Direkt zum Inhalt

Lexikon der Astronomie: Energiebedingungen

Energiebedingungen (engl. energy conditions, ECs) eignen sich im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie zur Klassifikation von Materie- und Energieformen. Man betrachtet dabei die Zustandsgleichung oder den w-Parameter oder den Energie-Impuls-Tensor der betreffenden Energieform und überprüft, ob die jeweilige Energiebedingung – eine mathematische Relation – gilt oder nicht.

Wozu?

Die Betrachtung von Energiebedingungen ist dadurch motiviert, dass in den Einsteinschen Feldgleichungen sehr viel Freiheit bei der Wahl eines Energie-Impuls-Tensors besteht. Möglicherweise ist jedoch die getroffene Wahl 'unphysikalisch' – die Energiebedingungen geben daher Kriterien an die Hand, um zu entscheiden, ob die Energieform physikalisch sinnvoll ist. Es gibt wohl mindestens sieben Energiebedingungen (Visser 1996); hier soll es um die wichtigsten vier gehen.

Null-Energiebedingung

Bei der Null-Energiebedingung (engl. null energy condition, NEC) bezieht sich die 'Null' auf Nullvektoren, also lichtartige Vektoren (siehe dazu Geodäte). Anschaulich besagt die Bedingung, dass die lokale Energiedichte, die ein beliebiger (zeitartiger) Beobachter misst, positiv sein muss.

schwache Energiebedingung

Die schwache Energiebedingung (engl. weak energy condition, WEC) besagt, dass sowohl die Energiedichte, als auch die Summe aus Energiedichte und Druck immer positiv sein müssen.

dominante Energiebedingung

Die dominante Energiebedingung (engl. dominant energy condition, DEC) sagt anschaulich aus, dass die lokale Energiedichte immer positiv sein muss und dass der Energiefluss zeitartig oder null sein muss.

starke Energiebedingung

Die starke Energiebedingung (engl. strong energy condition, SEC) besagt, dass die Spur des Energie-Impuls-Tensors immer größer oder gleich null sein muss. Anders gesagt muss der w-Parameter immer größer als -1/3 sein.

Null-, schwache, dominante und starke Energiebedingung

Allgemeines

Die vier Energiebedingungen stehen oben zusammengefasst als Gleichungen (große Version). Dabei sind ρ die Energiedichte und p der Druck. Es gilt, dass in der dominanten Energiebedingung automatisch die schwache Energiebedingung enthalten ist. Ebenso ist in der schwachen die Null-Energiebedingung enthalten. Aber dominante und schwache Energiebedingung sind nicht in der starken Energiebedingung enthalten. Die Null-Energiebedingung ist in der starken Energiebedingung enthalten.

Beispiele

Wie aus dem Lexikoneintrag w-Parameter hervorgeht (siehe Abbildung darin), liegen Quintessenz und Strings exakt auf der SEC. Topologische Defekte, kosmologische Konstante und Phantom-Energie verletzen die SEC. Topologische Defekte und kosmologische Konstante genügen der NEC, aber die Phantom-Energie verletzt sie. Aus diesem Grund wird die Phantom-Energie bisweilen als 'unphysikalisch' angesehen. Staub, Photonen, baryonische Materie und kalte Dunkle Materie erfüllen alle vier Energiebedingungen.

Buchtipp

  • Matt Visser: Lorentzian Wormholes; AIP, Woodbury, New York, 1996

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.