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Lexikon der Biochemie: Genaktivierung

Genaktivierung,die regulierte Aktivierung eines Gens, die zu dessen Transcription (Genexpression) führt. Kein Organismus synthetisiert kontinuierlich all die Proteine, die in seinem Genom codiert vorliegen. Sogar bei Prokaryonten kann eine Zelle (Klon) viele Teilungszyklen durchlaufen, ohne Enzyme für katabolische oder anabolische Stoffwechselwege herzustellen, die nicht benötigt werden. Andere Enzyme werden nur zu einem spezifischen Zeitpunkt während des Zellzyklus produziert. Bei multizellulären Eukaryonten wird die Situation noch komplizierter, weil Gene existieren, die nur in spezifischen Geweben oder auf einer spezifischen Entwicklungsstufe exprimiert werden. Bei beiden Zelltypen kann die Transcriptionsrate eines Gens als Reaktion auf Umweltbedingungen in einem weiten Bereich variieren. Die Genaktivierung wird bei Prokaryonten meistens dadurch erreicht, dass spezifische Proteine (Repressoren bzw. Aktivatoren) an DNA-Sequenzen binden, die benachbart zur Transcriptionsinitiationsstelle (Promotor) sind. Operon.
Obwohl in eukaryontischen Genomen keine Operons gefunden wurden, kann die Expression einzelner Gene auf ähnliche Weise reguliert werden. Eukaryontische Gene besitzen ebenso wie prokaryontische Gene Promotoren, d. h. nichttranslatierte DNA-Abschnitte, die an Strukturgene angrenzen. Diese sind an der Bindung der RNA-Polymerase an die DNA beteiligt und dirigieren diese vermutlich an die exakte Stelle, an der die Transcription beginnt: an die Initiationsstelle. Bei Bakterien können die Proteine, die spezifisch an Promotoren gebunden vorliegen, bewirken, dass das assoziierte Gen (bzw. Operon) entweder transcribiert wird oder nicht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass solche Aktivator- und Repressorproteine auch für eukaryontische Gene existieren. Für die Prolactin-Genfamilie konnte gezeigt werden, dass die Stellen, an denen die Hormonrezeptorkomplexe an die DNA binden, stromaufwärts (auf der 5'-Seite) zum Strukturgen lokalisiert sind.
Die Gene einiger Viren, die eukaryontische Zellen infizieren, enthalten zusätzlich zu ihren Promotoren assoziierte Transcriptionsverstärker (engl. enhancer). Diese können über weite Entfernungen wirken und die Transcription eines Promotors verstärken, der bis zu 3.000 Basenpaare entfernt liegt, entweder stromauf- oder stromabwärts von dem Verstärkerelement. Sie wirken unabhängig davon, ob sie in 5'→3'- oder 3'→5'-Richtung in Bezug auf die Transcriptionsrichtung inseriert sind. Die Verstärkerelemente sind gewebs- und artspezifisch, weisen jedoch eine konservierte Kernsequenz auf,

In den Introns von Immunglobulingenen wurden homologe Strukturen gefunden. Es wird vemutet, dass sie auch in anderen zellulären Genen vorkommen.
In Hefe werden die Gene für zwei unterschiedliche Paarungtypen in vegetativ reproduzierenden Zellen nicht exprimiert. Unter bestimmten Umständen werden jedoch entweder die Matα- oder die Mata-Gene an einen anderen Chromosomenort verschoben. Nur in dieser Position werden sie exprimiert. Zur Repression der α-Gene in ihrer nichtaktiven Position ist die Aktivität eines anderen Gens (SIR) notwendig, dessen Produkt vermutlich an eine Stelle der DNA bindet, die mindestens 800 bp stromabwärts vom Gen entfernt liegt. Ein Protein, das in dieser Entfernung vom Strukturgen an die DNA bindet, verhindert die Transcription vermutlich dadurch, dass es eine Umlagerung des Nucleosoms bewirkt. Auf diese Weise kann die RNA-Polymerase die Initiationsstelle des Gens nicht erreichen. [K.A. Nasmyth et al. Nature 289 (1981) 245-250]
Das Produkt des Matα-Gens der Hefe, die Homöobox-Sequenz (Homöobox) von Drosophila und homologe Sequenzen bei anderen Organismen scheinen – ähnlich wie die bakteriellen Aktivatoren – als Regulationselemente für zerstreut liegende Gene zu fungieren, die im Verlauf der Entwicklung simultan aktiviert werden. Es wird angenommen, dass die Gene, die durch die Produkte homöotischer Gene induziert werden, Sequenzen aufweisen, die mit bakteriellen Promotoren oder möglicherweise viralen Enhancern verglichen werden können und an die die regulatorischen Proteine, die die Tanscription stimulieren, binden.
In vielen eukaryontischen Zelltypen existieren Mechanismen zum Transponieren von Genen auf einem Chromosom. Die Umordnung von Genen, wie sie bei den Hefe-Paarungstyp-Genen vorkommen, ist für die Immunglobulin- und T-Zellen-Antigen-Rezeptormoleküle ein notwendiger Schritt zur Aktivierung der entsprechenden Lymphoidklone.
Auch die DNA-Methylierungscheint mit der Genaktivierung bei Eukaryonten in Verbindung zu stehen. DNA-Abschnitte, in denen große Teile der Thymidinreste methyliert vorliegen, werden nicht transcribiert. Gene, die in einem Gewebe methyliert (und inaktiv) sind, können in einem anderen Gewebe nichtmethyliert vorliegen und exprimiert werden. [J.D. Hawkins, Gene Structure and Expression, Cambridge University Press, Cambridge, 1985; Benjamin Lewis, Gene Expression, Wiley, New York; A. Kumar (Hrsg.) Eukaryotic Gene Expression, Plenum Press, New York, 1984]

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