Direkt zum Inhalt

Lexikon der Biochemie: Mutation

Mutation, chemische oder physikalische Veränderung am genetischen Material einer Zelle oder eines Organismus. Eine einzige M. stellt eine Änderung in einem Gen dar, das ein definierter Abschnitt der DNA (oder RNA) ist. Chemische Änderungen in der DNA können in der Substitution eines Nucleotids gegen ein anderes bestehen, welche auf einen Kopierfehler (einen Basenpaarungsfehler) oder eine Änderung, wie z.B. die Dimerisierung benachbarter Basen, die ein genaues Kopieren verhindert, zurückzuführen sind. Zu den physikalischen Änderungen zählen Bruch oder Verlust eines Teils des DNA-Moleküls oder Umlagerung des Moleküls.

Eine Punktmutation betrifft ein einzelnes Nucleotid. Sie kann bestehen in a) der Substitution eines Nucleotids gegen ein anderes, b) dem Verlust eines Nucleotids (Deletion) oder c) der Insertion eines zusätzlichen Nucleotids. In jedem Fall wird die Nucleotid- bzw. Basensequenz geändert. In den Fällen b und c wird das Leseraster oder die Einteilung der Sequenz in Triplets, die in Aminosäuren übersetzt werden (genetischer Code, Proteinbiosynthese), verschoben. Dies hat ernsthafte Auswirkungen auf das Proteinprodukt des Gens, sofern es sich um ein Strukturgen handelt.

Der Austausch einer Base gegen eine andere kann, aber muss nicht eine Änderung in der Interpretation eines Basentriplets oder eines nichttranslatierten Abschnitts der DNA nach sich ziehen. M., die keine phänotypischen Auswirkungen haben, werden "stumme M." genannt. Der größte Teil der DNA in einem multizellulären Organismus wird allem Anschein nach niemals translatiert. Ein Teil dieser nichttranslatierten DNA reguliert die Expression der Strukturgene (Genexpression), ein anderer Teil dient dazu, Umlagerungen, wie crossing-over von Geschwisterchromosomen und Verlagerung von Transposons, zu ermöglichen, ein weiterer Teil unterstützt die Paarung homologer Chromosomen bei der Meiose und wieder ein anderer Teil scheint keine Funktionen zu haben oder dient nur als Abstandshalter zwischen Genen. M. in solchen Bereichen haben wahrscheinlich keine Auswirkung.

Erkennbare M. führen zu Änderungen in Struktur- oder Regulatorgenen und zeigen sich entweder durch das Fehlen oder durch Veränderungen von Enzymen, Strukturproteinen, Stoffwechselreaktionen oder Stoffwechselleistungen. Auswirkungen auf morphologische Merkmale können Änderungen in der Pigmentierung, Körperstruktur oder Reaktionen auf Umweltveränderungen sein.

M. können ungerichtet sein, spontan oder induziert (z.B. durch Mutagene) und können in multizellulären Organismen sowohl in den Soma- als auch in den Keimzellen auftreten. In der Natur werden nur letztere an nachfolgende Generationen weitergegeben. Eine ungerichtete M. kann selektiert werden, um Umwelteinflüssen, die die Arterhaltung bedrohen, entgegenzuwirken. Es ist jedoch wahrscheinlicher, dass sie verloren geht. Eine spontane M. kann auf Fehler bei der DNA-Replikation zurückzuführen sein. Einige Abschnitte der DNA unterliegen diesen Fehlern häufiger (hot spots) als andere. Das genetische Material, das durch Vererbung die Konstanz der Arten über die Folge der Generationen und über die geologischen Zeitalter sichern soll, ist in einem gewissen Ausmaß variabel. Diese Variabilität der Gene ist die Grundlage der Evolution. Die Evolution hat vermutlich Polymerasen selektiert, die eine niedrige, jedoch endliche Tendenz dazu haben, sich in der Replikation zu irren.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.