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Leseprobe »Realität in Serie«: »Reality Matters«: Zur Rolle von Realität(en) in Fernsehserien

Dieser einleitende Beitrag verortet die realitätsaffine Fernsehserienkultur der Gegenwart in der aktuellen Konjunktur von Realitätsbehauptungen (und -anfechtungen) als Ressourcen im aufmerksamkeitsökonomischen Wettstreit. Ausgehend von der Beobachtung, dass populär- und insbesondere fernsehkulturelle Konventionen einen wichtigen Referenzpunkt für Praktiken des sog. postfaktischen Zeitalters darstellen, skizziert der Beitrag einige der zentralen »Realitätstraditionen« des Fernsehens und damit verbundene Forschungsdiskussionen. Die Einleitung schließt mit einem Überblick über die Beiträge im vorliegenden Band. Eine Leseprobe
Zerfließende Realität

In der Medienkultur und der mediatisierten Gesellschaft unserer Zeit scheint »die Realität« ein außerordentlich potentes und widersprüchliches Zeichen zu sein – ein zugleich heiß umkämpftes Attribut, politisch aufgeladenes Versprechen und markantes Sehnsuchtsobjekt. Nicht zuletzt unter dem Schlagwort der »Postfaktizität« bzw. »post-truth« wird seit einigen Jahren leidenschaftlich darüber debattiert, inwiefern die Diskurse der Öffentlichkeit (noch) an der Realität ausgerichtet sind; wie und wo Akteur:innen Abbildungen der Realität gezielt verzerren und welche Ziele sie damit verfolgen; und inwiefern die Medien, die als Vermittler dieser Diskurse fungieren, die Realität überhaupt wahrhaftig abbilden wollen oder können – und ob es nicht vielmehr zu ihren Affordanzen gehört, Realitätseffekte zu erzeugen, obwohl sie doch immer eine bestimmte Deutung der Realität konstruieren (vgl. beispielhaft McIntyre 2018; Weixler et al. 2021). Fluchtpunkt vieler dieser Debatten waren und sind die rechtspopulistischen Politiker:innen und Bewegungen der letzten Jahre (vgl. Lilleker 2018; Seargant 2020; Herrmann 2019), und hier ganz besonders Donald Trump und seine »MAGA«-Kampagne, dessen Verzerrungen der faktischen Realität – bspw. bezüglich der Besucherzahlen bei seiner Amtseinführung – eine neue Qualität und präzedenzlose Resonanz hatten. Neben der eklatanten Verfälschung von Fakten an sich war dabei die Diskursproduktion augenfällig, mit der etablierte Fakten und Faktizität in Frage gestellt und relativiert wurden. So ließ Trump seine damalige Beraterin Kellyanne Conway bekannterweise versuchen, die Unwahrheiten seines Teams als »alternative facts« zu legitimieren, während er selbst immer wieder daran arbeitete, unvorteilhafte Medienberichterstattungen als »fake news« zu delegitimieren.

Gerade am Beispiel Donald Trump und seiner Präsidentschaft wird deutlich, dass Wahrhaftigkeit und Realitätstreue nicht nur zu zentralen Streitobjekten in der Öffentlichkeit geworden sind, sondern auch dass sie – bzw. ihre Behauptung oder Anfechtung – als wichtige Ressourcen im politischen und im weiter gefassten aufmerksamkeitsökonomischen Wettstreit fungieren. Weiterhin zeigt sein Beispiel, welche zentrale Rolle Mediatisierung und Medien für den mutmaßlichen »post-truth turn« unserer Gesellschaften spielen. Trump ist in vielerlei Hinsicht ein Geschöpf der Medien: Er verdankt einen guten Teil seines ökonomischen wie politischen Kapitals seiner Selbstinszenierung in einer »Reality TV«-Serie, The Apprentice (2004–2017), die seine Managementkompetenzen und sein Vermögen über alle faktischen Grundierungen hinaus verklärte und damit zu einem wichtigen Baustein für die Kapitalisierung seines Selbst als brand wurde. Im Laufe seiner Präsidentschaft greift Trump dann regelmäßig auf Skripte und Formeln dieser Art von »Realitätsfernsehen« zurück, bzw. werden seine Verletzungen der institutionellen Normen und Gepflogenheiten der Präsidentschaft, die zentrale Elemente von Trumps politischen Performanz sind, regelmäßig so gelesen. So verweist bspw. Lucas Mann in The Atlantic auf »his obsession with ratings as a barometer of success, his love of pageantry, and his consistent muddying of the line between rumor and fact« (2018); Alyssa Rosenberg in the The Washington Post listet sein »pitting staffers against each other, conducting regular eliminations and elevating love-to-hate-them veterans of his actual television shows – such as Omarosa Manigault Newman – to starring roles« (2020); und, um ein letztes Beispiel herauszugreifen, Frank Scheck im Hollywood Reporter schreibt rückblickend nach Trumps Wahlniederlage für eine zweite Amtszeit:

Every reality show needs drama, and the administration provided it in spades. From the impeachment to the bitterly contentious Supreme Court confirmation hearings to the repulsive separating of migrant children from their parents to the Helsinki summit in which he sided with Vladimir Putin over our intelligence agencies, Trump has delivered one shocking twist after another. Ever the showman, he even teased future developments, such as his »Game of Thrones«-inspired poster, »Sanctions Are Coming«, for which he posed like a black sheep member of the Stark family. (2020)

Kommentare wie diese machen deutlich, dass Trumps postfaktische politische Performanz auf umfänglichen Traditionen der populären Medienkultur aufbaut – Traditionen, die in Entwicklungen wie dem »Reality TV« und den sozialen Medien, in denen Trump primär agierte, zwar neu gewendet werden mögen, die aber viel weiter und breiter zurückgreifen. Skandalös sind dabei nicht diese Traditionen an sich – Game of Thrones (2011–2019) und selbst The Apprentice sind durch frames der Fiktionalität und Unterhaltungsorientierung markiert, die Erwartungen an ihre Realitätshaftigkeit vermitteln. Skandalös ist vielmehr die Art und Weise, in der Trump die Skripte dieser Traditionen in politische Kontexte importierte, die der faktualen Wahrhaftigkeit in besonderer Weise verpflichtet sind, und ihre kulturelle Schlagkraft benutzte, um Realitätsbehauptungen aufzustellen und Realitätseffekte zu generieren.

Im Lichte solcher Entwicklungen und Debatten um den »post-truth turn« lohnt es daher, die Realitätsaffordanzen populärkultureller Medien, Genre und Formate noch einmal genauer in den Blick zu nehmen. Dabei lohnt ganz besonders ein interdisziplinärer Blick, der die vielfältigen, nur im Zusammenspiel verschiedener geistes- und sozialwissenschaftlicher Ansätze greifbaren Dimensionen von Realitätsbehauptungen und -effekten scharfstellt: die ganz unterschiedlichen Arten von Realitäten, auf die sich populärkulturelle Materialien beziehen und für sich reklamieren; die Mechaniken, mit denen sie Realitätseffekte erzeugen und mit einem Unterhaltungsversprechen verknüpfen; die kulturellen Kontexte, Traditionslinien und Versatzstücke, die sie dabei aufrufen; die Art und Weise, in der sie damit die Welt deuten und Wissensbestände erzeugen; die kulturelle Arbeit, die solche Weltdeutungen leisten; und nicht zuletzt die Frage, wie und warum Realität in der Populärkultur von Bedeutung ist – how reality matters. Dies möchte der vorliegende Band tun und fokussiert dabei auf die Fernsehkultur, der nicht nur um die Causa Trump eine besondere Bedeutung zukommt, sondern die insgesamt in den Medienpraktiken der westlichen Gesellschaften immer noch eine hervorgehobene Rolle spielt. Hinzu kommt, dass die Serialität, die den Großteil der Fernsehkultur organisiert, eine kulturdiagnostisch besonders vielversprechende Facette der medialen Realitätserzeugung freilegt: In der seriellen Fernsehkultur sind Realität und Realitätstreue etwas, das immer wieder erzeugt wird bzw. werden muss; etwas, dessen Skripte und Konventionen sich in der seriellen Wiederholung verdichten und dabei Erwartungshorizonte und Deutungsroutinen prägen, die Zuschauer:innen potentiell in andere Arenen ihres sozialen Lebens mitnehmen – und die serielle Fernsehkultur hat in den Jahren von »Quality TV« und »Peak TV« rasante Entwicklungen durchlaufen, die regelmäßig auch Realitätsbehauptungen und -effekte Bezug genommen haben.

1 Realität(shaftigkeit) in der Fernsehkultur: Traditionen und Diskussionslinien

Bevor die Interventionen und Schwerpunkte dieses Bandes vorgestellt werden, seien im Folgenden, in aller gebotener Kürze, einige der »Realitätstraditionen« und eben angesprochenen Entwicklungen der Fernsehkultur und damit verbundene Forschungsdiskussionen skizziert – mit Fokus auf die amerikanistischen Kontexte, aus denen die Autor:innen dieser Einleitung kommen. In den verschiedenen Formaten des Fernsehens treten Fragen um Realität unterschiedlich stark in Erscheinung – sie stellen sich aber grundsätzlich in praktisch allen Genres des Mediums und sind dabei oft deutlich vielschichtiger und nuancierter, als es manche TV-Serien von sich selbst behaupten. So sind bestimmte Formate zunächst einmal vornehmlich der Abbildung von Wirklichkeit verpflichtet, insbesondere in Nachrichtensendungen und Dokumentationen. Das Fernsehen als Trägermedium von Nachrichten hat sich maßgeblich nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA entwickelt (vgl. Leon 2015); seit der Gründung von CNN im Jahr 1980 sind heutzutage weltweit Fernsehsender, die 24 h am Tag Nachrichten übermitteln, zur Norm geworden (vgl. Cushion & Lewis 2010). Diese Formen von journalistischem, »faktischem« Fernsehen (factual TV) unterliegen einer Erwartung zugleich von Wahrheit und Realität: »Truthfulness is a defining characteristic of factual television. […] When programme makers produce factual television they offer audiences the promise of real events and experiences« (Hill 2007, S. 112). Dementsprechend sind Nachrichten ebenso wie TV-Dokumentationen einem dokumentarischen Modus verpflichtet (vgl. Kilborn & Izod 1997). Gleichzeitig sind diese Formate aber auf komplexe Weise mit anderen Modi verbunden, ebenso wie mit oft widersprüchlichen Ansprüchen seitens eines Publikums, von Nachrichten nicht nur informiert, sondern auch unterhalten zu werden (Kilborn & Izod 1997). Entsprechend stellt Annette Hill auch für die Programme des faktischen Fernsehens fest: »This is a world where things are not quite as they appear to be, where viewers constantly ask themselves ›is this real?‹« (2007, S. 1).

Denn tatsächlich handelt es sich bei einem Nachrichtenbeitrag zu einem bestimmten Ereignis immer nur um eine mögliche und in sich spezielle Art, dieses Ereignis darzustellen bzw. nachzuerzählen. Verschiedene Nachrichtensendungen können ein und dasselbe faktische Ereignis verschiedentlich abbilden, da es sich bei solchen Beiträgen natürlich nie um die Realität selbst, sondern um eine mögliche konstruierte und mediatisierte Form von ihr handelt. Indem beispielsweise eine Folge der Dokumentationsserie Our Planet (2019) Wälder im Pazifischen Nordwesten Nordamerikas darstellt und dabei die heutzutage vermehrt auftretenden Waldbrände heraushebt, macht sie damit eine Realitätsbehauptung, sie erhebt also Anspruch darauf, die Wirklichkeit – »the actual historical world« – im dokumentarischen Modus darzustellen (Kilborn & Izod 1997, S. 57). Faktisch kann die Folge damit aber nicht die Realität eines bestimmten Waldbestandes im Pazifischen Nordwesten abbilden, sondern nur eine mögliche Facette davon, also eine Darstellung von Wirklichkeit, die wiederum von einer anderen Dokumentation erweitert oder hinterfragt werden könnte, indem sie ähnliche Szenen aus einem anderen Blickwinkel zeigt oder andere Kausalitäten impliziert. Obwohl solche Formate also oft (explizit oder implizit) Anspruch erheben, die (einzige) Realität darzustellen, bilden sie stattdessen nur einen Teil des Mosaiks ab, aus dem sich unser mediatisiertes Verständnis von Realität ergibt (vgl. Couldry & Hepp 2016).

Zusätzlich zur grundsätzlichen Multiperspektivität dieser Darstellungen werden die Realitätsansprüche von faktischem Fernsehen dadurch verkompliziert, dass es sich auch bei Nachrichtensendungen und Dokumentationen letztlich um Narrative handelt, also um eine kuratierte Darstellung von Ereignissen, in der z. B. aus Gründen der Verständlichkeit Komplexität reduziert werden muss oder Kausalitäten verkürzt bzw. vereinfacht wiedergegeben werden müssen (vgl. Bignell 2004, S. 88–114; Dunn 2006). Anne Dunn hebt entsprechend hervor: »Television news uses conventions of narration and representation to shape the real« (2006, S. 151). Solche Narrative können wiederum auch mit bestimmten Ideologien verhaftet sein – politische wie persönliche –, die die Darstellungsweise (unbewusst oder absichtlich) beeinflussen. So funktionieren grundsätzlich zwar alle »Texte« und Narrative, jedoch führen solche ideologischen Tendenzen gerade bei faktischem Fernsehen zu kontroversen Debatten, weil sie dem vermeintlichen Verständnis entgegenstehen, dass eine rein »neutrale«, »objektive«, »ideologiefreie« Darstellung der Realität doch möglich sein müsste – was wiederum einem eher postmodernen Verständnis von multiplen Realitäten widerspricht. Besonders sichtbar sind solche Diskussionen dann auch entsprechend in politischen Dokumentationen, beispielsweise des Filmemachers Michael Moore (vgl. Benson & Snee 2015; McEnteer 2006), oder in TV-Dokumentationen, die sich mit Kriminalfällen beschäftigen, insbesondere im »true crime«-Genre (vgl. Horeck 2019; Keeler 2020). Insgesamt ist Fernsehen also auch im dokumentarischen Modus nicht nur an der »Reportage« von bzw. dem Berichten über Realität beteiligt, sondern viel grundlegender an der Entstehung von Realitäten.

Demgegenüber hat fiktionales Fernsehen allerdings ebenso eine Affinität zur Realität, wenn auch auf unterschiedlich stark prononcierte Weise. Eine Serie wie House of Cards (2013–2018) oder Game of Thrones ist natürlich eindeutig fiktional, sie erhebt also keinen Anspruch, dass die in ihr dargestellten Ereignisse tatsächlich passiert wären. Trotzdem lehnen sich fiktionale Welten an unsere Realität an oder müssen diese teilweise darstellen, um sich dann von ihr abzugrenzen zu können (z. B. durch fantastische Figuren in Fantasy- oder Science-Fiction-Shows), sie können auf »wahren Begebenheiten«1 oder historischen Persönlichkeiten basieren, sie spielen teils in real existierenden Orten und Städten (und werden zum Teil wiederum in ganz anderen gedreht) oder behandeln grundsätzlich Themen und Fragen, die uns auch in unserer eigenen Realität umtreiben. Auch wenn also beispielsweise Frank Underwood in House of Cards reine Fiktion ist, so verfolgen wir ihn immer wieder auch bei politischen Handlungen z. B. im US-Repräsentantenhaus oder im Weißen Haus, was dabei jeweils implizit auf die reale Existenz dieser Orte und dieser politischen Prozesse verweist – und damit auch durchaus das reale Politikverständnis der Zuschauenden informieren kann (vgl. Besand, 2018).2 In diesem Sinne finden sich in praktisch jeder Fiktion auch immer mehrere Realitätsreferenzen.

Der Verweis auf Realität in fiktionalen Serien wird außerdem von Debatten um Realismus in verschiedenen TV-Genres angetrieben. Aus kulturwissenschaftlicher Sicht vielleicht weniger spannend – wenn auch im Feuilleton gern diskutiert – erscheinen dabei Fragen, wie (historisch) »authentisch« eine bestimmte Serie etwas darstellt, oder wie »realistisch« es ist, dass sich z. B. die Figuren der Serie Friends (1994–2004) Apartments in New York City leisten können (vgl. DeMarco et al. 2017). Um hingegen die kulturelle Arbeit von Realitätsreferenzen im fiktionalen Fernsehen zu untersuchen, lassen sich solche Fragestellungen produktiver mit einem Verständnis von Realismus als (literarischem) Modus fassen (vgl. Jackson 1981, S. 13–60), der darauf baut, Darstellungen möglichst realitätsnah erscheinen zu lassen, und dem sich bestimmte TV-Produktionen (oft auch nur teilweise oder punktuell) verschreiben können. So wird beispielsweise das Genre des US-Westerns immer wieder von Debatten um Realismus motiviert: Während die »klassischen« Fernsehserien und -filme des Westerns von typischen US-amerikanischen Mythen um die frontier und rugged individualism ideologisch vereinnahmt sind, zeichnen sich spätere Serien dadurch aus, dass sie gerade solche Mythen durch einen verstärkten Fokus auf Realismus in ihren Darstellungen hinterfragen wollen (vgl. Loy 2014; Rollins & O’Connor 2005; Georgi-Findlay in diesem Band). Serien wie Westworld, das Science Fiction und Western zugleich ist, verweisen wiederum auf solche Genre-Diskurse auf metatextuelle Weise (Schubert 2019, S. 258–261; vgl. auch Georgi-Findlay & Kanzler 2018).

Weiterhin finden sich Realismusdiskurse besonders häufig in Diskussionen um das so genannte »Quality TV«, insbesondere indem Serien eine Darstellung möglichst streng im realistischen Modus als Distinktionsmerkmal positionieren, um somit als »Quality TV« anerkannt zu werden (vgl. Hassler-Forest 2014; McCabe & Akass 2007).3 Wiederum ein anderer (Neben-)Effekt von Realitätsbezügen in fiktionalen Serien betrifft Darstellungen, die zwar im realistischen Modus operieren (also auf Realitätseffekte bauen), aber gleichzeitig keinerlei Anspruch erheben, die Realität unbedingt wirklichkeitsgetreu abzubilden – was dadurch aber das Verständnis bestimmter Realitäten beeinflussen und verzerren kann. Beispielsweise spricht man in Bezug auf die Krimiserie CSI (2000–2015) vom »CSI-Effekt«, der das Phänomen beschreibt, dass die übertrieben akkurat und selbstsicher dargestellten Methoden der Kriminaltechnik und Gerichtsmedizin in der TV-Serie dazu geführt haben, dass Geschworene in US-Gerichtssälen übersteigerte Erwartungen an die Beweislast realer Untersuchungen haben (vgl. Byers & Johnson 2009). Auf all diese (und weitere) Arten sind also auch fiktionale Fernsehserien mit Fragen um Realität verwoben und konstituieren – sei es durch Bezug auf unsere Wirklichkeit oder durch Abgrenzung von ihr – immer neue Realitäten.

In der zeitgenössischen Fernsehlandschaft sind diese beiden Impulse – der eher dokumentarische Modus, der dennoch fiktionalisiert, und der eher fiktionale Modus, der dennoch Realitätsbehauptungen aufstellt – allerdings keine eindeutigen Gegensätze (mehr), sondern verschwimmen immer stärker in spezifischen Serien und Formaten. Besonders in den letzten zwei Jahrzehnten haben solche hybriden Formate zugenommen und ein großes Publikum gefunden. Paradebeispiel für dieses Phänomen ist das bereits eingangs erwähnte »Reality TV«, das also schon im Namen eine Referenz auf Realität macht und demnach einen entsprechenden Bezug beansprucht, aber gleichzeitig keineswegs als realistisch oder faktisch zu verstehen ist – und dennoch aber auch nicht nur rein fiktional. Von American Idol (2002–2016, 2018-) über The Bachelor (2002-) bis Keeping Up with the Kardashians (2007–2021) dominieren »Reality TV«-Formate seit einigen Jahren insbesondere das US-Fernsehen (Edwards 2013, S. 1). Einige dieser Serien setzen auf Techniken aus dem dokumentarischen Modus, wie die Verwendung von Handkameras oder der Verzicht auf ein Voiceover (Ouellette & Murray 2004, S. 7), sind aber zugleich von eindeutig gestellten Szenen und gescripteten Dialogen oder »Plots« gekennzeichnet. Dabei ist es sicherlich nicht so, dass das Publikum dieser Serien tatsächlich glaubt, dass das Gezeigte real wäre, aber vielmehr ergibt sich ein komplexeres Verhältnis zwischen dem Verlangen nach etwas »Realem« und dem gleichzeitigen Wissen, dass es sich hierbei um Fiktion handelt: »Although reality TV whets our desire for the authentic, much of our engagement with such texts paradoxically hinges on our awareness that what we are watching is constructed and contains »fictional« elements« (Ouellette & Murray 2004, S. 7). Dadurch werden wir letztlich mit einem kulturellen Artefakt konfrontiert, »that encourages viewers to test out their own notions of the real, the ordinary, and the intimate against the representations before them« (Ouellette & Murray 2004, S. 8). In der Fernsehforschung hat »Reality TV« in den letzten Jahren besonders viel Beachtung gefunden (vgl. u. a. Biressi & Nunn 2005; Escoffery 2014; Holmes & Jermyn, 2004; Kraszewski, 2017), wohl auch aufgrund seiner Popularität, die darauf schließen lässt, dass es weltweit ein potenziell großes Publikum gibt, das an diesen Vermischungen von Realität und Fiktion interessiert ist.4

Ähnliche Verflechtungen finden sich darüber hinaus aber in weiteren Sphären des zeitgenössischen Fernsehens. So können Formate wie die Docusoap oder Scripted Reality zwar als Formen des »Reality TV« verstanden werden, zugleich sind sie aber auch Ausprägungen eines größeren Trends zum Info- oder Edutainment, dessen Mix aus Unterhaltung und Information/Bildung auch mit Realitätsvermischungen einhergeht. Jenseits des »Reality TV« sind stärkere Verwebungen von Fiktion und Realität aber auch beim bereits genannten »Quality TV« zu erkennen, indem sich fiktionale Produktionen durch einen Fokus auf Realismus kulturelles Prestige versprechen, also auf Realismus in ihrer Darstellung als »Qualitätsmerkmal« setzen. Im Bereich der Sitcom spielt das Untergenre der Mockumentary mit dem dokumentarischen Modus, indem nur simuliert wird, dass es sich um eine Dokumentation handelt, z. B. in Serien wie The Office (2005–2013), Parks and Recreation (2009–2015) oder Modern Family (2009–2020) (vgl. Nardi, 2017; Wallace, 2018). Im populären und vielfältigen Genre der Krimiserien sind TV-Produktionen des true crime ein Paradebeispiel für das Vermischen von Fakten – ein tatsächlicher, echter Kriminalfall – mit fiktionalen Umsetzungsstrategien (vgl. Murley, 2008; Seltzer, 2013; sowie in diesem Band Spieler; Schubert). Um ein letztes Beispiel zu nennen: Auch im Bereich der Fernsehnachrichten finden sich verstärkt hybride Formate zwischen Realität und Fiktion, darunter insbesondere late night talk/comedy shows, die in den letzten Jahren (vor allem während der Trump-Präsidentschaft) verstärkt über politische Ereignisse berichten, diese mit Satire und Übertreibung vermischen und dadurch zwar eigentlich primär unterhalten wollen, aber gleichzeitig auch eine Funktion ähnlich wie Nachrichtensendungen einnehmen können (vgl. Farnsworth & Lichter, 2019; Lichter, 2018).

2 Realitätsbehauptungen in zeitgenössischen Fernsehserien

Es ist diese Fernsehkultur der zunehmenden Verflechtung – zwischen Fiktionalität und Faktualität, zwischen Genres mit jeweils eigenen »Realitätssignaturen«, und befeuert von Distinktionsbemühungen, die auf Realitätsbehauptungen und -effekte rekurrieren –, mit denen sich die Beiträge dieses Bandes beschäftigen. Sie tun dies im Modus von Fallstudien zu einzelnen Fernsehserien oder -genres, die jeweils ausgewählten Aspekten des Phänomenfeldes nachspüren. Mithilfe disziplinär und methodisch vielfältiger Forschungsperspektiven stellen sie dabei scharf, auf welchen Ebenen Realitätsbehauptungen in der zeitgenössischen Fernsehkultur eine Rolle spielen, um welche Arten von Realität es sich dabei handelt und was solche Realitätsbehauptungen machen – im Material selbst, im Ökosystem der populären Medienkultur und in den gesellschaftlichen Konstellationen, in denen die Materialien zirkulieren.

Unter den realitätsaffinen Serienformaten genießt das true-crime-Genre seit einigen Jahren eine besondere Konjunktur – entsprechend gibt es zwei Artikel, die sich diesem Genre, aus jeweils unterschiedlichen Perspektiven, nähern. Sophie Spielers Beitrag »Zwischen Lust und Unbehagen: True crime im legitimatorischen Spannungsfeld von kultureller Gentrifizierung und Ghettoisierung« untersucht true crime anhand eines Grunddilemmas des Genres, nämlich der Frage, wie sich aus dem Leiden von Charakteren, die als real markiert sind, Unterhaltung produzieren lässt. Anhand der Analyse zweier verschiedener Vertreter des Genres, der Dokumentarserie Making a Murderer (2015–2018) und der »Reality TV«-Serie Cops (1989-), identifiziert der Beitrag zwei Strategien, derer sich das Genre bedient, um diesem Dilemma zu begegnen: Gentrifizierung und Ghettoisierung. Unter ersterem können verschiedene Methoden gefasst werden, mit denen sich einige true-crime-Serien dem Qualitätsfernsehen verschreiben wollen, beispielsweise durch einen Fokus auf formale Ästhetik und Systemkritik, während man unter Ghettoisierung insbesondere Techniken zur Unmittelbarkeit und Spektakularisierung fassen kann. Wie Spieler argumentiert, vermag es allerdings keine der beiden Strategien, das Dilemma des Genres zu lösen; stattdessen zeigt der Beitrag auf, wie dieses teilweise durch die Schaffung ganz neuer Realitäten in den (und um die) Serien noch verschärft wird.

Stefan Schuberts »Watching for the Plot? Rezeptionspraktiken und Narrative um soziale Klasse und Gerechtigkeit in Making a Murderer und The Staircase« widmet sich der Appellationsstruktur von true-crime-Serien. Sein Beitrag charakterisiert diese Appellationsstruktur als ausgesprochen widersprüchlich: Einerseits, so Schuberts Argument, adressieren Serien wie Making a Murderer und The Staircase (2004, 2013, 2018) ihr Publikum als Co-Ermittler:innen, die dazu eingeladen werden, an der Lösung der Frage nach dem jeweiligen Täter bzw. der Täterin mitzuarbeiten. Durch ihre Realitätsbezüge bemühen sich die Serien dabei, den Reiz solcher Whodunnit-Rätsel, die aus dem Krimi-Genre vertraut sind, noch zusätzlich zu erhöhen. Andererseits rücken die Serien die Schuld-Frage jedoch immer wieder ostentativ in den Hintergrund und fokussieren ihre Narrative auf die gesellschaftlichen Strukturen, in die Straftaten eingebettet sind, und auf damit zusammenhängende Fragen um soziale Gerechtigkeit. Die Spannung zwischen diesen beiden gegensätzlichen Impulsen ist laut Schubert zentral für die Appellationsstruktur von true-crime-Formaten und konfiguriert die Praktiken der interpretive communities, die sich um solche Serien formieren.

Martin Lüthes Beitrag »»This is where the magic happens!«: MTV Cribs, race, und die Realitäten von neoliberalem Celebrity-TV« beschäftigt sich mit dem Phänomenfeld des »Reality TV« und betrachtet einen seiner frühesten und populärsten Vertreter, die MTV-Serie Cribs (2000-), in der Prominente einen Einblick in ihre luxuriösen Häuser gewähren. Für ein besseres Verständnis davon, wie in MTV Cribs Realitäten verhandelt werden, schlägt Lüthe das aus der Hip-Hop-Kultur stammende Konzept der realness vor. Dementsprechend arbeitet der Beitrag anhand einer Analyse von beispielhaften Episoden heraus, wie in der Serie Realität bzw. viel mehr realness performiert und erzeugt wird – und wie diese Produktionslogiken wiederum ideologisch mit neoliberalen Identitätskonstruktionen sowie mit Diskursen um race verbunden sind. Damit trägt der Beitrag zum einen zu einem besseren Verständnis von MTV Cribs und seiner transnationalen Bedeutung bei, zum anderen lassen sich Lüthes Analysen aber auch als wichtiger Impuls für Untersuchungen zu Realitätsbezügen im »Reality TV« allgemein verstehen.

Brigitte Georgi-Findlays Artikel »›It’s honest, it’s adult, it’s realistic‹: Realitätsbehauptungen in Western-Serien« untersucht die Entwicklung von Realitätsbezügen und -ansprüchen im Western – einem Genre, das in besonderer Weise von der Spannung zwischen Wahrhaftigkeitsbehauptung, bezogen auf die Darstellung der Geschichte des »alten Westens«, und Mythenbildung geprägt ist. Der Beitrag geht dem Umgang von Fernsehwestern mit dieser Spannung sowohl mittels einer Betrachtung der zeitgenössischen Diskurse um die Serien als auch durch eine Analyse der filmischen Umsetzung der Serien selbst nach. Die historische Rekonstruktion dieser Veränderungen – von Gunsmoke (1955–1975) bis Westworld (2016-), sowie teils mit Bezügen zum Kinowestern – erlaubt es Georgi-Findlay, dabei auch scharfzustellen, inwiefern sich Evokationen von Realität und Authentizität in verschiedenen Epochen auch immer wieder anderer Techniken und Elemente bedienen.

Wie andere Kommunikationspraktiken auch, markieren Fernsehserien Realitätsbehauptungen regelmäßig durch Abgrenzung gegenüber einem Außen von Realität und Realitätshaftigkeit, das unterschiedlich akzentuiert sein kann, als Fiktion beispielsweise, als Lüge oder als fake. Christian Schwarkes »Transzendenzeinbrüche: Visualisierungen der Hand of God (2014–2017) und andere Risse durch die Realität« fokussiert auf ein anderes Außen von Realität: das Irreale, im Sinne von Welten und Wesen, die aus den »Realwelten«, von denen Fernsehserien erzählen, herausfallen bzw. ihnen gegenüber stehen. Der Theologe Schwarke nähert sich diesem fernsehkulturell hergestellten Irrealen, indem er es zur Kategorie des Transzendenten und den damit zusammenhängenden Darstellungskonventionen in Beziehung setzt. Seine zentrale Frage ist, wie Fernsehserien dieses Irreale/Transzendente narrativ und bildsprachlich konstruieren und wie sie es mit »der Realität« konfrontieren. Unter Bezug auf eine Vielzahl von Serien identifiziert er vier wiederkehrende Muster in der Inszenierung des Transzendenten und seines Verhältnisses zu erzählten Realwelten und lenkt dabei insbesondere den Blick auf Inszenierungsmuster, die das Reale und Irreale als komplex miteinander verschränkt denken.

Maria Sulimmas Artikel »Wie viel Hitze verträgt ein Trinkwasserspender? Zu gegenderter Kanonbildung, Legitimität und einer kritischen Sphäre des Fernsehens« lenkt die Aufmerksamkeit von den Fernsehserien selbst hin zum Sprechen und Schreiben über Fernsehserien – zu Diskurspraktiken also, die sich vom sprichwörtlichen water cooler talk über Äußerungen in sozialen Medien, Fan- und journalistischen Publikationen bis ins Feld der Kultur- und Medienwissenschaften ziehen, und die als Medienpraktiken ein zentrales Element der Fernsehkultur darstellen. Konkret geht es ihr um den Prozess der Kanonbildung, an dem solche Diskurspraktiken insbesondere in den letzten Jahrzehnten gearbeitet haben, mit dem Ziel, einige Serien im Sinne eines erneuten »goldenen Zeitalters« als »Qualitätsfernsehen« herauszustellen. Diese Diskurspraktiken, so Sulimma, gehen regelmäßig mit großer normativer Wucht vor und postulieren bestimmte Kriterien auf eine Weise als Distinktionsmerkmale »guter« Fernsehserien, die solche Kriterien als Diskursrealitäten setzt und unverfügbar macht für Aushandlungs- und Reflexionsprozesse. Zu genau einer solchen kritischen Reflexion lädt Sulimmas Beitrag ein, indem er herausarbeitet, wie die Kanonbildung um das »Quality TV« entlang gegenderter Trennungslinien vorging. Diesen Wechselwirkungen zwischen Fernsehkultur, -kritik und -industrie sowie zwischen Distinktionsdebatten und Geschlechterkonstruktionen geht Sulimma aus verschiedenen Blickwinkeln nach und schließt mit einer Fallstudie zu HBOs Girls (2012–2017), die die Produktion als Versuch einer weiblich orientierten »Qualitätsserie« liest.

Anja Besands Beitrag »Reale Politik im Serienmodus: Oder warum Podcasts TV-Serien gerade den Rang ablaufen« weitet den Blick schließlich von einem ausschließlichen Fokus auf Fernsehserien hin zu einer medial vielfältigeren Serienkultur. Ausgehend von autoethnographischen Reflexionen über ihre eigenen Medienpraktiken stellt Besand die Frage, ob nicht die Konjunktur des »Peak TV« am Abebben ist und andere mediale Formate kulturell wichtiger geworden sind als Fernsehserien. Im Zentrum ihres Interesses stehen dabei politische Podcasts, die gerade im Kontext der Präsidentschaft von Donald Trump eine erhebliche Anziehungskraft entwickelten. Aus politikdidaktischer Sicht zeichnet Besand nach, wie solche Podcasts mit Konventionen arbeiten, die aus fiktionalen Fernsehserien vertraut sind und dabei die Grenze zwischen Politik und Fernsehunterhaltung auf eine Weise verwischen, die in entscheidendem Maße von entsprechenden Grenzverschiebungen in der Amtsführung Donald Trumps geprägt ist.

Realitätsbehauptungen, -effekte und -bezüge spielen also auf ganz verschiedenen Ebenen eine prominente Rolle in der zeitgenössischen Fernsehserienkultur. Sie sind strategische Ressourcen für Akteur:innen im Feld, von der TV-Industrie über Rezipient:innen-Gemeinschaften bis hin zu Politiker:innen; sie sind hochpotent, können müde gelaufene Genres neu beleben, Distinktionsvorsprünge ermöglichen, Zuschauer:innen affizieren. Sie sind oft voller Widersprüche, mühsam hergestellt, von präexistenten Weltsichten gestützt (und diese stützend); sie konfigurieren die kulturelle Arbeit, die Fernsehserien leisten, sowie die Art von Reflexion über Gesellschaft, die in ihnen stattfindet. Dabei werden die unterschiedlichsten Dimensionen und Arten von Realität – historische, gesellschaftliche, empirisch beobachtbare, politisch virulente, diskurssetzende – in Fernsehserien aufgerufen oder erst erzeugt; sie werden verstärkt, hinterfragt, verfälscht, politisiert oder anderweitig ideologisch aufgeladen oder auch nur ironisch und metatextuell bedient. Die Serialität des Fernsehens macht diese Arbeit an der Realität dabei in besonderer Weise plastisch, führt sie doch immer wieder zu neuen, iterativ aufeinander verweisenden Realitätsbehauptungen: Realität in Serie.

Notes

  1. Eine weitere Verkomplizierung eines solchen Realitätsbezugs stellt z. B. die Serie Fargo (2014-) dar, von der jede Folge mit dem Titel »This is a true story« beginnt. Genau wie im gleichnamigen Film von 1996 stimmt diese Aussage schlichtweg nicht, sie funktioniert aber dennoch als Genre-Marker und kann beeinflussen, wie das Publikum die fiktionalen Ereignisse wahrnimmt – einfach dadurch, dass hier ein Realitätsbezug behauptet wird.
  2. Wie Sebastian M. Herrmann herausstellt, ranken sich in US-amerikanischen politischen Fiktionen insbesondere um die Figur des Präsidenten vielfältige Irrealitätsdiskurse, beispielsweise in Behauptungen, dass Realitäten durch image campaigns künstlich kreiert werden können, was sich u. a. in Diskussionen um den dominanten Einsatz des Fernsehens während der Präsidentschaft von Richard Nixon zeigte (2014, S. 163–166).
  3. Dies kann auf ganz unterschiedliche Arten geschehen, z. B. durch einen Fokus auf Gewalt oder Sex (oder, oftmals, beidem) in HBO-Serien wie The Sopranos (1999–2007), Sex and the City (1998–2004) oder Game of Thrones, was auch deswegen als realistisch empfunden wird, weil die von Zensur bestimmten Serien auf Kabelsendern solche Szenen nicht darstellen können (vgl. DeFino 2013; Vest 2010); durch einen langsameren Erzählstil, der sich beispielsweise institutionellen und prozessualen Details widmet, wie in The Wire (2002–2008) (vgl. Kelleter 2014; Twomey 2020); oder durch eine akribische audiovisuelle Ästhetik, wie in der Serie Mad Men (2007–2015), die ihre Kulissen und die Atmosphäre der fünfziger Jahre besonders »authentisch« darstellen möchte und gleichzeitig auf komplexe Art mit Nostalgieästhetiken verbunden ist (vgl. Ravizza 2020, S. 25–86; Sprengler 2011) – um nur einige Beispiele zu nennen. Wie Maria Sulimma in diesem Band herausarbeitet, sind die Behauptungen darum, was als »Quality TV« verstanden wird, oftmals stark gegendert.
  4. Die formalen, ästhetischen und oftmals invektiven Logiken des »Reality TV« haben, wie bereits erwähnt, auch den US-Wahlkampf und die -Präsidentschaft von Donald Trump auf eine Weise geprägt, die für die Allgegenwärtigkeit des Fernsehens auch jenseits des eigentlichen Mediums spricht (vgl. Kanzler und Scharlaj 2017; Maeder et al. 2020).

Literatur

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Benson, T. W., & Snee, B. J. (Hrsg.). (2015). Michael Moore and the rhetoric of documentary. Carbondale: SIU Press.

Besand, A. (Hrsg.). (2018). Von Game of Thrones bis House of Cards: Politische Perspektiven in Fernsehserien. Wiesbaden: Springer VS.

Bignell, J. (2004). An introduction to television studies. London: Routledge.

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