Direkt zum Inhalt

Lexikon der Biochemie: Naturfarbstoffe

Naturfarbstoffe, Biochrome, farbige organische Verbindungen, die im Tier- und Pflanzenreich außerordentlich weit verbreitet sind. Ihre Farben sind durch ihre chemischen Strukturen bedingt, die Licht im sichtbaren Spektrum zwischen 400 und 800 nm absorbieren und die nichtabsorbierten Wellenlängen reflektieren oder übertragen. Wird nur eine Farbe des Spektrums gleichmäßig absorbiert, so erscheint dem menschlichen Auge die Komplementärfarbe. Werden alle Teile des Spektrums gleichmäßig absorbiert, sehen die Substanzen grau bis schwarz aus. Eine Nichtabsorption oder gleichmäßige Reflexion aller Wellenlängen des sichtbaren Spektrums führt zu Weiß. Diese Pigmentfarben unterscheiden sich von den Strukturfarben, die auf der Lichtreflexion und -refraktion durch physikalische Oberflächenstrukturen basieren. Natürliche (und auch synthetische) Farbstoffe organischer Herkunft sind ungesättigte Verbindungen mit einem System konjugierter Doppelbindungen. Als chromophore Gruppen (Chromophore) bezeichnet man Strukturelemente wie -CH=CH-, =CO, -N=O oder -N=N-; sie bedingen das Auftreten von Absorptionsbanden im sichtbaren Bereich. Auxochrome Gruppen (Auxochrome), z.B. -NR2, -NH2, -OH, rufen selbst keine Farbigkeit hervor, verstärken jedoch die Intensität eines vorhandenen Chromophors. Bathochrome und Hypochrome bewirken eine Verschiebung der Absorption in lang- bzw. kurzwelligere Bereiche und rufen eine Veränderung des sichtbaren Farbtons hervor. Die meisten N. zeigen auch zu einem bestimmten Grad Fluoreszenz und/oder Phosphoreszenz. Bei einigen N. kann UV-Licht zu einer Fluoreszenz anregen, deren Wellenlänge in der Nähe der sichtbaren Farbe liegt, wie z.B. beim Ribitylflavin. Durch dieses Zusammentreffen kann die normale Intensität der sichtbaren Farben erhöht werden.

Tierische Farbstoffe heißen auch Zoochrome. Die Bezeichnung Phytochrome ist dagegen auf bestimmte Pflanzenpigmente beschränkt. Nach ihrer chemischen Struktur unterteilt man die N. in die Stoffklassen der Carotinoide, Pteridine, Tetrapyrrole, Chinone, Melanine, Flavonoide, Ommochrome, Betalaine, Ergochrome sowie in indigoide Farbstoffe u.a.

Viele N. haben als Lock-, Schreck- oder Tarnfarbe große Bedeutung für die Existenz und Arterhaltung des betreffenden Individuums; andere fungieren als Schutzfaktoren, z.B. vor schädigendem UV-Licht (Melanin) oder gegen Pilzbefall (einige Flavonoide). Einige sind am Sammeln sowie an der Umwandlung von Lichtenergie in Pflanzen beteiligt, während tierische Pigmente, wie z.B. Hämoglobin, für den Transport von Sauerstoff wichtig sind. Vielfach treten N. aber auch als Stoffwechselendprodukte ohne sichtbare äußere Funktion auf.

N. werden schon seit Jahrtausenden zum Färben verwendet. Zu den ältesten N. gehören Alizarin, Indigo und Purpur, aber auch Safran, Kermes und Cochenille sowie flavonoidhaltige Farbhölzer. Mit der Entwicklung synthetischer, den Naturprodukten meist überlegener Farbstoffe ist die Nutzung von N. stark zurückgegangen. Dagegen werden in der Lebensmittelindustrie N. weiterhin eingesetzt.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.