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Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen: Physostigma venenosum

Physostigma venenosum Balfour
Calabarbohne (syn. Gottesgerichtsbohne, Gottesurteilsbohne, Kalabarbohne).
Fam.: Fabaceae.
Vork.: tropisches Westafrika, besonders Nigeria, kleinere Vorkommen in Indien und Brasilien (eingeschleppt).
Droge: Calabar semen (syn. Semen Calabar, Faba Calabaricae, Fabae Calabaricae, Fabae Calabariensis, Fabae Physostigmatis, Semen Calabaricae, Semen Physostigmatis); Calabarbohne (syn. Eserébohne, Eserésamen, Gottesgerichtsbohnen, Gottesurteilsbohnen, Kalabarbohnen, Kalabarsamen), die reifen Samen; vgl. Abbildung. Inh.: Indolalkaloide (0,3-0,5 %), v.a. Physostigmin, Geneserin vgl. Formel, Physovenin, Eseramin; fettes Öl, Stärke, Proteine, Harz und Farbstoffe. Anw.: zur Isolation des Physostigmins. In der Volksheilkunde wird die Droge bei Herzkrankheiten, Wundrose, Arthritis, Rheuma, Spasmen, Koliken, Glaukom und Entzündungen eingesesetzt.
Hom.: Calabar HAB 34; die getrockneten Samen von Physostigma venenosum. Anw.-Geb.: Krämpfe, Lähmigkeit, Lähmungen.
Histor.: Calabarbohnen wurden von den Eingeborenen Westafrikas zur Vollstreckung von Gottesurteilen verwendet, der Tod tritt dabei durch Atemlähmung ein. Überlebte der Delinquent die orale Applikation einer größeren Anzahl von Calabarbohnen, was in der Regel durch Erbrechen und somit schneller Ausscheidung der toxischen Samen vor sich ging, so stand seine Unschuld fest; starb er, so galt er als schuldig. Die schnelle Aufnahme großer Mengen von Calabarbohnen führt oft zur Magenreizung mit nachfolgendem heftigen Erbrechen, während letale Plasmaspiegel eher durch kleine Samenmengen und langsamer Aufnahme erzielt werden, da hierbei kein Erbrechen ausgelöst wird. Auch als Mittel zum gezielten Töten wurde die Droge bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts in Westafrika verwendet. Insbesondere wenn eine hochgestellte Persönlichkeit verstorben war, wurden ganze Volksstämme mit Calabarbohnen vergiftet, um zu gewährleisten, daß der Verstorbene im Totenreich genug Sklaven, Frauen und Männer zur Verfügung hatte. Die englische Kolonialmacht verbot 1878 dieses Treiben und den Besitz von Calabarbohnen generell. Auch heute ist der Besitz der Droge in Nigeria unter Androhung von Strafe verboten. Der Gattungsname Physostigma geht aus dem griechischen phýsa (Blase) und stigma (Narbe) hervor und bezieht sich auf die großen angeschwollenen Narben; venosum bedeutet giftig. Der Name Calabar steht im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Herkunftsgebiet der Droge, der westafrikanischen Provinz bzw. Hafenstadt Calabar.



Physostigma venenosum, Calabar semen, Calabarbohne



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