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Lexikon der Astronomie: Quasi-periodische Oszillationen

Die Quasi-periodischen Oszillationen (engl. quasi-periodic oscillations, QPOs) sind zeitlich wiederkehrende Phänomene, die Astronomen in Lichtkurven, z.B. bei Röntgendoppelsternen, beobachten.

Die Fourier-Analyse

Es bietet sich an, diese Lichtkurven (Intensität über Zeit) mit einem mathematischen Verfahren zu studieren, der so genannten Fourier-Transformation. Nach einer Fourier-Transformation sind die Lichtkurven nicht mehr in Abhängigkeit von der Zeit dargestellt, sondern von der Frequenz. Mathematiker sagen das so: Die Fourier-Transformierte befindet sich im Frequenzraum. Die resultierenden Spektren nennen die Astronomen Power Density Spektren (PDS) oder kurz Power Spektren.

Was bringt die Prozedur?

Charakteristische Variabilitäten in der Lichtkurve (Periodizitäten, Quasi-Periodizitäten), die immer wieder etwa dieselbe Frequenz haben, können in den PDS als Spitzen ('Peaks') mit bestimmter Frequenz entlarvt werden. Das ist eine sehr bequeme und exakte Identifikation, die sich im Zeitraum (vor der Fourier-Transformation) deutlich schwieriger und ungenauer gestalten würde.

charakteristische Frequenzen der Akkretionstheorie

Die QPOs spiegeln sich in den Spektren als Variabilitäten wider, deren Verhalten nicht ganz, aber etwa periodisch ist. Sie können mit der Theorie der Akkretion beschrieben werden, weil man Effekte im Akkretionsfluss (eventuell einer Standardscheibe) um ein kompaktes Objekt mit den QPOs assoziiert. Die Interpretation ist schwierig. Es gibt drei charakteristische Frequenzen, die mit QPOs verknüpft werden können:

  • die Keplerfrequenz, also diejenige Frequenz, die der Umlaufzeit um das kompakte Objekt zugeordnet ist (siehe Kepler-Gesetze);
  • die radiale Epizykelfrequenz, eine charakteristische Frequenz, die resultiert, wenn man einen Kreisorbit geringfügig in radialer Richtung stört (siehe auch Epizykel);
  • und die vertikale Frequenz. Sie resultiert aus vertikalen Störungen der Bahn.

Weiterhin wird seit wenigen Jahren die Lense-Thirring-Frequenz (als vierte, mögliche Frequenz) diskutiert. Die Astronomen vermuten, dass sie eine gewichtige Rolle in den QPOs von Mikroquasaren spielt. Der Drehimpuls eines rotierenden, stellaren Schwarzen Lochs erzeugt ein so genanntes gravitomagnetisches Feld. Dies ist ein Effekt von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, der mit dem Oberbegriff Gravitomagnetismus bezeichnet wird. Das gravitomagnetische Feld wirkt sich auf umlaufende Testteilchen oder auch den Akkretionsfluss aus und führt zur Lense-Thirring-Präzession.

Was zappelt denn da?

QPOs sind sicherlich mit einer variablen Akkretionslösung assoziiert. Die Astrophysiker favorisieren Instabilitäten im Akkretionsstrom (siehe z.B. magnetische Rotationsinstabilität), die zur Anregung von lokalen Störungen im Akkretionsstrom – so genannte Blobs – führen. Diese Störungen können eine Zeit lang mit einer der charakteristischen Frequenzen schwingen und wieder verschwinden.
Alternativ ist es denkbar, dass die Übergangsregion zwischen kalter, optisch dicker, aber geometrisch dünner Standardscheibe (SSD) zu einem heißen, optisch dicken und geometrisch ausgedehntem Objekt wie beispielsweise dem ADAF ein räumlich (präzise gesagt radial) oszillierendes Gebilde formt. Die Zeitskala ist typischerweise so groß, wie die Umlaufzeiten der Materie um das Zentrum am betreffenden Radius (Kepler-Zeitskala). Diese Akkretionslösungen sind bimodal und oszillieren zwischen ADAF und SSD (José Gracia 2003).
Typische Frequenzen liegen im kHz-Bereich bei den Mikroquasaren oder anderen stellaren Quellen. Bei den deutlich größeren Aktiven Galaktischen Kernen (AGN) sind sie nicht zu beobachten, weil die Frequenzen zu klein werden. Salopp und stark vereinfacht gesagt: der innere Akkretionsstrom um stellare Löcher piepst, aber derjenige um superschwere Löcher brummt.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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