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Lexikon der Astronomie: de-Sitter- Kosmos

Ein relativistisches Modell des ganzen Universums, das wichtig ist für die Kosmologie. Das de-Sitter-Universum ist dynamisch, aber materiefreie und wurde von dem holländischen Astronom Willem de Sitter bereits im Jahr 1917 entwickelt. Dieser Kosmos ist flach und hat eine positive kosmologische Konstante.

Zum Pionier

Willem de Sitter (1872 – 1934) studierte Mathematik in Groningen in den Niederlanden. Später arbeitete er dort im astronomischen Labor. Kurz vor der Jahrhundertwende war er am Cape-Observatorium in Süd-Afrika und ab 1908 Professor für Astronomie an der Universität Leiden. 1919 wurde er Direktor an der Sternwarte Leiden. Wir verdanken de Sitter Arbeiten zur Sternverteilung in der Milchstraße und vor allem das de-Sitter-Universum aus dem Jahr 1917 – im gleichen Jahr erfand Einstein die kosmologische Konstante Λ. Kollege de Sitter, der mit Einstein zu dieser Zeit Kontakt pflegte, hat ein dynamisches Konkurrenz-Modell zu Einsteins statischem Universum vorgelegt. 1932 publizierten beide ein neues Modell, das Einstein-de-Sitter-Universum.

Weit weg von der Wirklichkeit

Materiefreiheit ist natürlich eine schlechte Eigenschaft, um das reale Universum beschreiben zu wollen, wissen die Astronomen doch um große Mengen an baryonischer Materie, Dunkler Materie und darüber hinaus von der Dunklen Energie. Aufgrund dieser Eigenschaft verstößt der de-Sitter-Kosmos gegen das Machsche Prinzip. Dennoch ist das de-Sitter-Universum gerade für die theoretische Kosmologie von Interesse. Denn in diesem dynamischen Universum lässt sich gut die Expansion am Modell studieren. Diese Ausdehnung wird getrieben von der kosmologischen Konstante (Einsteins Lambda-Term, Λ), die man hier als eine mögliche Form der Dunklen Energie verstehen kann.

Lösung der Einstein-Gleichungen

Unter dem Gesichtspunkt der Allgemeinen Relativitätstheorie ist das de-Sitter-Universum eine Lösung der Einsteinschen Feldgleichungen mit Lambda-Term, aber verschwindendem Energie-Impuls-Tensor. Es handelt sich also eigentlich um eine Raumzeit, die auch mit der Bezeichnung de-Sitter-Lösung versehen wird. Wenn man nun ein realistischeres Modell aufstellen möchte, so kann man z.B. den Energie-Impuls-Tensor wieder berücksichtigen und die Materie im Kosmos durch eine ideale Flüssigkeit beschreiben. Dann resultieren deutlich kompliziertere Lösungen, die auch anders genannt werden, nämlich Friedmann-Weltmodelle (siehe dort für eine detaillierte Beschreibung).

de-Sitter & Anti-de-Sitter

Die kosmologische Konstante darf im de-Sitter-Modell unterschiedliches Vorzeichen annehmen. Bei positiver kosmologischer Konstante spricht man von der de-Sitter-Raumzeit; bei negativem Vorzeichen der kosmologischen Konstante hingegen von der Anti-de-Sitter-Raumzeit (AdS) auf. Diese Energieform, eine 'negative Λ-Flüssigkeit', ist im Gegensatz zur Dunklen Energie anziehend (attraktiv). In den Randall-Sundrum-Modellen verwendet man sogar eine höherdimensionale Welt mit fünf Dimensionen. Das Universum dort ist ein fünfdimensionaler Anti-de-Sitter-Raum (AdS5).

Literaturquelle

  • Website: MacTutor History of Mathematics archive, University of St. Andrews, Scotland; darin die Biographie von W. de Sitter

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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