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Lexikon der Astronomie: Symmetrie

Der Begriff geht auf das Griechische zurück (symmetria, symmetros) und bedeutet soviel wie 'Ebenmaß' oder 'Gleichmäßigkeit'. Der Begriff der Symmetrie ist weithin bekannt aus der Geometrie, wo die Symmetrien geometrischer Figuren (Achsensymmetrie, Punktsymmetrie, Spiegelsymmetrie) untersucht werden.

unterschätzt: Symmetrien in der Physik

Man kann symmetrische Eigenschaften nicht nur auf Figuren beziehen, sondern auch auf mathematische Gleichungen. In diesem Zusammenhang spielen Symmetrien eine gewichtige Rolle in der Physik. Symmetrien vereinfachen Rechnungen oder legen einen tief liegenden, physikalischen Sachverhalt frei. In der Gravitationstheorie des 17. Jahrhunderts haben bestimmte Symmetrien bereits bei Galileo Galilei (1564 – 1642) und Sir Isaac Newton (1643 – 1727) eine Rolle gespielt: Denn die Newtonsche Gravitationstheorie ist invariant unter den Galilei-Transformationen: diese Transformationsgesetze verändern die Form der Newton-Gleichung nicht. Es zeigte sich, dass dieses Konzept symmetrischer Naturgesetze noch viel weiter trägt.

ein Beispiel

Physiker sind immer an den Symmetrieeigenschaften der Naturgesetze interessiert, ob beispielsweise eine Rückwärtslaufen der Zeit die Verhältnisse ändert oder so belässt, wie bei normalem Gang der Uhr. Ist letzteres erfüllt, so spricht man von einer Zeitumkehrinvarianz. So ist ein Weißes Loch gerade die zeitumgekehrte Lösung des Schwarzen Lochs (daher die komplementäre Beziehung der Farben). Offensichtlich sind die Einsteinschen Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie zeitumkehrinvariant!

Symmetrie – Invarianz

Der Begriff der Symmetrie ist eng verflochten mit dem Begriff der Invarianz. So ist man in der Physik ständig auf der Suche nach Invarianten, also Größen, die sich unter bestimmten Transformationen (einer Ersetzung alter Größen durch neue nach einer bestimmten Vorschrift) nicht ändern.

Unterteilung der Transformationen

  • 1. Globale Transformationen sind unabhängig von Raum- und Zeitkoordinaten und in diesem Sinne ist überall dieselbe Transformationsvorschrift vorgeben.
  • 2. Lokale Transformationen sind orts- und zeitabhängig. Damit kann die entsprechende Transformation unterschiedlich an verschiedenen Raumzeitpunkten sein. Eine Invarianz unter lokalen Transformationen stellt damit eine viel stärkere Bedingung dar.
    Die Konstanten sind bespielsweise Invarianten in der Zeit, weil sie zu allen Zeiten den gleichen Wert haben. Mathematisch spiegelt sich das darin, dass ihre Zeitableitung verschwindet.
    Die Invarianz kann sich jedoch auch auf andere Kriterien als die Zeit beziehen. Ist die Invarianz unter einer bestimmten Transformation gegeben, so heißt sie Symmetrietransformation. Die Mathematikerin Emmy Noether (1882 – 1935) konnte zeigen, dass mit jeder Symmetrietransformation eine Erhaltungsgröße assoziiert ist. Dieses Noether-Theorem aus dem Jahre 1918 besagt, dass eine Erhaltungsgröße (also eine zeitunabhängige Größe) zu jeder globalen Transformation existiert, die die Langrangedichte oder Bewegungsgleichung (auch Feldgleichung, die aus der Langrangedichte in wohl definierter Weise, nämlich über die Euler-Lagrange-Gleichungen folgt) invariant lässt!
    Dafür gibt es in der Physik zahlreiche Beispiele:
  • 2.1 Eine Invarianz unter Translationen (verschiebende Transformationen) bewirkt die Impulserhaltung. Man spricht auch von Homogenität des Raumes.
  • 2.2 Eine Invarianz unter Rotationen (drehende Transformationen) bewirkt die Drehimpulserhaltung. Dies nennt man Isotropie des Raumes.
  • 2.3 Eine Invarianz unter Zeittransformationen bewirkt die Energieerhaltung. Das bezeichnet man als Homogenität der Zeit.

gute Quantenzahlen

Kommutation mit Hamilton-Operator führt auf Erhaltungsgröße Diese drei letztgenannten Symmetrien heißen äußere Symmetrien, weil sie sich auf Raum und Zeit beziehen. Daneben kennt man innere Symmetrien, die in den Quantenfeldtheorien sehr vielfältig auftreten und in die Erhaltung von Quantenzahlen (Isospin, elektrische Ladung, Seltsamkeit etc.) münden. Dieser Sachverhalt ist in der Quantentheorie wohl definiert. Dort ist der zentrale Operator, der Hamilton-Operator, der das Quantensystem eindeutig beschreibt. Ein Operator, der mit dem Hamilton-Operator vertauscht, erfüllt eine Kommutatorrelation (in der ersten Zeile in der rechten Abbildung). Dann haben Operator und Hamilton-Operator denselben Satz an Eigenzuständen (Wellenfunktion Ψ in dritter Zeile) und man kann den quantenmechanischen Erwartungswert des Operators bilden (vierte Zeile), der gerade auf eine Erhaltungsgröße (hier a) führt. In der Quantentheorie heißt eine solche Größe 'gute Quantenzahl'. Sie aufzufinden ist ein wesentliches Ziel in den Quantenfeldtheorien.

Isometrien und Symmetrien in Einsteins ART

Aber auch die Untersuchung von Symmetrieeigenschaften von Raumzeiten im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) ist sehr nützlich. Alle Koordinatentransformationen, die die Metrik invariant lassen, also die Gestalt der Raumzeit nicht verändern, nennt man Isometrien. Die Isometriebedingung (verschwindende Lie-Ableitung des metrischen Tensors) führt gerade auf die Killing-Gleichung, dessen Lösungen, die Killing-Felder, die Symmetrien der Raumzeit eindeutig beschreiben.
In der ART gibt es noch eine viel wichtigere Symmetrie: die tensoriellen Einstein-Gleichungen (Feldgleichungen der ART) sind invariant unter Lorentz-Transformationen. Relativisten sagen: sie genügen der Lorentzinvarianz. Dies galt bereits für eine wesentlich ältere Theorie, nämlich der klassischen Elektrodynamik von James Clerk Maxwell (in der so genannten Lorentz-Eichung). Beide Theorien erfüllen das Prinzip der Kovarianz. Sie heißen daher kovariante Theorien.
Die Lorentz-Transformationen bilden eine mathematische Gruppe, die dann Lorentzgruppe genannt wird.
Die Newtonsche Gravitationstheorie ist invariant unter Galilei-Transformationen. Entsprechend heißt die Gruppe die damit zusammenhängt die Galileigruppe.

Konzept der Eichtheorien und Eichsymmetrien

In den Quantenfeldtheorien (siehe dazu die Einträge Quantenelektrodynamik, Quantenchromodynamik, schwache Wechselwirkung, elektroschwache Theorie und Quantengravitation sowie Standardmodell) ist das Konzept der Symmetriegruppe außerordentlich erfolgreich. Zu jeder Wechselwirkung finden sich Symmetriegruppen, die so genannten Eichgruppen, die eine bestimmte Gruppenstruktur aufweisen und vieles über die Wechselwirkung aussagen, so z.B. die Zahl der Eichbosonen. Alle diese Eichbosonen wären jedoch masselos. Das wäre für das Photon der QED, die Gluonen der QCD und das hypothetische Graviton einer Quantengravitation unproblematisch, weil sie keine Ruhemasse haben, jedoch weisen die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung (W-, W+, Z0,) Massen auf. Dies kann erst durch den Mechanismus der spontanen Symmetriebrechung verstanden werden, den das (noch nicht experimentell verifizierte!) Higgs-Teilchen bewerkstelligt.

chirale Symmetrie

Unter der chiralen Symmetrie (chira, grch. 'Hand') versteht man wiederum die Symmetrie zwischen linkshändigen und rechtshändigen Quarks (die Helizität ist eine Erhaltungsgröße). Im QCD-Vakuum (Grundzustand) ist die chirale Symmetrie gebrochen, kann aber bei hohen Temperaturen (ab etwa 150 MeV) durch einen Übergang in die Hochtemperaturphase stark wechselwirkender Teilchen wiederhergestellt (restauriert in der Sprechweise der Physiker) werden. Somit erhält man das Quark-Gluonen-Plasma (QGP), in dem sich Gluonen und Quarks quasi-frei bewegen und der Einschluss der Farbladungen aufgehoben ist (engl. deconfinement).

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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