Direkt zum Inhalt

Kompaktlexikon der Biologie: Haut

Haut, i.w.S. Sammelbez. für flexible, zugelastische und abdichtende Deck- und Grenzschichten unterschiedlichen Aufbaus, die ganze Organismen oder einzelne Organe bzw. Körperhohlräume umkleiden oder auskleiden können (z.B. Knochenhaut, Schleimhaut, Netzhaut). – I.e.S. Integument, die äußere Körperbedeckung aller mehrzelligen Tiere. Sie ist i.d.R. ein einschichtiges und nur bei Chaetognatha und bei Wirbeltieren (Vertebrata) mehrschichtiges Epithel, das bei Schnurwürmern (Nemertini) und bei Wirbeltieren mit einer Schicht unterlagernden Bindegewebes eine funktionelle Einheit (Cutis) bildet. Als Grenzschicht zwischen Körperinnerem und Außenwelt bietet die H. Schutz gegen Außeneinwirkungen, wie Parasiten, Schadstoffe sowie bei Landtieren gegen Verdunstung. Vor allem bei Wassertieren ermöglicht sie einen kontrollierten Stoffaustausch zwischen Innen- und Außenmilieu. Ferner dient die H. der Aufnahme von Sinneseindrücken (Hautsinne) und über das Aussenden optischer und chemischer Signale (z.B. Pigmentierungsmuster, Erröten) der Kommunikation. Für manche Organismen spielt sie eine Rolle bei der Fortbewegung, z.B. mit Hilfe von Flimmerepithelien oder von Gleitschleimen wie bei Schnecken. Bei Säugern ist die H. das wichtigste Organ für die Temperaturregulation.

Die Wirbeltierhaut (Cutis) ( vgl. Abb. ) besteht aus der ektodermalen, oft vielschichtigen Epidermis (Oberhaut) und dem darunter liegenden mesodermalen Bindegewebe des Coriums (Unterhaut, Dermis, Lederhaut). Beide Schichten sind durch ein System papillen- oder leistenförmiger Coriumvorwölbungen und tief zwischen diese hineinragende Epidermiszapfen innig miteinander verzahnt. Vom reich durchbluteten Corium her erfolgt die Ernährung der Epidermis. Pigmentzellen im Corium verleihen der H. ihre Färbung, und in den Coriumpapillen liegende Sinnesrezeptoren der Hautsinne vermitteln Tast-, Schmerz- und Temperaturempfindung. Das genetisch fixierte Muster der Coriumleisten bestimmt u.a. die individuelle Ausprägung der epidermalen Hautfelderung und Hautleisten an Handflächen und Fußsohlen der Primaten (Hautleistenmuster). In der Tiefe geht das Corium kontinuierlich in ein fettreiches Unterhautbindegewebe (Subcutis) über, das als Verschiebe- und Einbauschicht die Verbindung zu Skelett und Muskulatur herstellt.

Die oberflächlichen Zell-Lagen der Wirbeltierepidermis unterliegen einem ständigen Verschleiß und werden nach Art einer holokrinen Drüse aus einer basalen, zeitlebens teilungsaktiven Basalzellschicht (Stratum basale oder Keimschicht, Stratum germinativum) kontinuierlich ersetzt. Bei wasserlebenden Wirbeltieren (Fische, Amphibien) hat die Epidermis gewöhnlich nur wenige Schichten und die mechanische Verfestigung der Körperdecke wird durch Verknöcherungen im Corium erreicht, so durch die Ausbildung von Schuppen oder gar ganzer Hautknochenpanzer (z.B. bei den Placodermi). Bei den landlebenden Wirbeltieren hingegen tritt die Abdichtungsfunktion der Epidermis in den Vordergrund. Sie ist hier vielschichtig und besteht zuweilen aus mehr als hundert Zell-Lagen. Auf die Basalzellschicht folgen nach außen mehrere Lagen zunehmend über Desmosomen mechanisch verbundener Stachelzellen, die von einem dichten inneren Netzwerk aus Keratinfibrillen durchzogen werden (Stachelzellschicht, Stratum spinosum). Die oberen Lagen der Epidermis verhornen mehr oder weniger stark durch zunehmende Einlagerung miteinander verschmelzender Keratin-Granula in die absterbenden mittleren epidermalen Zell-Lagen, die Körnerschicht (Stratum granulosum) und die Glanzschicht (Stratum lucidum), und werden dadurch wasserundurchlässiger und abriebfester. Flächige oder lokal begrenzt erhöhte Zellproduktion und Verhornung der Epidermis (Hornschicht, Stratum corneum) führen bei Säugern zur Bildung von Hornschwielen an stark belasteten Hautpartien (Hand, Fußsohle), zu Panzerbildungen (z.B. Nashorn), zur Ausbildung von Hufen, Klauen, Nägeln und Hörnern oder zur Bildung von Schnabelscheiden (Schnabeltier, Vögel), epidermalen Schuppenfeldern (z.B. Vogelbeine, Biberschwanz) oder auch ganzen Hornschuppenpanzern (Reptilien). Letztere müssen durch Abstoßen der gesamten Haut periodisch erneuert werden (Häutung). Sonderbildungen der epidermalen Verhornung sind die Haare der Säugetiere und die Federn der Vögel. Eine Vielzahl von aus der Epidermis hervorgehenden Drüsen dient insbesondere bei Säugern der Temperaturregulation (Schweißdrüsen), der Erhaltung der Geschmeidigkeit der Haut (Talgdrüsen), dem Sozialkontakt und der Sexualanziehung (Duftdrüsen) sowie der Brutpflege (Milchdrüsen).

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.