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Lexikon der Biochemie: Kollagen

Kollagen, ein extrazelluläres Protein, das für die Festigkeit und die Flexibilität des Bindegewebes verantwortlich ist. Es ist für 25-30 % des Proteins eines Tieres verantwortlich. Reifes K. ist unter physiologischen Bedingungen nicht löslich, außerdem wird es durch Wärme, Basen oder schwache Säuren denaturiert.

Struktur. Unter dem Lichtmikroskop erscheint das K. in Form von Fibrillen. Diese bestehen, wie unter dem Elektronenmikroskop sichtbar wird, aus Mikrofibrillen. Die Mikrofibrillen zeigen eine charakteristische Querstreifung mit einem Wiederholungsabstand von 67nm, die auf eine Ende-an-Ende-Ausrichtung der zugrundeliegenden Moleküleinheit, des Tropokollagens, zurückzuführen ist (Abb. 1). Das Tropokollagenmolekül ist eine rechtsgängige Tripelhelix, die aus zwei identischen Polypeptidketten (α1) und einer etwas unterschiedlichen Kette (α2) besteht. Jede α-Kette ist ihrerseits eine linksgängige Helix mit einem Anstieg von 0,95nm, während die Superhelix einen Anstieg von 10 nm aufweist. Die helicalen und superhelicalen Strukturen werden durch Wasserstoffbrückenbindungen zwischen der HN-Gruppe eines Glycins der einen Kette und der C=O-Gruppe eines Prolins oder einer anderen Aminosäure der benachbarten Kette stabilisiert. Die Tropokollagenmoleküle sind außerdem quervernetzt (s. u.). Die ungewöhnlichen strukturellen Eigenschaften des K. sind auf seine Aminosäuresequenz zurückzuführen. Jede α-Kette (Mr 100 kDa) enthält ungefähr 1.000 Aminosäurereste. Die Sequenz kann folgendermaßen zusammengefasst werden: (Gly-X-Y)n, wobei X häufig Pro und Y oft Hyp (Hydroxyprolin) ist.

Biosynthese. Das K. wird in Fibroblasten als Prokollagen, das ebenfalls aus drei Ketten (Mr 140 kDa) besteht, synthetisiert. Vor der Freisetzung des Prokollagens werden aus Prolyl- und Lysylresten durch posttranslatorische Modifizierung Hydroxyprolyl- und Hydroxylysylreste gebildet. Einige Hydroxylysylreste werden intrazellulär durch Addition von Galactose oder Glycosylgalactose an die Hydroxylgruppe weiter modifiziert. Die Ketten werden dann in den intrazellulären Raum ausgeschieden, wo N-terminale Peptide mit Mr von 20 kDa und C-terminale Peptide mit Mr von 35kDa mit Hilfe von zwei Prokollagen-Peptidasen abgespalten werden. Anschließend bildet sich spontan das Tropokollagen. Spezifische Lysyl- und Hydroxylysylreste werden durch die Lysyl-Oxidase oxidiert, wodurch die Stickstoffgruppe der Seitenkette verlorengeht und eine Aldehydgruppe gebildet wird. Diese Aldehydgruppen führen mit benachbarten Seitenketten spontan Schiffsche Basen- und Aldol-Kondensationen durch, wobei eine Vielzahl von Quervernetzungen gebildet wird, die zur Festigkeit des K. beitragen (Abb. 2).

Kollagenerkrankungen. Eine Reihe von vererbten und umweltbedingten Erkrankungen sind auf eine Beeinträchtigung der Kollagensynthese zurückzuführen. Vererbte Enzymdefekte sind verantwortlich für das Ehlers-Danlos-Syndrom (überdehnbare Haut), das Marfan-Syndrom (Tendenz der Aorta zu reißen), die Osteogenesis imperfecta (starke Knochenbrüchigkeit) und die Dermatosparaxis (Hautbrüchigkeit beim Rind). Da zur Bildung der Hydroxyprolylreste Ascorbinsäure benötigt wird, blockiert ein Mangel dieses Vitamins in der Nahrung (Skorbut) die Kollagenbildung. Der Lathyrismus resultiert aus der Aufnahme der wohlriechenden Platterbse (Lathyrus odoratus) oder von Nitrilen durch junge Tiere bzw. aus einem Kupfermangel. Dieses Syndrom ist auf die Inhibierung der Lysyl-Oxidase und dem daraus resultierenden Fehlen von Quervernetzungen im K. zurückzuführen. Bei rheumatischer Arthritis, Osteoarthrose, Sklerodermie und Alkaptonurie werden Kollagenfibrillen abgebaut. [W.G. Cole Prog. Nucl. Acid Res. Mol. Biol. 47 (1994) 29-80; D.J. Prockop Annu. Rev. Biochem. 64 (1995) 403-434]



Kollagen. Abb. 1. Schematische Struktur von Kollagenmikrofibrillen. A: ein Bereich kurzer Überlappungen. B: ein langer Überlappungsbereich. C: ein Überlappungsbereich, der der Zone einer Lücke und einem Bereich kurzer Überlappung entspricht und für den Abstand von 66,8nm in der Bandenstruktur der Mikrofibrillen verantwortlich ist. D: eine Lücke. Jeder einzelne Pfeil (Länge 4,4 × C) repräsentiert ein Tropokollagenmolekül.



Kollagen. Abb. 2. Bildung und Struktur von Kollagenquervernetzungen. Die Lysin-Norleucin-Verknüpfung kommt sowohl in Kollagen als auch in Elastin vor. Die Aldolverknüpfung kommt nur an den N-Enden der Kollagenketten vor. Hydroxylysin-5-keto-Norleucin-Verknüpfungen (mit oder ohne Kohlenhydrat) sind in mineralisiertem Kollagen am weitesten verbreitet. Die meisten Kollagene enthalten eine große Anzahl an Dehydrohydroxylysin-Norleucin-Verknüpfungen. Aldolhistidin wird nur im Kollagen der Kuhhaut in nennenswerten Mengen gefunden. Histidin-hydroxymerodesmosin-Verknüpfungen kommen in den meisten Kollagenen vor. Hydroxymerodesmosin entspricht dem Merodesmosin (nach Reduktion) in Elastin. [M.L. Tanzer Science 180 (1973) 551-566]

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