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Springers Einwürfe: Es gibt Leben auf der Erde!

Lassen sich auf fernen Planeten biotische Prozesse nachweisen? Vor 30 Jahren gaben Forscher eine Antwort – indem sie unsere Heimat aus dem All studierten. Moderne Teleskope machen Hoffnung, dass Ähnliches bald bei fremden Welten gelingt.
Die Erde aus dem All
Dieser Planet beherbergt mit Sicherheit verschiedene Organismen. Welten, die etliche Lichtjahre entfernt sind, erscheinen uns jedoch viel, viel kleiner, und dort ist der Nachweis entsprechend kniffliger.

Am 21. Oktober 1993 erschien das Wissenschaftsmagazin »Nature« mit einem spektakulären Cover. Die Farbaufnahme zeigte in hoher Auflösung den wolkenverschleierten Globus unseres Blauen Planeten, und darunter prangte die seltsame Frage: »Is there life on Earth?«

Das Titelfoto stammte von der Raumsonde Galileo, die kurz zuvor auf ihrem verschlungenen Weg zum Jupiter mit Vorbeiflügen an Erde und Venus Schwung geholt hatte. Dabei näherte sich Galileo der Erde bis auf weniger als 1000 Kilometer. Das brachte den Planetenforscher und Wissenschaftspopularisierer Carl Sagan auf die Idee, man könnte sich in die Rolle außerirdischer Forscher versetzen, die im All nach Lebensspuren suchen und dabei auch einmal unsere Heimat genauer unter die Lupe nehmen.

Sagan zuliebe ließ die NASA die Instrumente der Galileo-Sonde beim Vorbeiflog auf die Erde ausrichten. Also maßen ihre – eigentlich für die Erforschung des Jupiters gedachten – Spektrometer die irdische Strahlung im Infrarot-, Ultraviolett- und Radiobereich. Bei der Deutung der Ergebnisse stellte Sagan sich quasi dumm, so als hätten er und seine Koautoren, vier professionelle Astrophysiker aus den USA, keine Ahnung, ob die Erde Leben trage – gar intelligentes! – oder nicht.

Einleitend merkten Sagan und sein Team an, alle Nachbarn im Sonnensystem, ob Mond, Venus oder Mars, hätten die lange gehegte Erwartung, sie trügen extraterrestrisches Leben, zwar enttäuscht – allerdings nicht endgültig: Eine fremde Biologie hätte vielleicht so wenig mit der uns vertrauten gemein, dass sie uns entginge, vor allem, wenn sie nur in raren Spuren aufträte oder sich tief unter der Oberfläche verstecke. Letzteres lässt offen, ob zum Beispiel die – von Galileo entdeckte – kilometerdicke Eishülle des Jupitermonds Europa exotische Organismen birgt.

Was also fanden Galileos Messinstrumente, als die Sonde den dritten Trabanten der Sonne passierte? Offenbar war der untersuchte Planet größtenteils von flüssigem Wasser bedeckt. Auffällig war der hohe Gehalt seiner Gashülle an Sauerstoff. Das ließ sich nur schwer mit geologischen Prozessen oder dem Einfluss der ultravioletten Sonnenstrahlung erklären. Dadurch, so die Autoren, »steigt zumindest unser Verdacht, es könne Leben geben«.

Sie fanden sogar ein eindeutiges Indiz für biotische Prozesse: die Häufigkeit von atmosphärischem Methan. Der Kohlenwasserstoff müsste eigentlich in der Luft oxidieren, wird aber offenbar in großen Mengen vom Boden aus nachgeliefert. Ungewöhnlich war zudem ein steiler Abbruch im Infrarot-Spektrum des reflektierten Sonnenlichts, was auf die Absorption durch grüne Vegetation hinwies.

Somit konnte Galileo mit hoher Wahrscheinlichkeit Leben vermuten – obendrein sogar intelligentes! Dafür sprach die bemerkenswert gepulste Struktur der aufgefangenen Radiowellen. Hingegen reichte die Auflösung der Bordkameras nicht aus, technische Konstrukte oder künstliche Naturveränderungen abzubilden.

In den drei Jahrzehnten seither hat die Astronomie unglaubliche Fortschritte gemacht. Wer hätte damals zu träumen gewagt, dass wir mehr als 5500 Planeten identifizieren würden, die um ferne Gestirne kreisen? Wer hätte das Kunststück für möglich gehalten, anderthalb Millionen Kilometer von der Erde entfernt ein Infrarot-Teleskop zu platzieren, das in der Atmosphäre von tausende Lichtjahre entfernten Exoplaneten Methan aufzuspüren vermag?

Wir sind buchstäblich weit davon entfernt, fremde Welten aus solcher Nähe auf Leben zu untersuchen wie seinerzeit Galileo die Erde. Aber wir sind auf dem besten Weg, mit künftigen Weltraumteleskopen oder zusammengeschalteten Gruppen irdischer Großinstrumente einen spannenden Exoplaneten zu entdecken. Sei er nun erdähnlich mit deutlichen Anteilen an Sauerstoff und Methan – oder auf eine Weise interessant, von der wir heute noch nichts ahnen.

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