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Kompaktlexikon der Biologie: Altersbestimmung

METHODEN

Altersbestimmung

Nicht nur in Paläontologie, Geologie oder Archäologie, sondern auch in einigen Teilbereichen der Biologie (Palökologie, Archäobotanik) stellt sich häufig die Frage nach dem Alter eines Untersuchungsobjektes bzw. wie sich dieses erdgeschichtlich einordnen lässt. Hierzu stehen eine Reihe von Analyseverfahren zur Verfügung, mit deren Hilfe sowohl relative Datierungen, die ein zeitliches Ereignis in Beziehung zu einem anderen zeitlichen Ereignis setzen, als auch absolute Datierungen durchgeführt werden können, bei denen ein Ereignis in eine Zeitskala eingeordnet wird. Dabei bestimmen Art und Beschaffenheit des Materials die Wahl der Methode ( vgl. Tab. ), die sich u.a. danach richtet, welche Zeitspanne und mit welcher Genauigkeit datiert werden soll. Vielfach werden mehrere Methoden miteinander kombiniert, um das Alter verlässlich bestimmen zu können.

Wichtig für die Altersbestimmung sind eine Reihe von radiometrischen Verfahren, von denen die Radiokarbonmethode (14C-Methode) sowohl bei geologischen als auch biologischen Proben auf vielfältige Weise zur Anwendung kommt. Sie wurde in den 1940er-Jahren von Willard F. Libby (1908-1980) entwickelt, der hierfür 1960 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Bei allen radiometrischen Verfahren wird die Tatsache ausgenutzt, dass in geologischem und organischem Material natürlich auftretende radioaktive Isotope vorhanden sind, deren Restkonzentrationen messbar sind. Da diese von den Ausgangskonzentrationen abhängen, kann bei Kenntnis der Halbwertzeit des radioaktiven Zerfalls das Alter einer Probe ermittelt werden.

Grundlage der Radiokarbonmethode ist die Tatsache, dass Kohlenstoff natürlicherweise in Form der beiden stabilen Isotope 12C und 13C sowie des radioaktiven 14C vorkommt, das in der oberen Atmosphäre durch Einwirkung der Höhenstrahlung auf Stickstoff entsteht. Im CO2 (Kohlenstoffdioxid) der Luft sind die drei Isotope wie folgt enthalten: 12C = 98,98 %, 13C = 1,11 % und 14C = 10-12 %. Während der Fotosynthese und durch die Aufnahme organischer Nahrung werden alle Lebewesen in gleicher Weise mit 14C „radioaktiv markiert“; nach ihrem Tod kommt es zu keiner weiteren Zufuhr, sodass aufgrund des radioaktiven Zerfalls von 14C in das stabile 14N-Stickstoffisotop der Gehalt an 14C kontinuierlich abnimmt. Basierend auf der Halbwertszeit von 5730 ± 40 Jahren lässt sich das Alter einer Probe genau bestimmen ( vgl. Abb. ). Die ursprüngliche Annahme, dass der 14C-Gehalt der Atmosphäre während der vergangenen 100000 Jahre konstant war, hat sich, wie man heute weiß, nicht bestätigt. Langfristigen und kurzfristigen Schwankungen des 14C-Gehaltes tragen deshalb Kalibrierungskurven Rechnung, mit deren Hilfe die Datierungsergebnisse präzisiert werden können. Methodisch kann der 14C-Gehalt indirekt mit Hilfe eines Zählrohrs bestimmt werden, das die radioaktiven Zerfälle pro Zeiteinheit erfasst, oder aber direkt mittels Teilchenbeschleunigern. Die Radiokarbonmethode ist für Alterbestimmungen von 300 bis ca. 50000 Jahre geeignet. Andere radiometrische Verfahren, wie die Kalium-Argon- und die Uran-Thorium-Methode dienen der Bestimmung wesentlich älteren Materials.

Neben der Bestimmung radioaktiver Isotope kommt bei bestimmten Fragestellungen auch die Untersuchung stabiler Isotope zum Einsatz. In der Paläoklimaforschung können mit Hilfe des in Abhängigkeit von der Wassertemperatur veränderten Verhältnisses der Sauerstoffisotopen 18O und 16O z.B. in Eisbohrkernen und Sedimentbohrungen Klimaschwankungen erfasst werden.

Von großer Bedeutung ist bei der Altersbestimmung auch fossiles und konserviertes biologisches Material. Leitfossilien sind nur für eine bestimmte Gesteins- bzw. Sedimentschicht charakteristisch, sodass deren Fehlen oder Anwesenheit es erlauben, z.B. fossile Fundstücke in ein zeitliches Gefüge einzuordnen. Dies ist immer dann möglich, wenn Leitfossilien zusammen mit anderen fossilen Tieren oder Pflanzenteilen in so genannten Grabgemeinschaften (Thaphozönosen) vorkommen. Wichtige Leitfossilien sind z.B. Ammoniten (Ammonoidea).

Ein weiteres wichtiges Verfahren zur relativen Altersbestimmung von jüngeren, wenige Tausend Jahre alten Proben ist die Pollenanalyse (Palynologie), bei der aufgrund von quantitativen und qualitativen Auswertungen der in einer Probe vorhandenen Pollen (und Sporen) Rückschlüsse auf deren relatives Alter möglich sind. Die widerstandsfähige Beschaffenheit der Pollenwand (Exine) sorgt dafür, dass Pollenkörner gut erhalten bleiben und gewährleistet zusammen mit morphologischen Merkmalen eine gute Bestimmung. In wachsenden Ablagerungen (Mooren, Sedimenten) wird Pollen eingebettet, sodass Analysen von Bohrproben Rückschlüsse auf die Vegetationsveränderungen zulassen.

Bei der Dendrochronologie ( vgl. Abb. ) werden die Breiten der aufgrund von sommerlichem Wachstum und winterlicher Wachstumspause erzeugten Jahresringe zur Altersbestimmung verwendet. Da davon auszugehen ist, dass innerhalb ein- und desselben Klimagebietes bei verschiedenen Bäumen dieselben Muster auftreten, kann anhand von Überlappungen der Jahrringabfolgen in Stammscheiben oder Bohrkernen von heute lebenden und bereits verarbeiteten oder bei Grabungen gefundenen Bäumen deren Alter bestimmt werden. Mit Hilfe der Eichenchronologie kann z.B. Material bis in das Jahr 8480 v.Chr. zurückverfolgt werden. Eine vergleichende Analyse von Holz mittels Dendrochronologie und 14C-Methode dient auch der Korrektur von Fehlern der Radiokarbondaten.



Altersbestimmung: Bei einer Altersbestimmung durch Dendrochronologie lässt sich nicht nur das Alter einzelner Bäume bzw. Holzstücke zum Zeitpunkt ihrer Fällung ermitteln, sondern durch fortschreitende Überlappungen der typischen Ringmuster von unterschiedlichen Fundstücken auch deren tatsächliches Alter bestimmen



Altersbestimmung: anhand der Radiokarbonmethode



Altersbestimmung: Auswahl der wichtigsten Methoden zur Altersbestimmung

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