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Kompaktlexikon der Biologie: Hitzeresistenz

Hitzeresistenz, Widerstandsfähigkeit von Organismen gegen hohe Temperaturen. Normalerweise können Temperaturen, die nur wenige Grad über dem Stoffwechseloptimum für einen bestimmten Organismus liegen, zu Schädigungen führen. Bei Temperaturen oberhalb 44 – 55 °C werden Enzyme inaktiviert und denaturiert (Denaturierung). Als Folge hoher Temperaturen können auch Dehydratationen auftreten. Organismen, die in heißen Umgebungen (Wüsten, geotherm beeinflusste Regionen und Gewässer, Komposthaufen) leben, haben sich auf unterschiedliche Weise an die Hitze angepasst. Bei extrem hitzeresistenten Organismen spielen Hitzeschockproteine eine entscheidende Rolle. Diese werden als Antwort auf Stress (z.B. abrupte Temperaturerhöhung) gebildet, verhindern die unspezifische Aggregation von Proteinen und unterstützen deren Faltung bzw. Rückfaltung. Die hohe H. von Dauerformen wie Cysten, Sporen und Samen ist im Wesentlichen auf einen geringen Wassergehalt zurückzuführen.

Pflanzen. Bei Temperaturen über 45 °C sind nur noch wenige Pflanzen lebensfähig. An Standorten, an denen die Wasserverfügbarkeit nicht eingeschränkt ist, können sich viele Pflanzen durch die mit der Transpiration verbundene Kühlung schützen. Die im Death Valley, Kalifornien, wachsende Wüstenpflanze Tidestromia oblongifolia kann auf diese Weise ihre Blatttemperatur um 10 °C absenken. Diese Form der Wärmeregulierung ist jedoch bei CAM-Pflanzen nicht möglich, da sie ihre Stomata tagsüber geschlossen halten. Trotzdem ertragen einige sukkulente (Sukkulente) CAM-Pflanzen Temperaturen von bis zu 65 °C und zählen zu den hitzeresistentesten Pflanzen, so z.B. Opuntia (Cactaceae) und Sempervivum (Crassulaceae). Ihr Mechanismus der H. besteht darin, dass sie langwellige Strahlung reflektieren und durch Wärmeleitung (Konduktion) und Konvektion Wärme an die Umgebung abgeben. Außerdem ist bei Sukkulenten in Wüsten der Wasserverlust durch ein geringes Oberflächen-Volumen-Verhältnis begrenzt. Dornen, Haare (Pflanzenhaare) oder Wachse (Cuticula) schützen vor Wasserverlusten und einer zu starken Erwärmung der Pflanzenoberfläche. Andere Pflanzen vermeiden Hitzeschäden, indem sie sich gegen die Strahlung abschirmen, z.B. durch Vertikalstellung der Blätter (bei Kompasspflanzen, Akazien, Eukalyptus). In heißem, trockenem Klima leiden viele Pflanzen nicht nur unter hohen Temperaturen, sondern auch unter Wassermangel (Dürreresistenz). Feuer, Pyrophyten, Xerophyten.

Tiere. Die meisten Tiere sterben bei Temperaturen über 50 °C (Hitzetod), viele bei weitaus niedrigeren Temperaturen. Welche Temperatur für ein bestimmtes Tier tödlich ist, hängt nicht nur von der Höhe der Temperatur, sondern auch der Dauer der Exposition ab. So überstehen viele Tiere hohe Temperaturen für eine kurze Zeit, sterben jedoch bei längerer Exposition. Die extrem hitzeresistente Wüstenrennameise, Cataglyphis bombycina, aus der Sahara begibt sich auch bei Temperaturen von 46 – 53 °C für wenige Minuten unbeschadet auf Futtersuche. Die meisten aquatischen Tiere weisen nur eine geringe H. auf. So kann das Rädertier Filinia hofmanni nur bei Temperaturen unter 10 ° existieren.

Zur Abgabe überschüssiger Wärme und zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Körpertemperatur existieren unterschiedliche Mechanismen (Temperaturregulation). Bei Säugern spielt vor allem die Verdunstungskühlung eine Rolle, die beim Hecheln oder Schwitzen entsteht, sowie die Wärmeabgabe durch Erweiterung der Blutgefäße (Vasodilation). Die großen Ohren des Wüstenfuchses und des Elefanten sind gut durchblutet und können sehr viel Wärme abstrahlen. Ektotherme Tiere wie Reptilien können ihre Körpertemperatur nur dadurch reduzieren, dass sie kühlere Plätze aufsuchen oder ihren Körper so zur Sonne orientieren, dass weniger Wärme absorbiert wird.

Viele Wüstentiere entziehen sich der Hitze, indem sie nur nachts aktiv sind (Hamster) oder indem sie sich in den Boden eingraben (Wüstenschildkröte, Skorpione). Collembolen und Milben können sich durch Anhydrobiose vor Trockenheit und Hitze schützen. Einige Kleintiere verfallen bei hohen Temperaturen und Trockenheit in einen Sommerschlaf (Sommerruhe).

Pilze. Zu den hitzeresistentesten Eukaryoten gehören Arten der Gatt. Mucor, Rhizopus und Humicula, die Temperaturen zwischen 50 und 60 °C ertragen. Der thermophile Pilz Thermoascus aurantiacus lebt in feuchtem Heu.

Prokaryoten. Die Prokaryoten weisen von allen Organismen die höchste H. auf. In terrestrischen heißen Quellen und hydrothermalen Schloten der Tiefsee leben die als Hyperthermophile bezeichneten Archaebakterien und Bakterien. Ihre Temperaturoptima liegen über 80 °C, teilweise über dem Siedepunkt.

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Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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