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Kompaktlexikon der Biologie: Pogonophora

Pogonophora, Bartwürmer, den Polychaeta zugeordnete, ausschließlich marine, meist fadendünne Würmer, die mit rund 150 (bekannten) Arten in selbstgebauten Wohnröhren ortsfest bevorzugt in kälteren Tiefengewässern von Atlantik und Pazifik leben. Sie besitzen weder Mund noch After, und der Darmrest ist auf bestimmte Körperregionen beschränkt, in denen er ein Trophosom aufweist; dies ist ein entodermales Gewebe, das chemolithoautotrophe oder methylotrophe Bakterien beherbergt, welche die wichtigste und vielleicht auch einzige Nahrungsquelle der P. sind. Alle P. bauen aufrecht im Boden steckende und beidseits offene Glykoproteinröhren (Chitin) und leben gewöhnlich in dichten Ansammlungen von bis zu 200 Tieren/m2. Ihr Körper zeigt äußerlich eine Gliederung in vier Abschnitte: Das kurze, kegelförmige Prosoma trägt einen bartartigen Büschel (Name!) von, je nach Art, 1 – 1250 langen, dünnen, gewöhnlich gestreckt gehaltenen, bei manchen Formen auch korkenzieherartig einrollbaren Tentakeln, die im Kreis oder spiralig angeordnet sind. Sie sind nach innen zu mit Cilienreihen und einzelligen Zotten (Pinnulae) besetzt. Gegen das Prosoma kaum abgesetzt, folgt ein ebenso kurzes Mesosoma, wegen eines beidseits schräg von dorsal nach ventral verlaufenden borstenbesetzten Leistenpaares (Frenulum) auch Frenularregion genannt, und an diese schließt sich nach einer Ringfalte das sehr lange Metasoma an. Zwei Reihen von Haftpapillen in seinem vorderen Abschnitt mit einer bewimperten Rinne dazwischen erleichtern das Kriechen, zwei mit gezähnten Borstenplättchen besetzte Ringwülste (Anulum) das Feststemmen in der Wohnröhre. Die hintere Metasomaregion trägt unregelmäßig verteilte Drüsenpapillen (Röhrendrüsen) und vereinzelte Borsten. Die Leibeshöhle ist ein echtes Coelom. Das Blutgefäßsystem ist geschlossen und enthält freies Hämoglobin. An der Prosoma-Mesosoma-Grenze wirkt ein muskulöser, von einer Coelomepitheltasche (Perikard) umgebener Abschnitt des Dorsalgefäßes als Herz. Als Exkretionssystem fungieren Protonephridien (Perviata) oder Coelomodukte (Obturata) im Prosoma. Das überaus einfache Nervensystem besteht aus einem subepidermalen Nervennetz und einem zentralen unpaaren Nervenstrang, der bei den Obturata einen Zentralkanal besitzt. Die Gonaden der getrenntgeschlechtlichen Tiere münden über Genitalporen am Vorderende des Metasomas. Die dotterreichen Eier werden in der Wohnröhre des Weibchens besamt und entwickeln sich direkt ohne echtes Larvenstadium, anfangs über eine Spiralfurchung, später über bilaterale Furchung unmittelbar zu jungen Würmern. Es werden zwei Subtaxa mit jeweils mehreren Untergruppen unterschieden: die Perviata (Frenulata oder P. i.e.S.) und die Obturata (Vestimentifera).

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Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
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Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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