Direkt zum Inhalt

Lexikon der Astronomie: anthropisches Prinzip

anthropos, altgrch. Mensch Dieses Prinzip, benannt nach dem altgriechischen Wort anthropos für Mensch, findet Anwendung in der Kosmologie und besagt verkürzt:

Wir sehen das Universum so, wie es ist, weil wir hier sind, um es zu sehen.

Ausgangspunkt des anthropischen Prinzips ist die Frage nach der Beschaffenheit des Universums. Warum ist es gerade so, wie wir es beobachten, und nicht anders? Die Antwort liegt nach Auslegung des anthropischen Prinzips in unserer Existenz: physikalisch sind durchaus andere Realisierungen des Universums denkbar. Weil aber nur bestimmte, mögliche Universen die Existenz des Menschen zulassen, muss das Universum so sein, wie wir es beobachten, denn wir sind hier, um es zu beobachten.

Zwei Formulierungen des anthropischen Prinzips

  • schwaches anthropisches Prinzip: Die Bedingungen für die Entwicklung des Lebens werden nur in bestimmten Gebieten des Weltalls angetroffen.
  • starkes anthropisches Prinzip: Die Bedingungen für die Entwicklung des Lebens werden nur in wenigen Universen angetroffen.

Das schwache anthropische Prinzip besagt, dass das Universum zunächst eine Entwicklung durchmachen muss, bevor Leben entsteht. Die Entwicklung geht über die Bildung der Teilchenspezies, Atomen und Molekülen, dem Verklumpen von intergalaktischer Materie zu Galaxien aus gravitativen Instabilitäten, der Entstehung von Sternen in Galaxien, der Bildung von Planeten um einige Sterne bis hin zur Entstehung des Lebens auf ausgewählten Planeten. Dieser Prozess dauert seine Zeit, augenscheinlich so lange, wie unser Universum gebraucht hat: etwa 13.7 Milliarden Jahre. Das lokale Universum (bei einer kosmologischen Rotverschiebung von z = 0) erfüllt demnach erst die Bedingungen für Leben. Wie jeder weiß: Die Beobachtung stützt dies.
Das starke anthropische Prinzip ist eine Modifikation, die mit der Viele-Welten-Theorie aufkam. Im Rahmen einer Quantenkosmologie kann man Mechanismen der Quantentheorie auf kosmologische Modelle übertragen: die Erzeugung und Vernichtung von Teilchen besitze eine Analogie in der Erzeugung und Vernichtung von Universen! Dies führe gemäß Everett und Wheeler auf die Interpretationsmöglichkeit, dass nicht nur ein Universum entstehen kann, sondern viele, ein kosmisches Kommen und Gehen. Aber auch in diesem Multiversum könnten nur bestimmte Universen die Bedingungen für Leben erfüllen, daher die obige Formulierung des starken anthropischen Prinzips.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.