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Arbeitsteilung und Globalisierung: Wie wirtschaftet die Welt?

Wie Kindern und Jugendlichen erklären, wie Wirtschaft funktioniert? In diesem Buch wird der thematische Bogen gespannt von der Entwicklung der Arbeitsteilung in der Zeit der frühen Menschen bis zu der heute bestehenden Globalisierung. Zwischenstationen sind die zunehmende Spezialisierung im Mittelalter, die Industrielle Revolution bis hin zu den heutigen Arbeits-, Kapital- und Warenströmen.
Zeit ist Geld

Wie entsteht der Preis für Arbeit?

Schauen wir uns auch für dieses Thema erst einmal ein kleines Beispiel an.

Angelika und Jan verdienen sich etwas Taschengeld mit dem Austragen von Werbezeitschriften. Sie treffen sich auf ihrer Zeitungstour und ruhen sich beim Plausch ein wenig aus. »Hast Du noch viele Zeitungen auszutragen?« Angelika schüttelt den Kopf: »Nein, ich bin schon fast ganz durch. Aber Deine Tasche sieht noch ziemlich voll aus?«

Jan nickt müde: »Ich habe es jetzt mal andersherum versucht: erst den Berg rauf und dann bergab zurück. Irgendwie auch nicht so gut. – Was bekommst Du eigentlich für das Austragen?«

Angelika zögert etwas, sagt es dann aber doch: »Nur 10,80 Euro pro Wochenende.« »Hast Du’s gut! Meiner zahlt mir nur 10 Euro pro Wochenende. Und das ganz egal, wie lange ich für das Austragen brauche.« »Ja, und gefaltet werden müssen die ganzen Werbeblätter vorher auch noch, sonst passt das alles nicht in die Briefkästen hinein!« Wenn Angelika das vorher gewusst hätte, hätte sie den Job nicht gleich für ein halbes Jahr übernommen. Ihre Eltern hatten nur mit den Schultern gezuckt und den ganzen Schlamassel lediglich »Lehrgeld« genannt.

Jan denkt verärgert an seinen älteren Bruder Max. »Ich brauche das Geld, also mache ich den Job. – Wenn ich mir aber überlege, dass ich einen Monat lang bergauf und bergab latschen darf, bis ich 40 Euro habe, werde ich sauer. Und Max kassiert das für zwei Mülltonnen!«

»Zwei Mülltonnen?! Was macht der denn?«

»Max hat sich mit seinem Kumpel den alten Laster von Onkel Bernd geliehen und ein paar Schläuche und Riesenwasserkanister gemietet. Bis deren Studium beginnt, fahren die beiden durch die Gegend und reinigen Mülltonnen.«

Angelika findet das gut: »Ja, die stinken manchmal ganz schön, besonders die Bio-Tonnen im Sommer.«

»Genau die. Und pro Tonne nehmen die 20 Euro, bei reichen Villenbesitzern sogar bis zu 30 Euro, hat Max mir verraten. – Was meinst Du, was die beiden in der ersten Woche schon abgesahnt haben!«

Lassen wir die beiden nun weiter ihre Zeitungsrunde gehen.

Wir haben schon den Markt für Waren und den Markt für Kapital kennengelernt. Genauso gibt es auch den Markt für Arbeit. Auch auf dem Arbeitsmarkt entsteht der Preis im Prinzip durch Angebot und Nachfrage.

Einen Begriff brauchen wir noch, damit die Erklärung zu diesem Thema einfacher wird:

Wenn man ganz allgemein das Geld meint, welches ein Mensch für seine Arbeit bekommt, spricht man von Arbeitsentgelt.

Arbeitsentgelt ist ein Oberbegriff nicht nur für den Lohn der Arbeiter und das Gehalt der Angestellten. Es gibt je nach Berufsgruppe viele verschiedene Bezeichnungen für das Geld, das man für seine Arbeit bekommt:

Ein Künstler erhält eine Gage, ein Soldat Sold, ein Arzt Honorar, ein Abgeordneter im Bundestag Diäten (im Sinne von Tagegeld) und ein Seemann erhält eine Heuer.

Wenn viele Menschen Arbeit suchen, wird der Preis für Arbeit, das Arbeitsentgelt, eher geringer sein. Unternehmen können sich unter einer großen Zahl von Bewerbern diejenigen aussuchen, die sie einstellen. Sind dagegen so gut wie alle Menschen, die arbeiten wollen, bereits bei Unternehmen fest eingestellt, wird es für Unternehmen schwieriger. Dann wird ein Unternehmen schon ein höheres Arbeitsentgelt als andere Unternehmen bieten müssen, um einen von den wenigen Arbeitssuchenden anwerben zu können, die noch auf dem Arbeitsmarkt zu haben sind. Es wird auch versuchen, Mitarbeiter von anderen Unternehmen wegzulocken: Dann muss es viel mehr bieten, damit Menschen ausgerechnet bei diesem Unternehmen arbeiten wollen und nicht bei irgendeinem anderen.

Viele Jugendliche wollen durch das Austragen von Zeitungen Geld verdienen. Es gibt in einem Ort aber nur wenige Anzeigenblätter. Also ist der Lohn für Angelika und Jan eher gering.
Das Arbeitsentgelt steigt, wenn die Nachfrage nach Arbeit größer ist als das Angebot.

Auf dem Arbeitsmarkt werden Unternehmen und alle anderen, die Mitarbeiter beschäftigen, Arbeitgeber genannt (eine Ärztin zum Beispiel hat kein Unternehmen, sondern leitet eine Praxis und hat ebenfalls Mitarbeiterinnen).

Menschen, die für andere arbeiten, machen das entweder als Selbstständige oder als Arbeitnehmer (also als jemand, der angebotene Arbeit annimmt und ausführt).

Wer selbstständig ist, zum Beispiel als Musiker, Unternehmensberater, Steuerberater oder Rechtsanwalt, muss sich selbst darum kümmern, Aufträge zu erhalten. Dafür können Selbstständige das Entgelt für ihre Arbeit frei mit ihren Kunden aushandeln. Wenn allerdings mal keine Kunden kommen, kann ein Selbstständiger auch kein Geld verdienen.

So ist das bei Jans Bruder Max, der »selbstständig« ist. Er kann den Preis zwar selbst bestimmen, muss aber die Kunden suchen, die diesen Preis bezahlen wollen. Das Arbeitsentgelt muss also das Risiko abdecken, auch mal ein paar Tage keinen Kunden zu finden.

Arbeitnehmer dagegen sind fest angestellt und erhalten ein festes Arbeitsentgelt, unabhängig davon, ob das Unternehmen Gewinn erzielt oder nicht.

Bei den Arbeitnehmern unterscheidet man, ob sie Tarifentgelt erhalten oder außertarifliches Arbeitsentgelt erhalten (Tarif bedeutet, dass es feste Beträge gibt für geleistete Arbeit, die sich aber in der Höhe unterscheiden je nachdem, für wie wichtig oder kompliziert die geleistete Arbeit gehalten wird).

Einige wenige Menschen, die im Unternehmen viel Verantwortung übernehmen oder über ganz besonders wichtiges Wissen verfügen, werden außertariflich bezahlt. Das heißt, sie verhandeln bei ihrer Einstellung mit dem Arbeitgeber selbst über die Höhe ihres außertariflichen Gehaltes. Je mehr Verantwortung jemand übernimmt, oder je mehr wichtiges Spezialwissen jemand hat, desto höher wird das Gehalt sein.

Die meisten Menschen jedoch arbeiten für ein Tarifentgelt. Damit nicht jedes Unternehmen einzeln mit jedem Arbeitnehmer dieses Tarifentgelt aushandeln muss, haben sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer jeweils zu größeren Gruppen zusammengeschlossen.

Angelika und Jan haben ihren Job angenommen, ohne voneinander zu wissen. Damit konnten sie auch nicht das angebotene Arbeitsentgelt miteinander vergleichen.

Seit dem 19. Jahrhundert haben sich Arbeiter in Gewerkschaften organisiert, um gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne zu kämpfen.

Auch die Unternehmen haben sich zu Arbeitgeberverbänden zusammengeschlossen.

Sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeberverbände bildeten sich jeweils für eine bestimmte Branche. Zu einer Branche gehören Unternehmen, die irgendwie dasselbe tun: Es gibt zum Beispiel metallverarbeitende Industrien; Unternehmen, die Lebensmittel herstellen; oder Unternehmen, die mit dem Bau von Häusern zu tun haben. Arbeitgeber und Arbeitnehmer kennen sich auf dem Markt für ihre Produkte aus und wissen, ob gerade gute Gewinne gemacht werden, oder ob es schwer ist, Käufer zu finden.

Für jede Branche verhandeln Arbeitgeberverband und Gewerkschaft miteinander, wie hoch das Tarifentgelt sein soll. Diese Verhandlung nennt man Tarifverhandlung, die Teilnehmer an diesen Verhandlungen sind die Tarifparteien.

Naturgemäß wollen Arbeitnehmer ein möglichst hohes Arbeitsentgelt bekommen. Auf der anderen Seite wollen Unternehmen den Produktionsfaktor Arbeit so billig wie möglich einkaufen. Verdienen die Unternehmen sehr gut, werden die Gewerkschaften für ihre Mitglieder um sehr viel höhere Löhne kämpfen.

Wenn sich beide Seiten einigen, schließen sie einen Tarifvertrag ab.

In einem Tarifvertrag steht, welches Arbeitsentgelt in dieser Branche für welche Berufe und Berufserfahrung künftig bezahlt wird, wie viel Urlaubstage es gibt, wie viele Stunden in der Woche gearbeitet werden und viele weitere wichtige Regelungen.

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