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Alternative Energiewende: Trumps Großangriff auf den Umweltschutz

Maulkorberlass, Pipelinebau und Geldsperrungen: Die ersten Amtstage von US-Präsident Donald Trump lassen erahnen, dass Umweltschutz unter seiner Ägide nichts mehr zählt.
Trump will den Bau zweier Pipelines vorantreiben (Symbolbild)

Überrascht sein darf man eigentlich nicht. Bereits während des Wahlkampfs konnte man befürchten, welchen Stellenwert der Umwelt- und vor allem der Klimaschutz unter einem Präsidenten Donald Trump haben wird – nämlich keinen. Im Gegenteil, ihm gelten Vorschriften für sauberes Wasser und saubere Luft als Hemmnisse dabei, neue Arbeitsplätze zu schaffen und günstig Energie zu erzeugen. Mit welcher Verve Trump schon in seinen ersten Amtstagen die Umweltpolitik der Vereinigten Staaten angreift – und ins Gegenteil verkehrt –, ist dennoch schockierend. Denn die von ihm getroffenen Maßnahmen gehen weit über politische Veränderungen hinaus und greifen das Fundament der verantwortlichen Behörden an.

Das beginnt bereits bei der Personalauswahl: Neuer Leiter der US-Umweltbehörde EPA soll beispielsweise Scott Pruitt werden. Dadurch macht Trump den Bock zum Gärtner. Der Anwalt und republikanische Justizminister des Bundesstaats Oklahoma bezweifelt nicht nur, dass der Mensch das Klima beeinflusst. Er bekämpfte während seiner Amtszeit in Oklahoma überdies jegliche Grenzwerte für Schadstoffe, selbst wenn diese nachweislich die menschliche Gesundheit gefährden wie Quecksilber – was Pruitt in Abrede stellt. Zudem legte er in seinem Ministerium eine Einheit still, die sich der Ahndung von Wasserverschmutzung oder illegaler Müllentsorgung widmete. Stattdessen strebte er eine Klage nach der anderen gegen die EPA an. Umgekehrt pflegt er sehr enge Beziehungen zur Öl- und zur Kohleindustrie, die unter anderem unter seinem offiziellen Briefkopf einen Beschwerdebrief gegen die EPA verfassen durften.

Einfach abschaffen kann Trump die EPA nicht, aber unter dem designierten Leiter Pruitt ist von ihr keinerlei Widerstand gegen Verschlechterungen beim Umweltschutz zu erwarten. Da macht es auch nichts mehr aus, dass Rick Perry als ausgewiesener Verbündeter der Ölindustrie zum Energieminister ernannt werden soll. Ins Bild passt es daher ebenso, dass Donald Trump erneut den Weg für die beiden heftig umstrittenen Projekte Keystone XL und Dakota Access Pipeline per Dekret frei macht. Sein Vorgänger Barack Obama hatte diese gestoppt, weil sich daran heftiger Protest entzündet hatte und schwere Umweltschäden zu befürchten sind. Die Dakota Access Pipeline soll Öl aus unkonventionellen Lagerstätten in Dakota nach Illinois leiten und durchquert dabei unter anderem Stammesterritorien der Sioux, die sich massiv gegen das Vorhaben wehren – die Pipeline bedrohe heilige Stätten und das Wasser auf ihrem Land. Pikantes Detail an der Sache: Als Unternehmer hatte Trump kräftig in die Pipeline-Betreiberfirma ETP.N und eine Holding (Phillips 66) investiert, wobei er inzwischen seine gesamten Anteile an ETP.N verkauft hat.

Diese Entscheidungen könnten noch als politischer Richtungswechsel durchgehen. Doch der US-Präsident und seine Gefolgschaft legen gleichzeitig die Axt an das Fundament der EPA und anderer mit Umwelt- oder Klimaschutz betrauten Behörden an. Ebenfalls in einer der ersten Amtshandlungen wurden in einem bislang nicht da gewesenen Ausmaß alle Stipendien und Forschungsverträge der EPA auf Eis gelegt und dürfen bis auf Weiteres nicht mehr genehmigt werden. Damit können vorerst keine weiteren Untersuchungen zu ökologischen Problemen durchgeführt oder entsprechende neue Ergebnisse ausgewertet werden. Sie bilden aber die Basis neuer Umweltschutzvorschriften.

Ein geleaktes Dokument, das von Myron Ebell vom Thinktank Competitive Enterprise Institute stammt und als Aktionsplan für den Umbau der EPA dienen soll, beschreibt umfangreiche Änderungen für die Wissenschaftlichkeit der EPA. Unter anderem sehen die Empfehlungen vor, dass die EPA keine wissenschaftlichen Untersuchungen mehr selbst finanzieren soll. Zugleich listet das Dokument zahlreiche Projekte auf, die komplett eingestellt oder in denen Gelder gestrichen werden sollen, darunter beispielsweise Teile des Clean Air Act zum Klimaschutz oder Wasserschutzvorgaben.

Darüber hinaus wurde den Mitarbeitern der EPA untersagt, mit der Presse zu sprechen oder unter offiziellen Accounts Erkenntnisse in die sozialen Medien zu tragen. Darunter fallen etwa Informationen über wissenschaftliche Veröffentlichungen oder neue Inhalte auf den Webseiten der Behörde. Zuvor schon hatte die Trump-Administration jegliche Fakten zum Klimawandel von den Seiten des Weißen Hauses getilgt – gleich am ersten Tag von Trumps Präsidentschaft und frei nach dem Motto: "Was ich nicht sehe, ist auch nicht da." Gleichermaßen sollen die Seiten der EPA über Klimawandel und -schutz offline genommen werden, wie Reuters mit Verweis auf anonyme Hinweisgeber aus der Behörde meldet (Anm. d. Red.: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars waren die EPA-Seiten noch online).

Der Widerstand gegen diese Politik formiert sich allerdings schon. Nur kurz nach dem Maulkorberlass begann ein namentlich nicht bekannter Betreuer des offiziellen Twitteraccounts vom Badlands-Nationalpark Fakten zum Klimawandel zu twittern. Diese Tweets wurden in der Zwischenzeit gelöscht, doch kursieren bereits zahlreiche Screenshots im Netz. Und in Anlehnung an die von der US-Präsidentenberaterin Kellyanne Conway geprägte Floskel der "alternativen Fakten" twittern wahrscheinlich Mitarbeiter des U.S. National Park Service unter dem Account @AltUSNatParkService wissenschaftliche Fakten.

Diese Proteste lassen sich vielleicht noch als Sturm im Wasserglas der sozialen Medien abhandeln. Doch auch im realen Leben formiert sich der Widerstand. Und wächst. Die Gegner der Dakota Access Pipeline haben bereits angekündigt, weiterhin protestieren und prozessieren zu wollen, weil die Pipeline ihre Wasserversorgung gefährdet. Und Wissenschaftler planen schon einen Science March in Washington D. C. in Anlehnung an den Women's March, der am Tag nach Trumps Amtseinführung hunderttausende Demonstrantinnen und Demonstranten in die Hauptstadt zog. Die Hoffnung wächst also, dass das Durchregieren nicht so reibungslos funktioniert, wie es sich Donald Trump und sein Team vielleicht erhoffen.

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