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Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen: Giftpflanzen

Giftpflanzen
Viele Pflanzen haben im Laufe ihrer Evolution Stoffe entwickelt, die auch ihrem Schutz gegen äußere Einflüsse, z.B. Schädlingsbefall, dienen. Diese können bei unsachgemäßem Gebrauch teilweise sehr toxisch sein. Der Verzehr der entsprechenden Pflanzenteile durch den Menschen kann mitunter zu lebensgefährlichen Vergiftungen führen. Auch gibt es zahlreiche Pflanzen, die bereits bei Berührung zu Hauterkrankungen führen können. Man kennt über 1000 Pflanzen, die weit über 750 toxische Inhaltsstoffe produzieren und im engeren Sinne als Giftpflanzen bezeichnet werden können. Dabei gilt auch für diese Pflanzen, daß die Dosis die Toxizität bestimmt. Die Giftigkeit vieler Pflanzen war bereits im Altertum bekannt und wurde für Giftmorde (z.B. Eibe), Todesurteile (z.B. Gefleckter Schierling) oder auch zur Bereitung von Pfeilgiften (z.B. Strophanthussamen oder Curare) genutzt. Viele der Giftpflanzen werden in entsprechender Dosierung als Arzneipflanzen genutzt oder dienen heute zur Gewinnung wichtiger Arzneimittel, u.a. die Blätter des Roten Fingerhuts oder der Tollkirsche. Tabelle 1 enthält eine Auswahl der in Haus und Garten oft vorhandenen sog. Giftpflanzen. Im Vergleich zu Vergiftungen, die durch chemische Stoffe, insbes. Medikamente, Haushaltsprodukte und technische Stoffe hervorgerufen werden, ist die Zahl der Vergiftungen durch Pflanzen vergleichsweise gering. Sie liegt, auch hinsichtlich der registrierten Beratungsfälle durch die zuständigen Stellen, deutlich unter 10 % im Vergleich zu anderen Fällen. Dennoch registrierte allein die Berliner Beratungsstelle für Vergiftungen in den vergangenen 25 Jahren z.B. für die Eibe 2722 und für Goldregen 2131 Beratungen. Ergänzend zu den obigen Angaben enthält Tabelle 2 eine Auswahl wichtiger pflanzlicher Gifte.

Tabelle 1 Giftpflanzen

Deutsche Bezeichnung lateinische Bezeichnung Giftstoff(e)
Toxische Gartenpflanzen
Adonisröschen Adonis vernalis Cardenolide
Aralie Aralia spinosa unbekannt
Aronstab Arum L.spec. unbekannt
Berberitze Berberis vulgaris u.a. Berberin
Blasenstrauch Colutea L.spec. unbekannt
Seidelbast Daphne mezereum u.a. Mezerein
Rittersporn Delphinum L. spec. Alkaloide
Fingerhut, Roter Digitalis purpurea Cardenolide
Paffenhütchen Euonymus europaeus Cardenolide
Goldregen Laburnum anagyroides Alkaloide
Bocksdorn Lycium halimifolium Alkaloide
Rizinus Ricinus communis toxische Lectine (Ricin)
Robinie Robinia pseudacacia toxische Lectine
Eibe Taxus baccata Alkaloide

Toxische Zimmerpflanzen
Flamingoblume Anthurium Schott u.a. Calciumoxalate
Klivie Clivia Lindl.spec. Alkaloide
Alpenveilchen Cyclamen L. spec. u.a. Saponine
Schweigrohr Dieffenbachia Schott.sp. u.a. Calciumoxalate
Oleander Nerium oleander Cardenolide
Giftprimel Primula obconica Primin

Tabelle 2 Giftpflanzen

Giftstoff Pflanze Akute Toxizität Wirkung
Abrin Abrus precatorius LD50(M i.p.)0,02 mg/kg hemmt die Proteinbiosynthese, Gastroenteritis
Aconitin Aconitum-Arten LD50(M i.v.) 0,16 mg/kg erregend,danach lähmend auf ZNS
Adonitoxin Adonis vernalis LD50(M)191 μg/kg Herzglykosid
Allylsenföl Brassica nigra LD50 (M p.o.)108 mg/kg schleimhautreizend
Atropin Atropa belladonna LD (H) 60-100 mg Parasympatholytikum
Brucin Strychnos nux-vomica LDLo(H) 30 mg Krampfgift
Cicutoxin Cicuta virosa LDLo (K p.o.) 7 mg/kg Krampfgift
Colchicin Colchicum autumnale LD (H) 20 mg Mitosehemmstoff, Kapillargift
Coniin Conium maculatum LD (H) 500 mg Paralyse der motorischenn Nervenendigungen
Digitoxin Digitalis purpurea LD50 (K p.o.) 0,18 mg/kg Herzglykosid
L-Hyoscyamin u.a.Hyoscyamus niger LD (H) 60-100 mg Parasympatholytikum
Mescalin Lophora Williamsii LD50 (M i.p.) 212 mg/kg halluzinogen, teratogen
Morphin Papaver somniferum LD50 (H) 300-500 mg zentral analgetisch, Atemdepression
Nicotin Nicotiana tabacum LDLo (H) 40 mg Ganglienblocker
Physostigmin Physostigma venenosum LD50 (M p.o.) 3 mg/kg indirektes Parasympathomimetikum
Picrotoxin Anamirta cocculus LD50 (M i.p.) 4 mg/kg zentrales Krampfgift
Ricin Ricinus communis LD50 (M i.v.) 12μg/kg hemmt die Proteinbiosynthese
Spartein Cytisus scoparius LDLo (KA i.v.) 30 mg/kg Herzlähmung
g-Strophanthin Strophanthus-Arten LD (K i.v.) 0,15 mg/kg Herzlähmung
Strychnin Strychnos nux-vomica LDLo (H) 30 mg Krampfgift
Tubocurarin Chondodendron-Arten LD (H) 50-120 mg Paralyse der motorischen Nervenendigungen

Abkürzungen: K: Katze, M: Maus, H: Mensch, i.v.: intraperitoneal, LDLo: minimale letale Dosis

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