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Kompaktlexikon der Biologie: Ammonoidea

Ammonoidea, Ammoniten, eine Gruppe ausschließlich fossil überlieferter Kopffüßer (Cephalopoda) mit gekammerter, ventral meist gekielter Außenschale von überwiegend planspiralem und bilateralsymmetrischem Bau. Die am Rand gewellten Kammerscheidewände (Septen) werden von einem randständigen, dünnen Sipho durchzogen; an den Durchtrittsstellen bilden die Septen trichterartige, meist nach vorn gerichtete Ausstülpungen (Siphonalduten). Die Anfangskammer ist mit bis 1,5 mm Durchmesser klein, hocheiförmig oder queroval und ohne Narbe.

Der Weichkörper der A. ist weitgehend unbekannt. Aus Einzelfunden wird geschlossen, dass sie zehn Tentakel besaßen und somit eher den Dibranchiata ähnlich waren, als Nautilus, denen sie wegen ihrer äußeren Schale am ähnlichsten sehen ( vgl. Abb. ). Ein Trichter zum Ausstoßen von Wasser dürfte vorhanden gewesen sein, denn er gehört zum Grundmuster der Kopffüßer. Spuren von zwei federartigen Kiemen sind nachgewiesen. Die Radula der A. trug sieben Zähnchen und zwei Randelemente in jeder Reihe wie die Dibranchiata. Im Zusammenhang mit den Gehäusen finden sich oft unpaare oder paarige schalenartige Plättchen, die als Anaptychus bzw. als Aptychus bezeichnet werden ( vgl. Abb. ). Sie werden neuerdings als Kieferapparat und Deckel interpretiert und sollen statt einer beißenden, eine schaufelartige und zugleich schützende Funktion gehabt haben. Ein Ösophagus mit Drüsenanhang sowie Kropf und Magen gelten als fossil belegt. Für den Besitz eines Tintenbeutels hingegen gibt es keine Hinweise. Der Weichkörper war länger und „wurmförmiger“ als bei Nautilus und mit kräftigen Rückziehmuskeln ausgestattet. Die Septen und die innere Schalenwand waren mit organischen Membranen ausgekleidet. Die Kammern waren vermutlich veränderbar mit Gas und/oder Flüssigkeit erfüllt. Dem Sipho wird eine den Auftrieb regulierende Funktion zugeschrieben.

Die Schale der A. war leichter gebaut als die von Nautilus. Sie bestand ursprünglich wohl aus Aragonit, ist aber durch Diagenese (Fossilisation) oft in Calcit umgewandelt. Sie gliedert sich in das organische Periostracum sowie eine äußere und eine innere Prismenschicht, die eine Perlmutterschicht (Perlmutter) einschließen, aus der auch die Septen bestehen. Der Schalenzuwachs erfolgte rhythmisch am Mundsaum (Peristom); er ist äußerlich an den Anwachsstreifen erkennbar, die meist den Verlauf des selten unverletzt erhaltenen Peristoms widerspiegeln. Die Wohnkammer ist immer länger als bei Nautilus und erreicht bis zu eineinhalb Umgänge.

Die A. lebten vom Devon bis zur Kreide, wobei es mehrere Einschnitte gab, die mit dem Aussterben vieler Taxa verbunden waren. Im Jura erreichten die A. den Höhepunkt ihrer Entwicklung. Die A. besiedelten sowohl offene Ozeane als auch flache Epikontinentalmeere. Es gab offensichtlich Arten, die in großem Maße vertikale Wanderungen vornahmen, aber auch solche, die sehr standorttreu nahe dem Boden lebten. Die Fortbewegung dürfte nach dem Rückstoßprinzip erfolgt sein. Untersuchungen fossiler Mageninhalte lassen erkennen, dass vor allem Foraminifera, Ostracoda, Crinoida, aber auch Brachiopoda, Krebstiere, Fische und vermutlich sogar auch kleinere Artgenossen gefressen wurden.

Durch ihren großen Formenreichtumg (über 3000 Gattungen), eine hohe Evolutionsgeschwindigkeit und die morphologische Vielfalt sind die A. wichtige Leitfossilien.

Literatur: Keupp, H.: Ammoniten – Paläobiologische Erfolgsspiralen, Stuttgart 2000



Ammonoidea: Auf dem rezenten Nautilus basierende Rekonstruktion eines Ammoniten



Ammonoidea: Schematische Rekonstruktion eines Ammoniten der Gattun Aspidoceras (nach Trauth)

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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