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Lexikon der Biochemie: GTP-bindende Proteine

GTP-bindende Proteine, GTPasen, eine große Superfamilie an Proteinen, die die Fähigkeiten besitzen, GTP zu binden und dessen Hydrolyse in GDP und Pi zu katalysieren. Durch diesen Vorgang wird ein "Ein-Aus-Schaltungs"-Mechanismus für jeweils bestimmte Zellaktivitäten in Gang gesetzt. Die Superfamilie kann in folgende verschiedene Familien unterteilt werden: 1) Translationsfaktoren, die an der ribosomalen Proteinsynthese beteiligt sind, z. B. EF-Tu; 2) die heterotrimeren G-Proteine, die das transmembrane Signal von Hormonen und Licht übertragen; 3) die Ras-Proteine, die bei der Regulation der Zellproliferation und -differenzierung eine Rolle spielen; 4) andere kleine (20-35kDa; small Gs) GTPasen, die vermutlich in der Regulation des intrazellulären Transports von Vesikeln (z. B. Rab, ARF) und bei der Aktivierung von Bewegungsvorgängen und der Organisation des Cytoskeletts involviert sind; 5) solche, die an der Bindung der naszierenden Polypeptidkette an das endoplasmatische Reticulum (ER) beteiligt sind (z. B. SRP, SRP-R).
In der Superfamilie der GTP-b. P. sind jene Proteine nicht eingeschlossen, die zwar GTP binden, dieses aber nicht als "Ein-Aus-Schalter" verwenden, wie z. B. Tubulin, Guanylat-Cyclase und GTP-bindende Kinasen.
Alle GTP-b. P. durchlaufen den gleichen "Ein-Aus-Schaltungs"-Zyklus, der zwei verschiedene Konformationszustände beinhaltet, abhängig davon, ob GTP oder GDP an das Enzym (E) gebunden ist: E . GTP oder E . GDP. E . GTP stellt die aktive Konformation dar, die der "Ein"-Position des Schalters entspricht und signalisiert, dass der Prozess, der durch den Schalter reguliert wird, ablaufen kann. E . GDP ist die inaktive Konformation, die der "Aus"-Position des Schalters entspricht und die Einstellung des Prozesses signalisiert. Die Umwandlung von E . GDP in E . GTP vollzieht sich durch Austausch von GDP durch GTP und wird durch ein Guaninnucleotid-Austauschprotein (engl. guanine-nucleotide exchange-promoting protein, GEP) stimuliert. Dieses löst durch seine Bindung an E . GDP eine Konformationsänderung von E aus, wodurch die Affinität der Nucleotidbindungsstelle für GDP erniedrigt und für GTP erhöht wird. GTP, dessen intrazelluläre Konzentration höher ist als die von GDP, bindet an E, sobald GDP abdissoziiert. Die Überführung von E . GTP in E . GDP vollzieht sich aufgrund der intrinsischen GTPase-Aktivität von E, die durch die Bindung eines GTPase-aktivierenden Proteins (GAP) an E . GTP sehr stark angeregt wird. Die Natur von GEP und GAP hängt von der GTPase ab. Im Fall des E.-coli-Elongationsfaktors EF-Tu (Translationsfaktoren) übernimmt EF-Ts die Rolle des GEP und das Ribosom die des GAP, während bei den heterodimeren G-Proteinen beide Parts durch den Liganden-Rezeptor-Komplex und eine ~133-Aminosäuredomäne der α-Untereinheit des G-Proteins übernommen werden.
Translationsfaktoren, Ras-Proteine, Rab-Proteine, Rho-Proteine, Signalerkennungspartikel.
 Heterotrimere G-Proteine bilden eine umfangreiche Gruppe von Proteinen (~16 wurden allein in Säugetieren identifiziert), die transmembrane Signale übermitteln. Sie bestehen aus drei verschiedenen Untereinheiten: α (39-52kDa), β (35-36kDa) und γ (7-10 kDa). β und γ sind so fest miteinander verbunden, dass sie in vitro nur durch Denaturierungsmittel getrennt werden können und in vivo als eine dimere Einheit fungieren. Gegenwärtig werden die einzelnen G-Proteine anhand ihrer α-Untereinheit identifiziert, die ihnen ihre Spezifität verleiht. Damit ergeben sich verschiedene G-Proteine mit Gsα-, Giα-, Golfα-, Gtα-, Gqα- und Goα-Untereinheiten, von denen es verschiedene Spezies gibt, die gewöhnlich durch Hinzufügen einer Zahl unterschieden werden, z. B. Gs1α, Gs2α, Gi1α, Gi2α. Aufgrund von Homologien der Aminosäuresequenzen werden die α-Untereinheiten in drei Familien eingeteilt: Gsα, Giα und Gtα. Jede α-Untereinheit scheint aus zwei Domänen zu bestehen, einer mit ~170 Aminosäureresten, die eine einzige Guaninnucleotidbindungsstelle (GDP oder GTP) mit hoher Affinität und niedriger intrinsischer GTPase-Aktivität enthält, und einer mit ~130 Aminosäureresten, die wie ein eingebautes GAP wirkt, wenn die α-Untereinheit ihr Effektorprotein bindet und die geeignete Konformation einnimmt. Gα . GDP bindet sich fest an die βχ-Untereinheit und stellt die inaktive "ausgeschaltete" Konformation dar. Gα . GTP dissoziiert von der βγ-Untereinheit und bildet die aktive "eingeschaltete" Konformation. AlF

kann in der Gegenwart von Mg2+ durch Wechselwirkung mit Gα . GDP GTP nachahmen und Gα aktivieren. Die βγ-Untereinheiten aller G-Proteine, außer Gt, sind austauschbar. Ursprünglich glaubte man, dass sie im G-Protein-Signaltransduktionsweg einen inaktiven Partner bilden. Dies trifft zwar in den meisten Fällen zu, jedoch gibt es Ausnahmen. Beispielsweise werden alle physiologischen Antworten, die durch Stimulation der Pheromonrezeptoren der Hefe ausgelöst werden, durch Gβγ und nicht durch Gα . GTP übermittelt. Die G-Proteine sind an die cytoplasmatische Seite der Plasmamembranen gebunden. Diese Bindung wird durch die Gegenwart von Isoprenylgruppen auf der γ-Untereinheit und durch Myristylgruppen auf den Giα-Untereinheiten unterstützt, die aufgrund ihres Kohlenwasserstoffcharakters leicht mit der Lipiddoppelschicht assoziieren und als Anker fungieren.
Der G-Protein-GTPase-katalysierte Zyklus beginnt mit der Umwandlung des inaktiven GDP . Gα-Gβγ-Komplexes in die aktive Gα . GTP-Form durch Wechselwirkung mit einem GEP, das den Austausch von GDP durch GTP unterstützt und dadurch die Affinität des Gα für Gβ herabsetzt. Die Natur des GEP hängt vom G-Protein ab. Gewöhnlich ist es ein Liganden-Rezeptorprotein-Komplex. Im Fall der Gt-Proteine (der Transducine), die an der Transduktion visueller Signale in den Stäbchen (Gt1α) und Zapfen (Gt2α) in der Netzhaut der Augen beteiligt sind, wird die Rolle des GEP jedoch durch ein aktiviertes Opsin (Sehvorgang) übernommen. Der Rezeptor des Liganden-Rezeptorprotein-Komplexes ist ein G-Protein-gekoppelter Rezeptor, auch Sieben-Helix-Rezeptor genannt, weil seine Aminosäuresequenz sieben Abschnitte aus ~23 hydrophoben Aminosäureresten enthält, die sieben α-Helices bilden und die in der Plasmamembran liegen. Die Liganden sind normalerweise Hormone, z. B. Adrenalin, Glucagon, oder Geruchsstoffe. Das Gα . GTP verbindet sich mit seinem spezifischen Effektorprotein und moduliert dessen Aktivität. So binden Gsα . GTP und Golfα . GTP an die Adenylat-Cyclase, ändern dadurch ihre Konformation und überführen sie von ihrer katalytisch inaktiven in ihre katalytisch aktive Form. In ähnlicher Weise binden 1) Giα . GTP an die Adenylat-Cyclase, 2) Gtα . GTP an die cGMP-Phosphodiesterase und 3) Goα . GTP und Gqα . GTP an Phospholipase C und aktivieren das jeweilige Enzym. Durch die Bindung von Gα . GTP an sein Effektorprotein ändert sich die Konformation von Gsα in der Weise, dass die intrinsische GTPase-Aktivität stimuliert wird. Vermutlich betrifft diese Konformationsänderung die o. g. ~133 Aminosäurereste-enthaltende Domäne. Wenn GTP zu GDP hydrolysiert wird, ändert sich die Konformation von Gsα, so dass die Affinität zum Effektorprotein verschwindet und die Affinität zu Gβγ wiederhergestellt wird. Deshalb dissoziiert Gsα . GDP vom Effektorprotein und bindet an Gβγ unter Bildung des GDP . Gα-Gβγ-Komplexes, mit dem der Zyklus von vorne beginnen kann. Die Dissoziation des Gsα . GDP vom Effektor kehrt die Wirkung um, die die Bindung von Gsα . GTP an den Effektor verursacht hat (das Effektorprotein wird durch α-Untereinheiten vom Typ "s", "olf", "t", "q" und "o" stimuliert und durch solche vom Typ "i" inhibiert). Golf ist in den olfaktorischen Epithelzellen lokalisiert. Es wird durch die Bindung eines Geruchsstoffmoleküls an ein spezifisches Rezeptorprotein angeschaltet, das sich in der apikalen Plasmamembran der Rezeptorzelle (gegenwärtig wird angenommen, dass jede olfaktorische Epithelzelle Geruchsstoffrezeptoren besitzt, die spezifisch für eine Geruchsstoffspezies sind) befindet, und aktiviert anschließend die Adenylat-Cyclase, die die intrazelluläre Konzentration an cAMP beträchtlich erhöht. Letzteres bindet an cAMP-kontrollierte Na+-Kanäle und veranlasst diese, sich zu öffnen. Als Folge davon tritt die Depolarisation der Zellmembran und die Weiterleitung eines elektrischen Signals zum olfaktorischen Cortex des Gehirns ein.
Obwohl sowohl Go als auch Gq die Phospholipase C (jedoch nicht Phospholipase Cγ) aktivieren, handelt es sich doch um zwei verschiedene Gebilde. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass das Pertussistoxin, das vom Keuchhustenbakterium Bordetella pertussis ausgeschieden wird, die Übertragung des ADP-Riboseteils von NAD+ auf Goα, jedoch nicht auf Gqα katalysiert. Dadurch wird der Austausch von GDP gegen GTP verhindert, Go verbleibt in der inaktiven Form GDP . Gα-Gβγ und die Phospholipase C wird nicht aktiviert. Das Pertussistoxin wirkt in ähnlicher Weise auf ein Gi und verhindert die Inhibierung der Adenylat-Cyclase, wenn der entsprechende Rezeptor stimuliert wird.
Das Choleratoxin unterbricht den GTPase-Umschaltungs-Zyklus des Gs der Darmepithelzellen, wodurch ein massiver Wasserverlust des Körpers verursacht wird, der für den Verlauf der Cholera charakteristisch ist. Das Toxin besteht aus einer A-Untereinheit, die ein A1-Peptid (23kDa) enthält, das über eine -S-S-Brücke mit einem A2-Peptid verknüpft ist, und fünf B-Untereinheiten. Letztere binden spezifisch an das GM1-Gangliosid, das sich auf der Lumenoberfläche der Plasmamembran von Darmepithelzellen befindet. Diese Bindung ermöglicht es der A-Untereinheit, in die Zelle einzudringen, wo sie einer proteolytischen Spaltung und Reduktion der -S-S-Brücke unterliegt. Das auf diese Weise freigesetzte A1-Peptid katalysiert die Übertragung von ADP-Ribose aus NAD+ auf Arg201 der α-Untereinheit des GTP . Gsα-Adenylat-Cyclase-Komplexes, wodurch die GTPase-Aktivität inhibiert wird. Dadurch bleibt die Adenylat-Cyclase in ihrer aktiven Form und hält den intrazellulären cAMP-Spiegel hoch. Die Folge ist eine kontinuierliche Sekretion an Ionen (Na+, Cl-, CHCO

) und Wasser aus den Zellen und letztlich aus anderen Körpergeweben in das Darmlumen. Das Choleratoxin katalysiert auch die ADP-Ribosylierung von Arg174, der α-Untereinheit von Gt, mit ähnlichem Verlust der GTPase-Aktivität.

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