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Lexikon der Astronomie: Antigravitation

Bezeichnung für eine Kraft oder ein Phänomen, das der Schwerkraft, der Gravitation entgegen wirkt. Die Theorien der Gravitation, wie Newtonsche Theorie und an sich auch die Relativitätstheorie sagen nichts über die Existenz von Antigravitation aus. Im Kern kann man die Gravitationskraft nicht abschirmen, weil es nur eine Form 'gravitativer Ladungen' gibt, die Masse. In der Elektrodynamik hingegen ist es möglich die elektrischen Kräfte abzuschirmen, wenn positive auf negative Ladungen treffen. In der Relativitätstheorie gibt es 'keine negative Ruhemasse'!

Wie soll das gehen?

Zumindest hypothetisch gibt es Teilchen mit imaginärer Masse, die Tachyonen. Diese Teilchen bewegen sich mit Geschwindigkeiten größer als die Lichtgeschwindigkeit (was man als superrelativistisch bezeichnen könnte) und verstoßen damit gegen das in der Physik fundamentale Kausalitätsprinzip: Ursache und Wirkung können sich bei der Vermittlung von Tachyonen vertauschen. Physiker versuchen dies zu vermeiden und sind bei Theorien, die Tachyonen hervorbringen äußerst skeptisch.

Bitte etwas weniger verrückt...

Es gibt jedoch eine mysteriöse Kraft, die entscheidend die Entwicklung des Universums bestimmt und die man als Antigravitation bezeichnen könnte: die Dunkle Energie. Sie wirkt der Gravitation entgegen ist also repulsiv und grundlegend anders als Materie. Im Prinzip hat sie Einstein eingeführt, als er 1917 seine Allgemeine Relativitätstheorie auf die Kosmologie anwendete. Er wollte mathematisch ein aus seiner Sicht ästhetisches statisches Universum rechtfertigen. Dies war jedoch nur möglich, wenn er einen weiteren Term in seinen Feldgleichungen einführte, der die Dynamik unterdrückte: den Lambda-Term oder auch kosmologische Konstante genannt. Eine positive kosmologische Konstante wirkt sich nun repulsiv aus und ist dementsprechend ein Antagonist zur (attraktiven) Gravitation.

Expansion des Universums ist antigravitativ

Mit der Entdeckung der Expansion des Universums wurde die kosmologische Konstante fallengelassen und geriet lange Zeit in Vergessenheit bis sie in den 90er Jahren wieder en vogue wurde, um kosmologische Daten zu erklären. Jetzt, im Jahre 2004, wird die kosmologische Konstante sogar von Supernova (Typ Ia) favorisiert, weil keine merkliche zeitliche Variabilität der Dunklen Energie nachgewiesen werden konnte (Riess et al. 2004, astro-ph/0402512, HST-Beobachtungen).
In der Kosmologie findet man deshalb nach wie vor Modelle mit positiver kosmologischer Konstante, sogar noch mehr: die aktuellen Messungen stützen die These, dass wir in einem Lambda-dominierten Universum leben. Der Anteil Dunkler Energie ist sogar mit 2/3 der entscheidende Anteil.
Außerdem glaubt man, dass eine Blase Dunkler Energie, ein 'Antigravitationsvakuum' im Innern neuer Lösungen der Einstein-Gleichungen realisiert sind, die man Gravasterne genannt hat. Das Antigravitationsvakuum stabilisiert den Gravastern und verhindert dessen Kollaps. Sie werden nun als reguläre Alternative zu den Schwarzen Löchern diskutiert.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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