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Lexikon der Biochemie: Transaminasen

Transaminasen, Aminotransferasen (EC-Unteruntergruppe 2.6.1), eine Gruppe von Transferasen, die die reversible Übertragung der Aminogruppe einer bestimmten Aminosäure auf eine bestimmte Oxosäure katalysieren, wobei eine neue Aminosäure und eine neue Oxosäure gebildet werden. Coenzym der T. ist Pyridoxalphosphat, das mit seiner Carbonylgruppe über die ε-Aminogruppe eines Lysinrests des Apoenzyms in Form einer Schiffschen Base ("inneres" Aldimin) an die jeweilige T. gebunden ist. Während des mehrstufigen Transaminierungsvorgangs lagert sich die zu desaminierende Aminosäure durch Verdrängung des Lysinrests aus seiner Aldiminbindung an die Carbonylgruppe des Coenzyms und bildet ein "äußeres" Aldimin bzw. eine primäre Schiffsche Base (Abb.). Der Aminostickstoff und das phenolische Sauerstoffion des Coenzyms werden durch ein Proton überbrückt. Dadurch entsteht ein Chelatring, der das konjugierte System der Schiffschen Base in einer planaren Konformation hält. Nach Abspaltung des α-Wasserstoffs als Proton findet eine Elektronenumlagerung statt, wodurch ein chinoides Ketimin (Schiffsche Base als Zwischenstufe) entsteht. Das konjugierte System erstreckt sich in diesem Fall von der Carboxylgruppe bis zum Ringstickstoff. Vermutlich fungiert auf dieser Reaktionsstufe ein katalytischer Lysinrest oder eine andere basische Gruppe als Elektronensenke. Durch weitere Umlagerung entsteht ein nichtchinoides Ketimin (sekundäre Schiffsche Base), das zur neuen Oxosäure und zu Pyridoxamin-5'-phosphat hydrolysiert wird. Dies entspricht der einen Hälfte der Transaminierungsreaktion. Die Aminogruppenübertragung wird vervollständigt, indem eine andere Oxosäure mit Pyridoxamin-5'-phosphat kondensiert und die Reaktionsfolge in umgekehrter Reihenfolge durchlaufen und eine neue Aminosäure gebildet wird.

Die gegenseitige Umwandlung der tautomeren Schiffschen Basen stellen den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Transaminierung dar.

Fast alle Aminosäuren können an Transaminierungsreaktionen teilnehmen. Jedoch ist es auf Grund der Spezifität der meisten T. erforderlich, dass ein Reaktionspartner eine saure Aminosäure (Glutamat oder Aspartat) ist bzw. deren korrespondierende Oxosäure. Die Transaminierung ist ein vollkommen reversibler, anergischer Prozess, d.h. es wird weder eine energiereiche Verbindung (z.B. ATP) gebildet noch benötigt und die Transaminierungsrichtung hängt nur vom Massenwirkungsgesetz der beteiligten Substrate ab. In der Leber werden überschüssige Aminosäuren durch Transaminierung in Oxosäuren überführt, die dem Kohlenhydratstoffwechsel zugeführt werden. Die Aminogruppen treten in Form von Glutamat oder Aspartat auf und werden anschließend in Harnstoff inkorporiert (Harnstoff-Zyklus). Bei Pflanzen und Bakterien beziehen die meisten Aminosäuresynthesewege auch die Bildung von Oxosäuren ein, die schließlich zur benötigten Aminosäure transaminiert werden (gewöhnlich durch Glutamat). Auf keiner Transaminierungsstufe wird freier Ammoniak gebildet. Der Aminostickstoff ist immer kovalent in einer Aminosäure oder im Pyridoxaminphosphat-Coenzym gebunden.

Tierisches Gewebe, insbesondere Leber und Herzmuskel enthalten sehr hohe Aktivitäten an Glutamat-Oxalacetat-T. (GOT, bevorzugte Bezeichnung: Aspartat-Aminotransferase, EC 2.6.1.1) und Glutamat-Pyruvat-T. (GPT, bevorzugte Bezeichnung: Alanin-Aminotransferase, EC 2.6.1.2). GPT kommt in der Leber als cytosolisches Enzym vor und zeigt im Herzmuskel nur geringe Aktivität, während GOT-Aktivität im Herzmuskel höher ist. GOT ist zu etwa gleichen Teilen im Cytosol und in den Mitochondrien beider Organe vorhanden, Mr 90 kDa (zwei identische Untereinheiten, Mr 45kDa). Die Primärstruktur der cytoplasmatischen Schweineherz-GOT wurde ermittelt (je Untereinheit 412 Aminosäurereste). Die Aktivität der T. ist im Normalserum sehr gering. Bei bestimmten Krankheiten, die mit einer Zellschädigung einhergehen, treten die T. in das Blut über. Die Höhe und das Verhältnis der GOT- und GPT-Aktivitäten im Serum geben daher wertvolle diagnostische Hinweise bei der Früherkennung und Verlaufskontrolle verschiedener Lebererkrankungen (stark bzw. mäßig erhöht bei akuter bzw. chronischer Leberentzündung; kaum erhöht bei Verschlussikterus) und beim Herzmuskelinfarkt. Die quantitative Bestimmung der beiden T. erfolgt im gekoppelten optischen Test. Dabei wird das aus dem zur Serumprobe zugegebenen L-Alanin bzw. Aspartat neugebildete Pyruvat (bei der GPT) bzw. Oxalacetat (bei der GOT) in einer sich unmittelbar anschließenden Indikatorreaktion durch Lactat- bzw. Malat-Dehydrogenase zu Milchsäure bzw. Äpfelsäure reduziert. Gestartet wird der Testansatz mit dem als Wasserstoffdonator dienenden Coenzym NADH, das bei der Indikatorreaktion zu NAD+ dehydriert wird. Parallel dazu kommt es zu einer Abnahme der durch NADH verursachten Absorption bei 366nm, die als Aktivitätskriterium dient.



Transaminasen. Mechanismus der Transaminierung. Die durchgezogene Linie stellt die Oberfläche des Apoenzyms dar, die einen katalytisch wichtigen Lysinrest enthält.

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