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Kompaktlexikon der Biologie: Geruchssinn

Geruchssinn, Riechsinn, olfaktorischer Sinn, die Fähigkeit, mit Hilfe spezialisierter Organe Duftstoffe wahrzunehmen. Der G. ist ein Fernsinn und gehört zu den chemischen Sinnen. G. und Geschmackssinn hängen eng zusammen und vor allem bei im Wasser lebenden Tieren sind sie kaum voneinander zu trennen.

Geruchssinneszellen sind immer primäre Sinneszellen. Bei Wirbellosen sind sie mehr oder weniger über den Körper verteilt oder befinden sich insbesondere an den Extremitäten (Spinnen, Krebse) bzw. an den Antennen (Insekten). Bei den Wirbeltieren liegen die Geruchssinneszellen in der Riechschleimhaut der Nase. Die durch Duftstoffmoleküle ausgelösten Reize werden bei den Wirbeltieren über paarige Geruchsnerven (Nervus olfactorius) dem Gehirn zugeleitet und dort weiter verarbeitet, wodurch die Geruchswahrnehmung erst möglich wird.

Es wird davon ausgegangen, dass es etwa 10000 für den Menschen unterscheidbare Düfte gibt. Zur Klassifikation gibt es ein System von sieben typischen Geruchsklassen, die sowohl einer bestimmten chemischen Substanz, aber auch einer allg. bekannten Substanz zugeordnet werden. Diese so genannten Primärgerüche sind campherartig (Mottenpulver), moschusartig (Angelikawurzelöl), blumig (Rose), minzig (Pfefferminzbonbon), etherisch (Fleckenwasser), schweißig (Schweiß), faulig (faule Eier). Kommt ein Duftmolekül mit einem spezifischen Rezeptorprotein in Kontakt, so wird über ein G-Protein die Konzentration von cAMP (Adenosinphosphate) in der Zelle erhöht, wodurch direkt unspezifische Kationenkanäle in der Membran geöffnet werden können. Dieser Signalverstärkungsmechanismus führt dann letztlich zur Auslösung von Aktionspotenzialen, der chemische Reiz wird in ein elektrisches Signal umgewandelt, das weiter ins Zentralnervensystem geleitet und dort verarbeitet wird. Für die Rezeptorproteine existiert eine mehrere Hundert Mitglieder umfassende Genfamilie; die von ihr exprimierten Rezeptorproteine sind untereinander sehr ähnlich, weisen aber wohl im Bindungsbereich des Duftmoleküls eine hohe Variabilität auf, ähnlich dem Prinzip der Variabilität, das bei Immunglobulinen verwirklicht ist.

Der G. spielt eine Rolle vor allem bei der Nahrungswahl, der Geschlechterfindung, der Arterkennung, der Revierabgrenzung; Tauben, aber auch andere Vögel orientieren sich mit Hilfe des G., Lachse finden über den G. ihren Geburtsort, den sie zum Laichen aufsuchen, nach mehreren Jahren wieder. Je nachdem, wie gut der G. ausgebildet ist, unterscheidet man Makrosmatiker mit gutem G., Mikrosmatiker mit weniger gut ausgebildetem G. sowie Anosmatiker (z.B. Wale), die nicht riechen können.

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Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
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Dr. Daniel Dreesmann

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Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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