und das hilft beim Durch- und Wiedereinschlafen.
Doch nicht alle Schlafprobleme in den Wechseljahren hängen direkt mit der Hormonumstellung des Körpers zusammen. Auch depressive Symptome und chronische Erkrankungen sowie die Einnahme von Medikamenten gegen verschiedene Erkrankungen – Bluthochdruck zum Beispiel – gehören zu den Risikofaktoren für Schlaflosigkeit bei Frauen im mittleren Alter. Auch sie müssen in der Behandlung berücksichtigt werden. Fragen Sie nach. Schlaflosigkeit wird als Teil der Menopause akzeptiert und sicherlich gehört sie dazu. Das heißt aber nicht, dass Sie sich mit ihr abfinden müssen.
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