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Lexikon der Astronomie: Randall-Sundrum- Modelle

Die Randall-Sundrum-Modelle (RS-Modelle) wenden die Branen der Stringtheorien im Rahmen einer relativistischen Kosmologie an. Es handelt sich also um eine Variante in der Branenkosmologie.

mehr Raum

Wesentliche Voraussetzung für diese Modelle ist demnach die Existenz von zusätzlichen Raumdimensionen, so genannten Extradimensionen. In diesen 'Extraraum' kann gemäß des Modells nur die Gravitation eindringen, nicht aber Teilchen und Felder des Standardmodells der Teilchenphysik. Den übergeordneten, höherdimensionalen Raum nennen die Physiker Bulk. In den Randall-Sundrum-Modellen ist dieser 'leer' in dem Sinne, dass er kein Skalarfeld (wie das Cosmon oder Radion) enthalte. Die Metrik des Bulks ist im RS-Modell eine gekrümmte, fünfdimensionale Anti-de-Sitter-Raumzeit, abgekürzt mit AdS5. 'Anti' bedeutet, dass die (fünfdimensionale!) kosmologische Konstante dieser Bulk-Geometrie negativ ist, was im Gegensatz zur klassischen, vierdimensionalen de-Sitter-Raumzeit mit positiver kosmologischer Konstante steht.

zwei Randall-Sundrum-Modelle: RSI und RSII

Illustration des RSI-Modells Im RSI-Modell (Randall & Sundrum 1999, hep-ph/9905221) werden neben dem gekrümmten Bulk zwei Branen betrachtet. Präzise gesagt sind es 3-Branen, die also mit drei Raumdimensionen ausgestattet sind) betrachtet. Die 3-Branen sind Hyperflächen der Bulk-Raumzeit, d.h. sie haben gerade eine Raumdimension weniger als der Bulk. Außerdem sei angenommen, dass die 3-Branen eine flache Minkowski-Metrik aufweisen. Eine Bran kann man gerade mit unserem vierdimensionalen (drei Raum- plus eine Zeitdimension) Universum identifizieren. Dieses System aus Bulk und zwei Branen ist statisch, weil der Bulk 'leer' ist. Die beiden Branen sind über eine räumliche Extradimension getrennt. Ihren Abstand nennt man Interbranendistanz; im RS-Modell sei diese konstant. Die starke Krümmung im fünfdimensionalen Anti-de-Sitter-Raum sorgt für eine starke Gravitationsrotverschiebung zwischen den auf Distanz gehaltenen Branen: die Energieskala ist deshalb sehr unterschiedlich, wenn man die eine Bran mit der anderen vergleicht. Diese Branen-Konfiguration löst das so genannte Hierarchieproblem, nach dem elektroschwache Energieskala (100 GeV) um etwa 17 Größenordnungen von der Energieskala der Planck-Skala (1019 GeV) abweicht. Für diesen gigantischen Skalenunterschied sind die gekrümmte Bulk-Geometrie und der Abstand der Branen in einer höheren Dimension verantwortlich.

Im RSII-Modell (Randall & Sundrum 1999, hep-th/9906064) hat man ebenfalls eine gekrümmte, fünfdimensionale Anti-de-Sitter-Raumzeit, nur lässt man nun die Interbranendistanz gegen unendlich gehen, so dass man effektiv ein nicht-kompaktes Ein-Bran-Modell betrachtet. Unter diesen Voraussetzungen stellt man fest, dass das Newtonsche Gravitationsgesetz auf einer Bran modifiziert werden kann. Dies hängt im Speziellen von der kosmologischen Konstante und der Kopplungskonstante im AdS5-Raum ab. Die Newtonsche Gravitationskraft enthält neben dem klassischen Term, der mit 1/r2 abfällt, einen weiteren der stärker mit 1/r4 abfällt. Bisher gab es keine experimentellen Hinweise in Cavendish-Experimenten oder anderen Experimenten, dass das Gravitationsgesetz auf Längenskalen größer als einige zehn Mikrometer modifiziert werden müsste. Anderes gesagt, falls es Extradimensionen gibt, sind sie eingerollt oder kompaktifiziert und zwar auf kleinere Raumdimensionen als etwa 50 μm.

Machen wir doch mal Branenkosmologie

Mit dem RSII-Modell kann man nun den üblichen Weg der Kosmologie beschreiten und die Friedmann-Gleichungen nun aber in 5D formulieren (vergleiche Friedmann-Weltmodell). Vergleicht man diese modifizierte Version mit der klassischen 4D-Version wie man sie nur mit den Mitteln der Allgemeinen Relativitätstheorie gewinnt, so identifiziert man neue Terme in den Friedmann-Gleichungen. Diese hängen von der Spannung der Bran (engl. tension) ab (die man sich wie eine Oberflächenspannung einer Seifenblase vorstellen kann) und einem gänzlich neuen Term, den man Dunkle Strahlung (engl. dark radiation) nennt. Weiterhin lassen sich Beziehungen zwischen fünfdimensionaler kosmologischer Konstante Λ5 (im Bulk), vierdimensionaler kosmologischer Konstante Λ4 (auf der Bran), Gravitationskonstante und Branenspannung auffinden.

Der Clou: Lösung des Hierarchie-Problems

Es stellt sich heraus, dass bei geeigneter Branenspannung und fünfdimensionaler kosmologischer Konstante die vierdimensionale kosmologische Konstante verschwinden kann. Die beobachtenden Kosmologen messen derzeit einen Wert der kosmologischen Konstante nahe null, nämlich ausgedrückt als relativistische Energiedichte (10-3 eV)4! Die Beobachtung gibt weitere Beschränkungen für die Branenspannung, die fünfdimensionale Kopplungskonstante und die Dunkle Strahlung (letztere höchstens 10% der Energiedichte der Photonen).

Erweiterung: Branendynamik in Extradimension

Die Randall-Sundrum-Modelle mit leerem Bulk erfahren eine Erweiterung in Modellen mit Skalarfeld im Bulk, z.B. dem Ekpyrotischen Szenario und dem Zyklisches Universum. Hier werden die Branen in Wechselwirkung mit dem Skalarfeld dynamisch und können gegeneinander schwingen und sich sogar durchdringen.

Test im Teilchenbeschleuniger

Die Physiker haben genau untersucht, welche experimentellen Signaturen die Randall-Sundrum-Modelle im Teilchenbeschleuniger hinterlassen würden. So wurde gezeigt, dass der Teilchenbeschleuniger LHC, der bald in Betrieb gehen wird, die RS-Modelle verifizieren oder falsifizieren wird, falls das Standardmodell auf der TeV-Bran (derjenigen mit der reduzierten Planck-Skala) beschränkt ist (Davoudiasl et al. 2001, hep-ph/0006041).

Vortrag

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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