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Lexikon der Biochemie: Intron

Intron, eine dazwischenliegende Sequenz in einem eukaryontischen Gen. Manchmal wird der Begriff zur Bezeichnung der korrespondierenden dazwischenliegenden Sequenz im RNA-Transcript verwendet, diese sollte jedoch genauer Introntranscript (IT) genannt werden. Die Bezeichnung dazwischenliegende Sequenz (IVS, intervening sequence) wird sowohl für I. als auch für Introntranscripte gewählt. Die I. und die codierenden Sequenzen (Exons) werden gemeinsam transcribiert; die Introntranscripte werden dann entfernt, um die funktionelle RNA zu erhalten. Ein I. leistet daher keinen Beitrag zum letztendlich entstehenden Genprodukt der flankierenden Exons. I. kommen in eukaryontischer mRNA, tRNA und Kern-tRNA und in mitochondrialer mRNA und rRNA vor. Prokaryontische Gene enthalten im Allgemeinen keine I. In Hefegenen sind sie seltener als in höheren Eukaryonten. Man könnte annehmen, dass das Fehlen von Introns einem primitiven Zustand entspricht. Die Analyse der Pyruvat-Kinase-Gene von Hühnern (13kb, 9 bzw. 10 Introns) und von Hefe (1,5kb, keine Introns) legt jedoch die Vermutung nahe, dass das Urgen von beiden zuerst aus kleineren DNA-Blöcken zusammengesetzt wurde, vermutlich vor der Divergenz von Pro- und Eukaryonten. Der anschließende Verlust von I. in den Hefe- und Prokaryontengenen kann als adaptive Antwort auf die Selektion in Bezug auf eine schnellere Reproduktion angesehen werden [N. Lonberg u. W. Gilbert Cell 40 (1985) 81-90]. Gene, die Introns enthalten, werden unterbrochene Gene (engl. split genes)genannt. Das Verfahren, in dem die I. aus einem RNA-Transcript entfernt und die benachbarten Exons verbunden werden, heißt Spleißen (engl. splicing). Die Basensequenz von Introns in der mRNA beginnt mit 5'GU und endet mit AG3'. Diese Sequenzen dienen als Erkennungsstellen für spleißende Enzyme. Das 5'GU ... AG3'-Muster kommt in tRNA-Vorläufermolekülen nicht vor, woraus geschlossen wird, dass mindestens zwei spleißende Enzyme existieren, eines für mRNA und eines für tRNA. I. sind oft länger als Exons und können den größeren Teil eines Gens ausmachen, beispielsweise enthält das Gen für Ovalbumin sieben I. und 7.700 Basenpaare, während die korrespondierende gespleißte mRNA aus 1.859 Basen besteht. Abhängig vom Organismus und dem Typ der Vorläufer-RNA sind mehrere verschiedene Spleißmechanismen möglich. Ein Modell für das Spleißen von Mitochondrien-RNA bei Fungi wird in Abb. 1 gezeigt.
Das Spleißen von präribosomaler RNA bei Tetrahymena geschieht unabhängig von ATP oder einem Protein (Abb. 2). [L.D. Hurst u. G.T. McVean Current Biology 6 (1996) 533-536]



Abb. 1. Intron. Sekundärstruktur des Introntranscripts (IT) der mitochondrialen Vorläufer-RNA von Pilzen [abgewandelt nach R.W. Davies et al. Nature 300 (1982) 719-724]. Die Nucleotidsequenzanalyse von vier mitochondrialen Introns aus Aspergillus nidulans und fünf aus Saccharomyces cerevisiae zeigt, dass alle korrespondierenden ITs in der Lage sind, die gleiche Sekundärstruktur auszubilden. P, Q, R und S entsprechen hochkonservierten Bereichen. E und E1 sind nicht hochkonserviert, jedoch immer komplementär. Diese Sekundärstruktur bringt die Enden der beiden flankierenden Exontranscripte einander nahe. Die genaue Ausrichtung der Spleißstellen wird durch eine interne Führungssequenz (IGS, internal guide sequence) im IT sichergestellt. Die IGS besteht aus zwei Tandemregionen, die mit den terminalen Regionen der entsprechenden flankierenden Exontranscripte Basenpaare bildet. Der Maturase-Loop stellt einen Bereich dar, der für eine mRNA-Maturase translatiert, ein Protein, das für die Exzision essentiell ist. Dies ist jedoch eine große Ausnahme, da die meisten ITs nicht für ein Protein codieren. Das Diagramm ist nicht maßstabsgetreu und es sind auch noch Tertiärstrukturen vorhanden, die nicht gezeigt werden.



Abb. 2. Intron. Autokatalytische Spaltungsligation von präribosomaler RNA der Tetrahymena [abgewandelt nach A.J. Zaug et al. Nature 301 (1983) 578-583]. Der Prozess wird durch die Insertion von Guanosin zwischen dem 3'-Ende des Exontranscripts (U) und dem 5'-Ende (A) des IT initiiert. Dabei wird die -UpA-Phosphodiesterbindung gespalten und das Guanosin an das 5'-Ende des IT gebunden, wodurch das IT von 413 auf 414 Nucleotide erweitert wird. Guanosin kann durch GMP, GDP bzw. GTP ersetzt werden. Für experimentelle Zwecke wird 32P-markiertes GMP eingesetzt, um das 5'-Ende des IT zu markieren. Das freie Ende (-U-OH) des Exontranscripts verbindet sich mit dem 5'-terminalen U des anderen Exontranscripts (unter Bildung einer neuen -UpU-Phosphodiesterbindung) bei gleichzeitiger Freisetzung des IT an seinem 3'-Ende. Das 3'-terminale G (Nucleotid 414) spaltet die Phosphodiesterbindung zwischen den Nucleotiden 15 (U) und 16 (A) unter Bildung eines zyklischen RNA-Fragments (Nucleotide 6-414) und eines linearen Fragments (Nucleotide 1-15). Auf diese Weise werden zwei Phosphodiesterbindungen gespalten und zwei gebildet. Die Zyklisierung soll möglicherweise verhindern, daß das ungewünschte RNA-Fragment an der Rückreaktion teilnimmt. Der gesamte Prozess kann als eine autokatalytische Spaltungs-Ligations-Reaktion beschrieben werden, wobei es sich bei der RNA um eine selbstspleißende RNA handelt. Eine selbstspleißende RNA wird auch als Ribozym bezeichnet. Die Entfernung von ITs durch Spleißen stellt eine der Arten der Posttranscriptionsmodifikation von RNA dar.

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