Die fabelhafte Welt der Mathematik: Wie man Geschenke optimal einpackt

Alle Jahre wieder ereignet sich dasselbe Drama: Mein Küchentisch ist voller Klebestreifen sowie krumpelig eingepackter Geschenke – und für die letzten scheint das Geschenkpapier nicht mehr auszureichen. Ich stehe kurz vor einem Wutanfall. Aber dieses Jahr wird alles anders. Denn ich habe festgestellt, dass ich Geschenke jahrelang falsch eingepackt habe.
Mathematikerinnen und Mathematiker haben in der Vergangenheit untersucht, wie sich verschiedene Formen und Oberflächen ideal mit möglichst wenig Papier bedecken lassen. Das Ergebnis ist der »Gift-Wrapping-Algorithmus«, der im Alltag aber nicht wirklich nützlich ist. Wenn man einfach nur daran interessiert ist, wenig Geschenkpapier zu verschwenden, muss man die Oberfläche des Geschenks exakt auf das Papier übertragen und ausschneiden (eventuell mit einen paar Klebekanten). Für einen Würfel würde das einem Würfelnetz entsprechen.
Aus mathematischer Sicht mag das optimal sein, aber ein derart eingepacktes Geschenk ist wohl kaum präsentierbar: Die Kanten des Papiers müssen ordentlich ausgeschnitten sein, und es gibt extrem viele Klebeflächen. Zudem ist der Rest des Geschenkpapiers nur schwer nutzbar, wenn man für jedes Geschenk die individuelle Oberfläche ausschneidet. Deshalb werden Objekte in der Regel anders eingepackt.
Perfekt eingepackte Würfel
Am leichtesten hat man es noch mit einem quader- oder würfelförmigen Geschenk. Der übliche Weg, es einzupacken, besteht darin, ein rechteckiges Stück Papier zu nutzen: Dessen Länge muss dabei in jeder Richtung etwas etwas mehr als zweimal der jeweiligen Breite plus zweimal der Höhe des Geschenks entsprechen. Diese Einpackstrategie beobachte ich oft in Buchhandlungen – und jedes Jahr versuche ich aufs Neue, sie zu kopieren, auch wenn das Ergebnis bei mir immer völlig anders und weniger schön aussieht.
Aber wie sich herausstellt, gibt es auch einen anderen Weg, quaderförmige Geschenke einzupacken – der zudem in vielen Fällen weniger Papier erfordert. Diesen hat die Mathematikerin Sara Santos vom Forward College im Jahr 2012 vorgestellt, als sie nach einer Methode suchte, die sowohl die Menge des benötigten Papiers als auch der Klebeflächen minimiert und es zugleich ermöglicht, dass das Muster des Geschenkpapiers an den Klebeflächen perfekt zusammenpasst. Wie sie herausfand, lassen sich quaderförmige Gegenstände mit einer quadratischen Grundfläche am besten mit einem quadratischen Stück Papier einpacken.
In diesem Fall muss man das Geschenk ebenfalls ausmessen. Dann addiert man die längste Diagonale (A) mit dem Anderthalbfachen der Höhe (B + C) des Gegenstands: Diese Summe muss der Seitenlänge des quadratischen Papierstücks entsprechen. Dann platziert man das Geschenk diagonal in der Mitte des Quadrats, klebt die Ecken des Papiers zentral am Gegenstand fest und voilà: Man hat ein wunderschön eingepacktes Geschenk und benötigt dafür weniger Geschenkpapier als mit der herkömmlichen Methode.
Santos' Ansatz funktioniert auch für quaderförmige Geschenke, die keine quadratische Grundfläche haben – etwa einen Schuhkarton. Allerdings kann es sein, dass die herkömmliche Einpackmethode in diesen Fällen weniger Geschenkpapier erfordert.
Protipp: Falls Sie mal ein rechteckiges Stück Papier übrig haben und es so wirkt, als würde es nicht ausreichen, um ein quaderförmiges Geschenk zu umfassen, dann legen Sie den Gegenstand schräg auf das Papier. Durch das diagonale Platzieren spart man nämlich Einpackmaterial.
Die Königsdisziplin
Aber was, wenn man kein quaderförmiges Geschenk hat? Bekanntlich bilden gekrümmte Gegenstände die größte Herausforderung beim Verpacken.
Wenn Sie ein zylinderförmiges Geschenk, also eine Art Rohr, vor sich haben, können Sie sich glücklich schätzen. In diesem Fall können Sie einfach den Durchmesser des Gegenstands bestimmen, mit Pi (also rund 3,14) multiplizieren und so die eine Länge des rechteckigen Papierstücks bestimmen, das Sie zum Einpacken mindestens benötigen. Die zweite Seite des Rechtecks entspricht der Länge des Zylinders.
Und wenn der Gegenstand rund ist? Kugelförmige Geschenke bilden die Königsdisziplin des Einpackens. Ich habe mir bisher damit geholfen, dass ich ein quadratisches Stück Geschenkpapier darumherum gekrumpelt habe. Allerdings ist diese Methode weder schön noch papiersparend.
Meine Ausrede war stets: Es ist aus mathematischer Sicht unmöglich, eine Kugel faltenfrei in ein ebenes Stück Papier zu wickeln – das ist auch der Grund, warum man keine Weltkarte erstellen kann, die nicht irgendwie verzerrt ist. Und deshalb, so meine Argumentation bisher, lohnt es sich gar nicht erst, es zu versuchen. Aber das war wirklich eine faule Ausrede, muss ich zugeben. Denn es geht durchaus besser.
Falls Sie daran interessiert sind, möglichst wenig Geschenkpapier zu verschwenden, könnten Sie ein blütenförmiges Muster ausschneiden und so die Kugel einpacken, wie Forschende am Massachusetts Institute of Technology im Jahr 2009 gezeigt haben. Allerdings erfordert das Ausschneiden des Papiers viel Geschick – und im Anschluss viel Klebeband. Möchte man einen Kompromiss aus wenig Papier und wenig Klebefläche finden, bietet es sich stattdessen an, ein gleichseitiges Dreieck auszuschneiden. Auch wenn das Ergebnis nicht perfekt ist, sieht es am Ende allemal besser aus, als wenn man eine quadratische Papierfläche nutzt, so wie ich bisher.
Und wenn Ihnen auch das zu kompliziert ist, kann ich Ihnen nur empfehlen, den seltsam geformten Gegenstand in einen Karton zu stecken und diesen dann einzupacken – und zwar mit der Diagonalmethode. Ich werde diese Form des Einpackens dieses Jahr zum ersten Mal testen. Drücken Sie mir die Daumen!
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