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Lexikon der Astronomie: Zustandsgleichung

Mathematische Form von Zustandsgleichungen und ideales Gas Eine Zustandsgleichung (in der Fachliteratur oft abgekürzt mit eos für equation of state) ist ein thermodynamischer Zusammenhang zwischen thermodynamischen Zustandsgrößen, wie Temperatur T, Druck p und Dichte ρ.

phänomenologische Thermodynamik

In der Thermodynamik (Wärmelehre) untersuchen Physiker und Chemiker unter anderem den Zusammenhang zwischen Zustandsgrößen, indem sie sie in charakteristischen Diagrammen gegeneinander auftragen. Dies geschieht in p-V-, p-T-Diagrammen oder sogar p-V-T-Diagrammen, in denen bestimmte thermodynamische Fixpunkte (Tripelpunkt, kritischer Punkt) auszumachen oder Phasenübergänge abzulesen sind.
Als simple Beispiele mögen die Zustandsgleichung eines idealen Gases (dünnes Gas, bei dem die Konstituenten nicht miteinander wechselwirken) oder eines Van-der-Waals-Gases (reales Gas mit Berücksichtigung des Eigenvolumens) dienen.

Bezug zur Astrophysik

Ein unmittelbar einsichtiges Beispiel ist die Stellarphysik. Die Astronomen beschreiben das Innere eines normalen Sterns oft mit der Zustandsgleichung idealer Gase. Das ist eine Vereinfachung, aber in vielen Fällen funktioniert das sehr gut.
Bei hohen Dichten der Sternmaterie, also bei kompakten Objekten, werden Effekte der Quantentheorie relevant. Astrophysiker benutzen dann Zustandsgleichungen von Quantengasen, je nach Zusammensetzung beispielsweise diejenigen eines Fermigases, das nur aus Fermionen besteht (z.B. Neutrinogas) oder eines Bosegases, das nur aus Bosonen besteht (z.B. Photonengas). Im Innern kompakter Objekte wie Weißen Zwergen, Neutronensternen oder Quarksternen werden die Quanteneffekte wichtig, weil sie die Materie stabilisieren können (Entartungsdruck von Elektronen bzw. Neutronen; siehe dazu auch Chandrasekhar-Grenze).

barotrope, polytrope und extreme Zustandsgleichungen

Zustandsgleichung eines Polytropen Weiterhin werden in der Astrophysik häufig barotrope und polytrope Zustandsgleichungen verwendet. Beides sind vereinfachte Zustandsgleichungen: die barotrope Form ist dadurch gekennzeichnet, dass der Druck nur von der Dichte abhängt, während ein Polytrop die Form hat, wie sie die Gleichung links zeigt (K: Polytropenkonstante, n: Polytropenindex).
Besonders interessant, aber sehr schwierig zu bestimmen, sind Zustandsgleichungen unter extremen Bedingungen, wie beispielsweise bei Materie unter extrem hohen Dichten oder bei sehr hohen bzw. sehr tiefen Temperaturen. Ein Beispiel dafür ist das Quark-Gluonen-Plasma. Mit ultrarelativistischen Zustandsgleichungen sind solche gemeint, bei denen die Schallgeschwindigkeit im Medium gleich der Vakuumlichtgeschwindigkeit wird. Das passiert z.B. in der dünnen Materieschale von (hypothetischen) Gravasternen.
Die Bestimmung dieser extremen Zustandsgleichungen und die Phasenübergänge der extremen Materie sind Gegenstand der aktuellen Forschung.

Zustandsgleichungen in der Kosmologie

Zustandsgleichungen sind auch von Bedeutung für die Kosmologie, nämlich dann, wenn der Astrophysiker die Zusammensetzung des Universums untersuchen und beschreiben will. Die Zustandsgleichung der Dunklen Energie hat sehr seltsame Eigenschaften: ihr negativer Druck klingt 'unphysikalisch', doch er beschreibt gut den antigravitativen Charakter der Dunklen Energie. Die Kosmologen unterscheiden mittlerweile eine Vielzahl verschiedener Formen Dunkler Energie und ordnen sie mithilfe des w-Parameters. Aktuell diskutierte kosmologische Energieformen sind kosmologische Konstante, Quintessenz, topologische Defekte (beispielsweise kosmische Strings), das Cosmon, Phantom-Energie, Spintessenz und Chaplygin-Gas.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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