Springers Einwürfe: Globaler Umweltschutz ist das wahre Bombengeschäft

Während Deutschland von heute auf morgen gewaltige Sondervermögen für Aufrüstung lockermacht, gerät die Ökologie ins Abseits. Ohne militärische Sicherheit sei alles nichts, heißt es zur Begründung – aber ohne gezielte Pflege der natürlichen Infrastruktur gibt es am Ende auch nichts mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnt.
Globaler Umweltschutz kommt teuer; woher also das Geld nehmen? Im Jahr 2024 endete die Weltklimakonferenz in Baku mit einer Übereinkunft, wonach die reichen Nationen die Entwicklungsländer bis 2035 jährlich mit mindestens 300 Milliarden US-Dollar beim Klimaschutz unterstützen wollen; idealerweise sollten es zumindest 1,3 Billionen pro Jahr werden.
Wie kann das gehen? Eine – angesichts des militarisierten Zeitgeistes kühne – Antwort versucht ein internationales Quintett von Umweltwissenschaftlern zu geben, zu dem Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gehört.
Wegen der Dringlichkeit der Probleme schlagen die Fachleute eine Sofortmaßnahme vor: Wichtige Industrieländer bilden, ohne auf weltweit verwässerte Vereinbarungen zu warten, eine »Koalition der Willigen«; sie formieren sich als Klima-Finanzierungsklub, der den Entwicklungsländern die Mittel zur Dekarbonisierung ihrer Wirtschaft bereitstellt.
Warum sollte eine reiche Nation so etwas tun? Die Antwort der Ökologen: aus purem Eigeninteresse! Allein innerhalb eines halben Jahres hätten sich die Schäden durch Umweltkatastrophen wie Wirbelstürme, Überflutungen und Waldbrände an verschiedenen Orten der Welt auf mehr als eine halbe Billion US-Dollar addiert. Das übersteigt schon jetzt die 100 Milliarden jährlich, welche die EU und andere reiche Länder als Klimafinanzierung ausgeben, um etwa Indonesien, Vietnam, Südafrika oder Senegal bei der Energiewende zu unterstützen. Würden solche Maßnahmen auf große CO2-Emittenten wie Nigeria oder Indien ausgedehnt, käme man den global erstrebten Klimazielen deutlich näher.
Edenhofer und seine Kollegen haben durchgerechnet, was es einem Klima-Finanzierungsklub der Wohlhabenden einbrächte, wenn er sich auf den Energiewandel in Entwicklungsländern konzentrierte. Auf die Teilnahme der USA könnte der Klub angesichts ihrer aktuellen Umwelt- und Entwicklungspolitik getrost verzichten. Es blieben die übrigen G7-Staaten sowie die EU, Norwegen, die Schweiz, Australien und Südkorea.
Damit die Empfänger klimaneutral werden, müsste diese Koalition der Willigen bis 2035 jährlich knapp 125 Milliarden US-Dollar an Fördergeldern auszahlen. Das entspräche 0,3 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts der Mitglieder.
Wie zahlt sich die Investition für die Geberländer aus? Das hängt davon ab, was es eine Gesellschaft an Umweltschäden kostet, wenn sie die Emission einer weiteren Tonne Kohlendioxid zulässt. Dieser soziale Schadenswert schwankt je nach Schätzung zwischen 190 und mehr als 1000 US-Dollar pro Tonne. Daraus lässt sich folgern: Die Investition rentiert sich – unter Umständen sogar mit mehr als 500 Prozent. Kein schlechtes Geschäft!
Warum reißen sich die reichen Staaten nicht darum? Der Pferdefuß ist, dass der Gewinn nicht bar ausgezahlt wird, sondern nur als eingesparter Verlust zu Buch steht. Doch das ist die Krux jeder Vorsorge, ob in der Medizin, im Hochrüsten – oder im Umweltschutz.
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