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In Bestform: Wie viel sollte man beim Sport trinken?

»Nicht nur die Sonne, auch die Muskulatur produziert Wärme«, sagt Michael Fritz. Im Interview erklärt der Sportmediziner, was bei Sport im Sommer zu beachten ist.
Trinken ist wichtig, besonders im Sommer. Nicht immer hilft viel aber tatsächlich viel.

Gerade im Sommer, wenn man ohnehin viel schwitzt, hat man das Gefühl, beim Sport regelrecht auszutrocknen. Aber ist die Devise »trinken, trinken, trinken« tatsächlich immer richtig? Wie viel Wasser sollte man seinem Körper zuführen? Ist Wasser überhaupt das richtige Getränk? Und was gibt es sonst noch beim Sport im Sommer zu beachten? Das und noch mehr weiß der Sport- und Allgemeinmediziner Michael Fritz aus Viersen.

»Spektrum.de«: Herr Fritz, wie viel sollte ein Sportler im Sommer trinken?

Michael Fritz: Das kommt darauf an, welche Sportart man wie lange, bei welcher Intensität und bei welchem Wetter ausüben will. Doch egal, ob Breiten- oder Leistungssportler, Sommer oder Winter: Man sollte den Sport mit einem ausgeglichenen Wasserhaushalt beginnen. Dafür empfiehlt es sich, über Getränke und Nahrung täglich mindestens 2,5 Liter Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Plant man mehr als eine Stunde Training von höherer Intensität bei Temperaturen über 25 Grad Celsius, sollte man etwa 20 Minuten davor zusätzlich 5 bis 7 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht trinken, um eine Dehydratation zu vermeiden. Das entspricht etwa 300 bis 500 Milliliter Wasser oder Sportgetränk.

Michael Fritz | Der Facharzt für Sport- und Allgemeinmedizin aus Viersen ist selbst passionierter Marathon- und Ultraläufer und hat schon zahlreiche Fachartikel zum Thema »Sport bei Hitze« verfasst.

Wie merkt man, ob man dehydratisiert ist?
Man empfindet das Training als anstrengender als sonst. Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit nehmen ab, die Herzfrequenz steigt. Ich empfehle Sportlern, sich vor und nach der Belastung zu wiegen. Hat man zwei bis drei Prozent des Körpergewichts in Form von Wasser verloren, ist man dehydratisiert. Dieser Verlust sollte innerhalb von ein bis zwei Stunden nach dem Training ausgeglichen werden.
Aber sollte man nicht auch während des Sports trinken?
Bei einer Dauer von 60 bis 90 Minuten muss man während der Belastung nicht unbedingt Flüssigkeit zu sich nehmen. Läufe bis 15 Kilometer sind auch im Sommer ohne Flüssigkeitszufuhr machbar. Bei Strecken über 20 Kilometer bei heißen Temperaturen sollte man jedoch frühzeitig beginnen, regelmäßig ein Sportgetränk zu sich zu nehmen.

Dehydratisiert, nicht dehydriert

Wer zu wenig getrunken hat, ist dehydriert – so heißt es oft. Genau genommen ist dieser Begriff aber falsch. Fachlich korrekt würde das nämlich bedeuten, dass dem Körper Wasserstoff (lateinisch: hydrogenium) entzogen wurde. In Wahrheit fehlt uns aber Wasser (eine Verbindung, die aus zwei Wasserstoffatomen und einem Sauerstoffatom besteht). Der richtige Begriff lautet also dehydratisiert – oder auch einfach »entwässert«.

Was sollte da drin sein?

Ein ideales Getränk für Ausdauersportler enthält 60 bis 80 Gramm Kohlenhydrate pro Liter, zum Beispiel Maltodextrin oder eine Glukose-Fruktose-Mischung in einem 2:1-Verhältnis. Außerdem sollten 300 bis 500 Milligramm Natrium, sprich Kochsalz, hinzugefügt werden. Mit so genannten Schwedentabletten aus der Apotheke lässt sich das einfach und genau dosieren.

Verschnaufpause

Ein isotonisches Getränke enthält dieselbe Konzentration an osmotisch aktiven – also Wasser anziehenden – Teilchen wie unser Körper. Dazu zählen Salze, Zucker und Eiweiße. Das bedeutet: Unser Körper muss die Konzentration dieser Teilchen nicht erst ausgleichen. Darum können die Getränke vom Darm schneller aufgenommen werden und liefern neue Energie. Aber Achtung! Viele solcher Sportgetränke enthalten vor allem viel Zucker und wenig Salze wie Natrium und Magnesium, die der Körper ebenfalls benötigt. Es lohnt sich also, genau aufs Etikett zu schauen. Und: Nicht alle Sportgetränke sind auch isotonisch.

Wie viel sollte man davon trinken?

Einem Marathonläufer würde ich empfehlen, pro Stunde etwa 350 bis 500 Milliliter eines solchen Getränks zu sich zu nehmen. Größere Mengen empfinden die meisten Läufer als unangenehm. Beim Radfahren wird der Verdauungstrakt weniger belastet, da kann man auch 500 bis 1000 Milliliter pro Stunde trinken, wenn man möchte.

Sollte man nur trinken, wenn man Durst hat, oder in definierten Zeitabschnitten?

Experten sind sich mittlerweile einig: Sportler sollten auf ihren Körper hören und nur dann trinken, wenn sie Durst verspüren. Studien mit Marathonläufern und Triathleten zeigen, dass es schaden kann, zu viel zu trinken. Insbesondere, wenn der Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen mit Getränken ohne Natriumanteil ausgeglichen wird. Dann droht ein Abfall der Natriumkonzentration im Blut, eine Hyponatriämie.

Wie lässt sich Muskelkater vermeiden? Wie viel sollten Sportler trinken? Diesen und weiteren Fragen widmet sich die Biochemikerin Annika Röcker in ihrer Kolumne »In Bestform«. Mit Expertinnen und Experten aus der Sportmedizin diskutiert sie, was beim Sport im Körper vorgeht und wie ein gesundes Training aussieht.

Was geschieht dabei, und wie gefährlich ist das?

Zunächst sinken Venen- und Blutdruck. Herzrasen, Erbrechen, Muskelkrämpfe und Bewusstseinsstörungen können folgen. Es ist sogar schon zu einzelnen Todesfällen gekommen, so zum Beispiel im Sommer 2015 nach dem »Ironman Europe« in Frankfurt. Der Athlet trank während der lang dauernden sportlichen Belastung unter Hitze große Mengen Leitungswasser. Trotz intensivmedizinischer Behandlung starb er infolge der Hyponatriämie an einem Hirnödem. Studien zufolge erleiden etwa elf Prozent der Teilnehmer bei einem Ironman-Triathlon eine sportassoziierte Hyponatriämie, bei Ultramarathonläufern, die Strecken über 160 Kilometer zurücklegen, sind es sogar mehr als 50 Prozent.

Was gibt es sonst noch bei Sport im Sommer zu beachten?

Sport bei heißen Temperaturen kann Hitzeerkrankungen wie Sonnenstich oder einen Hitzschlag hervorrufen. Denn man darf nicht vergessen, dass nicht nur die Sonne, sondern auch die Muskulatur Wärme produziert. Und zwar umso mehr, je intensiver man Sport treibt. Bei Marathonläufern lassen sich schon bei moderaten Wetterbedingungen häufig erhöhte Körpertemperaturen messen. Der Körper versucht, dies durch Schwitzen auszugleichen – dadurch gehen ihm wiederum Flüssigkeit und Salze verloren. Muskelkrämpfe, Übelkeit und Kopfschmerzen sind typische Symptome. Es ist deshalb ratsam, bei Hitze die Trainingsintensität und -dauer zu reduzieren, Pausen einzulegen und die Einheiten möglichst auf kühlere Tageszeiten zu verlegen. Auf das Aufwärmen vor dem Sport sollte man verzichten. Bei Wettkämpfen sollte man jede Gelegenheit nutzen, sich im Schatten aufzuhalten und mit Wasser, Kühlpacks oder Eis abzukühlen.

Von Sportler zu Sportler

»Ich bin selbst passionierter Marathon- und Ultraläufer«, sagt Michael Fritz. »Schon 18-mal habe ich die Ironman-Triathlon-Distanz absolviert, die aus 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und einem Marathon besteht. Ich schwöre auf eine Mischung aus 60 Gramm Maltodextrin DE 19, zwei Schwedentabletten, zehn Gramm Kandis und drei Tassen Espresso. Mit Wasser zu einem Liter aufgefüllt ergibt das ein Wettkampfgetränk mit stabiler Crema, das an Eiskaffee erinnert und müde Beine munter macht.«

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