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Kompaktlexikon der Biologie: Kälteresistenz

Kälteresistenz, Kältetoleranz, die Widerstandsfähigkeit von Organismen gegenüber niedrigen Temperaturen oberhalb und unterhalb des Gefrierpunktes. (Zur K. unterhalb des Gefrierpunktes Frostresistenz)

Pflanzen. Die K. von Pflanzen ist u.a. von der Lipidzusammensetzung ihrer Membranen abhängig. Die Membranen kälteempfindlicher Arten (Mais, Baumwolle) besitzen einen hohen Anteil gesättigter Fettsäuren und gehen bei niedrigen Temperaturen oberhalb 0 °C in einen semikristallinen Zustand über. Sie sind dann weniger fluide, wodurch ihre Proteinkomponenten nicht mehr normal funktionieren können. Die Membranen kälteresistenter Pflanzen besitzen dagegen meist einen höheren Anteil an ungesättigten Fettsäuren und bleiben daher auch bei niedrigen Temperaturen noch fluide. Weiterhin reagieren kältesensitive Pflanzen auf Kälte auch mit einer Fotoinhibition, was zu Schäden am Fotosyntheseapparat führt. Mit Hilfe der Gentechnik könnte die K. vieler Kulturpflanzen erhöht werden. Durch Transformation von Tabak mit einem Gen aus einer kältetoleranten Arabidopsis-Mutante wurde z.B. die K. des Tabaks gesteigert. (Akklimatisierung)

Tiere. Die K. von Tieren ist auf unterschiedliche Anpassungen zurückzuführen. Bei homoiothermen Arten (Vögel, Säugetiere), die in den gemäßigten und kalten Regionen leben, schützen dichte Federn, ein dickes Fell oder Fettpolster vor einer zu intensiven Wärmeabgabe. Außerdem wird bei übermäßigem Wärmeverlust zusätzlich Wärme produziert (Kältezittern u.a.). Einige poikilotherme Arten sind ebenfalls in der Lage, ihre Körpertemperatur in einem gewissen Umfang zu regulieren. Bei Fluginsekten geschieht dies durch Bewegung der Flugmuskulatur vor dem Abflug, bei bestimmten Schlangenarten durch eine erhöhte Stoffwechselaktivität. Bei einigen Raubfischen, z.B. beim Thunfisch und bei Makrelenhaien, werden beim Tauchen in kälteren Wasserschichten in verschiedenen inneren Körperbereichen hohe Temperaturen aufrechterhalten. Einige kleine Säugetiere und Vögel (z.B. die amerikanischen Kolibris) können bei nächtlicher Kälte in einen Starrezustand (Torpor) übergehen. Eine andere Anpassung an die Kälte ist der von vielen homoiothermen Tieren vollzogene Winterschlaf, der mit einer starken Absenkung der Körpertemperatur einhergeht.

Im Gegensatz zu den kältetoleranten Tieren sind viele andere Tiere sehr empfindlich gegenüber Kälte und sterben bereits bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt ab (z.B. tropische Fische). Bei diesen Fischen schädigt Kälte offensichtlich das Atemzentrum, wodurch Sauerstoffmangel eintritt.

Mikroorganismen. Die kältetoleranten Mikroorganismen teilt man ein in die psychrophilen (Temperaturoptima bei 15 °C oder darunter, maximales Wachstum unter 20 °C, Temperaturminimum bei 0 °C) und die psychrotoleranten (Wachstum bei 0 °C, optimales Wachstum bei 20 – 40 °C) Arten. Zu den psychrotoleranten Mikroorganismen gehören verschiedene Gatt. von Bakterien, Pilzen, Algen und Protozoen. Die K. der Psychrophilen ist auf einen besonderen Aufbau ihrer Enzyme zurückzuführen, deren molekulare Struktur noch nicht vollständig aufgeklärt wurde. Auch die Cytoplasmamembranen der Psychrophilen sind anders aufgebaut als diejenigen der kältesensitiven Mikroorganismen und besitzen einen höheren Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Dadurch bleiben die Membranen bei niedrigen Temperaturen fluide. (Hitzeresistenz)

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  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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