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Kompaktlexikon der Biologie: Farbwechsel

Farbwechsel, die Fähigkeit einiger Tiere, ihre Körperfärbung ganz oder teilweise zu ändern. Nach ihrer Entstehungsweise werden zwei Formen des F. unterschieden, der morphologische F. und der physiologische F.

Der morphologische F. beruht auf einer lang anhaltenden, Tage bis Wochen dauernden Vermehrung oder Verminderung der Zahl Farbstoffe führender Zellen (Chromatophoren) oder des Gehalts an Farbstoffen. Er kann irreversibel sein, wie z.B. bei der Jugend- bzw. Adultfärbung oder reversibel, wie z.B. im Fall des Saisondimorphismus. Morphologischer F. dient der optischen Tarnung durch Anpassung an die sich farblich ändernde Umgebung (z.B. Sommer-/Winterkleid bei verschiedenen Tieren) oder der Signalwirkung (z.B. Balzkleid mancher Vogelarten).

Der physiologische F. geschieht durch Änderung der Verteilung eines bereits vorhandenen Farbstoffs innerhalb der Chromatophoren. Er kann in Sekunden ablaufen (z.B. bei den Kopffüßern, Cephalopoda), aber auch Minuten oder Stunden benötigen (z.B. bei Krebsen oder Fischen) und auf neue Reize hin ebenso rasch wieder umschlagen. Die Haut des Tieres erscheint hell, wenn das Pigment in der Mitte der Chromatophoren konzentriert ist, und sie zeigt die Farbe des Pigments, wenn dieses gleichmäßig innerhalb der Zelle verteilt ist ( vgl. Abb. ). Für diese Vorgänge sind im Tierreich zwei verschiedene Mechanismen verwirklicht. Bei den meisten Tierarten mit physiologischem F. (u.a. Articulata, Fische, Amphibia, Reptilia) breiten sich die Pigmentgranula aktiv in den verästelten Chromatophoren aus bzw. häufen sich im Zentrum der Zelle an. Noch ungeklärt ist hierbei die Rolle von Actomyosin-Filamenten (Amphibien) oder von Mikrotubuli (Fische). Im Unterschied zur aktiven Pigmentverlagerung innerhalb der Zelle, können die Chromatophoren der Kopffüßer ihre Gestalt verändern ( vgl. Abb. ). Hier setzen an der Zelloberfläche der Chromatophoren radiäre glatte Muskelfasern an. Bei Kontraktion der Fasern wird der Chromatophor unter Entfaltung der Zellmembran zusammen mit dem die Pigmentgranula umhüllenden „Pigmentsack“ zu einer flachen Scheibe gedehnt; das Ergebnis ist Farbvertiefung. Bei Gliedertieren und bei Kopffüßern wirken oft mehrere Pigmente in einer Farbzelle zusammen (polychrome Chromatophoren). Wirbeltiere können entweder durch Zusammenarbeit verschiedener monochromer Chromatophorentypen, die unterschiedliche Pigmente enthalten, oder durch Filterwirkung darüber liegender Zellagen Mischfarben erzeugen, die dann durch Melaninverschiebung in den Melanocyten variiert werden (z.B. Laubfrösche). Ausgelöst wird der physiologische F. zentralnervös durch Lichteinwirkung entweder unmittelbar auf das Pigmentsystem oder über Sinnesorgane (Augen, Parietalorgan), manchmal auch über den Tastsinn. Die Steuerung erfolgt nerval (z.B. Kopffüßer, Chamäleon) und/oder hormonal (einige Fische). Der physiologische F. dient der Tarnung durch farbliche Anpassung oder der Signalwirkung für den Artgenossen, Konkurrenten oder Fressfeind. Vögeln und Säugetieren fehlt die Fähigkeit zum physiologischen Farbwechsel.



Farbwechsel: 1 Chromatophor eines Knochenfisches, a Pigment geballt (hell), b Pigment ausgebreitet (dunkel). 2 Chromatophor eines Kopffüßers, a Pigment geballt (hell), b Pigment mit Pigmentsack durch Muskelkontraktion ausgebreitet (dunkel)



Farbwechsel: Lichtmikroskopische Aufnahmen der Pigmentverteilung in den Chromatophoren eines Krebses (Fischassel); links Pigment ausgebreitet – ergibt „dunkel“, rechts Pigment in der Mitte der Chromatophoren konzentriert – ergibt „hell“

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