Lexikon der Biologie: Atmungsregulation
Atmungsregulation w, Anpassung der Leistung von Atmungsorganen an geänderte Faktoren des inneren Milieus (inneres Milieu) oder des Atemmediums (Atmung), oft verbunden mit einer zusätzlichen Anpassung des Kreislaufs (Blutkreislauf). Zu den wichtigsten Parametern, die eine Änderung der Atemtätigkeit herbeiführen, gehören der Sauerstoff(O2)- bzw. Kohlendioxid(CO2)-Partialdruck (pO2 bzw. pCO2) im Organismus oder im Atemmedium, pH-Wert-Verschiebungen (zum Teil hervorgerufen durch gelöstes Kohlendioxid, nach: CO2 + H2O
H2CO3
H+ + HCO3¯) sowie (von Wirbeltieren bekannt) unspezifische Atmungsantriebe, wie Warm- und Kaltreize, Änderung der Körpertemperatur, Schmerz, Hormone. Bei den meisten Tieren sind die genauen Mechanismen der Atmungsregulation nur unzulänglich bekannt. Ein regelnder Einfluß des pO2 ist für Seewalzen, Polychaeta und Oligochaeta (Borstenwürmer), Weichtiere, Krebstiere und Wirbeltiere nachgewiesen worden; er scheint bei Niederen Tieren wichtiger als eine Partialdruckverschiebung des CO2 zu sein. Bei Seegurken fördert ein verminderter O2-Gehalt die kloakale Pumpleistung und stoppt sie, wenn die Luftsättigung des Wassers unter 60% abfällt. Röhrenbewohnende Polychaeten ventilieren (Ventilation) ihre Röhre kontinuierlich statt intermittierend bei vermindertem O2-Angebot, bevor sie bei zu niedrigen Werten in Anaerobiose übergehen. Der Schlammröhrenwurm Tubifex (Tubificidae) streckt seinen Hinterleib weit aus dem Schlamm und erhöht seine rhythmischen Körperbewegungen, bis sie durch sehr hohe pCO2-Werte gehemmt werden. Bei Muscheln bestimmt der O2-Gehalt des Wassers die Cilienbewegungen der Kiemen; auch hier gibt es einen Übergang zur Anaerobiose, während der die Schalen fest geschlossen werden. Der Tintenfisch Octopus verstärkt in dieser Situation die Pumpbewegungen der kiementragenden Mantelhöhle, ebenso wie die Strandkrabbe und andere Krebse die Schlagfrequenz des Scaphognathiten, der vor der Kiemenhöhle liegt, verstärken. Gleichzeitig führt O2-Mangel bei Krebsen zu einer Verminderung der Herzfrequenz (Bradykardie). Insekten haben Schließmuskeln an den Tracheenausgängen (Stigma, Tracheensystem), die wahrscheinlich durch CO2 beeinflußt werden. Bei hohem pCO2 können sie sich nicht mehr schließen. Auch sinkender pO2 unterbindet den Schließmechanismus. Allerdings sind bisher relativ wenig vergleichende Untersuchungen zur Atmungsregulation der Insekten durchgeführt worden. Genauer bekannt ist die zyklische CO2-Abgabe, die aus der Notwendigkeit, Wasserverluste aus den Tracheen zu begrenzen, entstanden ist. Man unterscheidet 3 Phasen der Stigmenbewegungen ( vgl. Abb. ): 1) plötzliche Öffnung mit CO2-Abgabe; 2) Stigmenverschluß, O2-Einstrom ist noch möglich, da ein leichter Unterdruck durch verbrauchtes O2 entsteht; 3) kurze, Sekunden andauernde Öffnungen der Stigmen, während dieser und der vorigen Phase steigt der pCO2 und löst schließlich wieder Phase 1 aus. Die Zyklusdauer ist dabei artabhängig sehr verschieden zwischen Stunden und Minuten. Für alle diese Regelmechanismen sind Schrittmacherzentren im Bauchmark wahrscheinlich und zum Teil nachgewiesen worden. Die neurale Kontrolle geht z. B. beim Tintenfisch (Tintenschnecken) vom hinteren Teil des Unterschlundganglions aus. Niedrige O2-Partialdrücke ( vgl. InfoboxAtmungsorgane III ) die Sauerstoffausnutzung (Atmungsorgane). Durch die immer stärkere Hyperventilation nähern sich dann aber die Partialdrücke von Sauerstoff und Kohlendioxid sehr stark den Inspirationswerten. Die Ventilationssteigerung ist bei etwa 11 500 m so hoch, daß die Parabronchien praktisch mit Frischluft versorgt werden. Damit hat aber die Anordnung von Mediumstrom zum Blutstrom (Kreuzstromprinzip) keine funktionelle Bedeutung mehr; die Situation entspricht einer extrem effektiven Hautatmung.
Die Unterschiede im Atemantrieb sind in unterschiedlichen Reaktionen des Gehirns auf Sauerstoffmangel (Hypoxie) und Kohlendioxidmangel (Hypokapnie) zu suchen. Bei Säugern hängt die Hirndurchblutung von den Partialdrücken der Atemgase im arteriellen Blut ab. Bei einer Hypoxie kommt es zu einer Vasodilatation der Gehirngefäße, bei einer Hypokapnie dagegen zu einer Vasokonstriktion. Da Höhen-Hypoxie immer mit einer Hypokapnie verbunden ist, besteht die Gefahr der Sauerstoffmangelversorgung des Gehirns. Vögel zeigen zwar die gleiche Reaktion (Vasodilatation) auf Hypoxie wie Säugetiere, dagegen aber keine Vasokonstriktion bei Hypokapnie. Damit kann sich der Vogel eine derart hohe Ventilationssteigerung "leisten", ohne daß sein Gehirn durch Vasokonstriktion mangeldurchblutet wird. Die Grenze der Höhentoleranz beim Vogel liegt in seiner Herzleistung. Das Herzzeitvolumen (Herzminutenvolumen) steigt zunächst unter hypoxischen Bedingungen und fällt dann mit abnehmendem Sauerstoffpartialdruck. Wegen des kaum noch vorhandenen Unterschieds zwischen dem Sauerstoffpartialdruck im Atemmedium und dem Blut müßte der Blutkreislauf weiter forciert werden, was an die Grenze der Herzleistung stößt.
Tauchende Säuger: Im Gegensatz zu älteren Laboruntersuchungen ergaben Messungen an freischwimmenden Weddell-Robben (Südrobben), daß der Stoffwechsel nur unter Extrembedingungen (Tauchen unter dem Eis) auf Anaerobiose umgestellt wird. Bei den meisten Tauchgängen bestimmen die Kapazität der Sauerstoffspeicher und die Stoffwechselrate (Stoffwechselintensität) die maximale Tauchdauer. Tauchende Säuger besitzen im Gegensatz zu terrestrischen Säugern ein größeres Blutvolumen pro Körpermasse, ihr Myoglobingehalt (Myoglobin) ist um das 10- bis 20fache erhöht. Zusätzlich ist die Milz in der Lage, oxigenierte Erythrocyten zu speichern. Bereits unmittelbar nach Tauchbeginn werden diese ins Blut entlassen, was sich in einer Erhöhung des Hämatokritwerts bemerkbar macht. Mit diesen Anpassungen sind z. B. bei Weddell-Robben aerobe Tauchdauern von etwa 20 Minuten möglich. Unter diesen Bedingungen ist eine Erholung durch Wiederauffüllen der Sauerstoffspeicher viel schneller möglich als ein Begleichen der Sauerstoffschuld nach Lactatanhäufung. K.-G.C.
) erhöhen bei Fischen das Ventilationsvolumen und reduzieren die Schlagfrequenz des Herzens, wobei aber das Schlagvolumen erhöht ist. Hohe CO2-Partialdrücke vertiefen die Atmung bei niedriger Frequenz; sie wird damit der Kußmaul-Atmung der Säuger, die bei stark übersäuertem Blut entstehen kann (s. u.), ähnlich. Das Atemzentrum der Wirbeltiere ( vgl. Abb. ) liegt im Nachhirn (Medulla oblongata;verlängertes Mark) und ist bei Säugern und Vögeln in ein Inspirationszentrum (Inspiration = Einatmung) und Exspirationszentrum (Exspiration = Ausatmung) unterteilt. Da die inspiratorischen und exspiratorischen Neuronen verstreut in der Medulla liegen und kein "Zentrum" bilden, spricht man allerdings besser von einem Rhythmusgenerator. Zumindest das Inspirationszentrum ist spontanaktiv. Geregelt werden die Atemtiefe, Atemfrequenz und Atemform (letztere z. B. bei Lauterzeugungen), wobei periphere Rezeptoren, die vor allem auf Erniedrigung des pO2, und chemisch empfindliche Strukturen im Nachhirn, die vor allem auf den pCO2 oder die H+-Ionenkonzentration ansprechen, eine wichtige Rolle spielen. Für die Atmungsregulation derSäugetiere ergibt sich damit ein weitgehend überschaubares Regelsystem: Der zentrale Atemrhythmus wird durch eine wechselseitige Entladung inspiratorischer und exspiratorischer Neuronen, die sich gegenseitig hemmen, hervorgerufen. Die Erregung der beiden Neuronentypen wird wahrscheinlich dadurch zeitlich begrenzt, daß zusammen mit der Aktivierung der inspiratorischen Neuronen (Rα-Neuronen) zwischengeschaltete Neuronen (Interneuron, Rβ-Neuronen) aktiviert werden, die über hemmende Synapsen im Sinne eines Rückkopplungsmechanismus mit den Rα-Neuronen verschaltet sind. Je stärker die Rβ-Neuronen aktiviert werden, desto größer wird ihr hemmender Einfluß auf die Rα-Neuronen, womit dann aber wieder die Aktivierung der Rβ-Neuronen vermindert wird. Die Rβ-Neuronen werden zusätzlich über Dehnungsrezeptoren in Luftröhre, Bronchien und Bronchiolen aktiviert, d. h., durch Dehnung der Lungen wird die Atmung gehemmt (Hering-Breuer-Reflex; vgl. Abb. ). Damit werden auch die Atemtiefe gesteuert und eine Überdehnung der Lunge verhindert. Die peripheren Chemorezeptoren (chemische Sinne), die der Atmungsregulation dienen, befinden sich an der Halsschlagader am sog. Carotissinus (Glomus caroticum) und an den großen Lungenaorten; sie melden eine Abnahme des pO2 an das Atemzentrum. Die Rezeptorzellen besitzen ein sauerstoffempfindliches Protein, das kürzlich als Hämoprotein charakterisiert wurde (Sauerstoffsensoren). Dagegen werden die H+-Ionenkonzentration und der pCO2 im wesentlichen direkt an der Medulla gemessen, die dazu mit chemisch empfindlichen Bereichen ausgestattet ist. CO2-Partialdruck und H+-Ionenkonzentration wirken zwar unterschiedlich stark stimulierend auf das Atemzentrum, dennoch ist wahrscheinlich der adäquate Reiz allein die H+-Ionenkonzentration im Extrazellulärraum der entsprechenden Medullabereiche. Da CO2 wesentlich schneller ins (Medulla-)Gewebe diffundiert, reizen die bei der Hydrogencarbonatbildung (Hydrogencarbonate) entstandenen H+-Ionen (s. o.) eher das Atemzentrum als H+-Ionen aus anderen Quellen (saure Stoffwechselendprodukte). Die Antwort auf eine Erhöhung des pCO2(Hyperkapnie) besteht in einer Steigerung des Atemzeitvolumens, das ist die Menge veratmeter Luft in l/min. Sie wird erreicht durch Steigerung des Atemzugvolumens und der Atemfrequenz (Hyperventilation). Ab einer bestimmten pCO2-Zunahme macht sich ein subjektives Gefühl der Atemnot (Dyspnoe) bemerkbar, bei noch höheren pCO2-Werten wird das Atemzentrum gehemmt (Asphyxie). Eine Erniedrigung des pO2(Hypoxie) wird ebenfalls mit einer Erhöhung des Atemzeitvolumens beantwortet, der Effekt ist aber im Gegensatz zur pO2-Wirkung bei Niederen Tieren (s. o.) normalerweise gering. Schließlich hängen Atmungsantrieb und Muskelarbeit eng zusammen. Es wird angenommen, daß Erregungsleitungen von Bewegungszentren zum Atemzentrum ziehen und dieses bei Beginn der Muskeltätigkeit automatisch aktivieren. Die normale Ruheatmung wird unter bestimmten physiologischen und pathophysiologischen Bedingungen (z. B. Schädigung des Atemzentrums) durch andere, zum Teil irreguläre Atemformen abgelöst. Als solche sind bekannt ( vgl. Abb. ): die Cheyne-Stokes-Atmung, charakterisiert durch eine Reihe von tiefen Atemzügen, gefolgt von einem kurzen Atemstillstand (Apnoe), ferner die ähnliche Biot-Atmung, die nach Hirnverletzungen, und die Kußmaul-Atmung, die bei starker Übersäuerung des Blutes (z. B. infolge eines Diabetes mellitus) auftritt. Atemmechanik.
K.-G.C.
Atmungsregulation Darstellung des Sauerstoffverbrauchs in Abhängigkeit vom Sauerstoffpartialdruck im Medium (Sauerstoffkonformität–Sauerstoffregulation–kritischer Partialdruck; vgl. InfoboxAtmungsorgane III ) die Sauerstoffausnutzung (Atmungsorgane). Durch die immer stärkere Hyperventilation nähern sich dann aber die Partialdrücke von Sauerstoff und Kohlendioxid sehr stark den Inspirationswerten. Die Ventilationssteigerung ist bei etwa 11 500 m so hoch, daß die Parabronchien praktisch mit Frischluft versorgt werden. Damit hat aber die Anordnung von Mediumstrom zum Blutstrom (Kreuzstromprinzip) keine funktionelle Bedeutung mehr; die Situation entspricht einer extrem effektiven Hautatmung. Die Unterschiede im Atemantrieb sind in unterschiedlichen Reaktionen des Gehirns auf Sauerstoffmangel (Hypoxie) und Kohlendioxidmangel (Hypokapnie) zu suchen. Bei Säugern hängt die Hirndurchblutung von den Partialdrücken der Atemgase im arteriellen Blut ab. Bei einer Hypoxie kommt es zu einer Vasodilatation der Gehirngefäße, bei einer Hypokapnie dagegen zu einer Vasokonstriktion. Da Höhen-Hypoxie immer mit einer Hypokapnie verbunden ist, besteht die Gefahr der Sauerstoffmangelversorgung des Gehirns. Vögel zeigen zwar die gleiche Reaktion (Vasodilatation) auf Hypoxie wie Säugetiere, dagegen aber keine Vasokonstriktion bei Hypokapnie. Damit kann sich der Vogel eine derart hohe Ventilationssteigerung "leisten", ohne daß sein Gehirn durch Vasokonstriktion mangeldurchblutet wird. Die Grenze der Höhentoleranz beim Vogel liegt in seiner Herzleistung. Das Herzzeitvolumen (Herzminutenvolumen) steigt zunächst unter hypoxischen Bedingungen und fällt dann mit abnehmendem Sauerstoffpartialdruck. Wegen des kaum noch vorhandenen Unterschieds zwischen dem Sauerstoffpartialdruck im Atemmedium und dem Blut müßte der Blutkreislauf weiter forciert werden, was an die Grenze der Herzleistung stößt. Tauchende Säuger: Im Gegensatz zu älteren Laboruntersuchungen ergaben Messungen an freischwimmenden Weddell-Robben (Südrobben), daß der Stoffwechsel nur unter Extrembedingungen (Tauchen unter dem Eis) auf Anaerobiose umgestellt wird. Bei den meisten Tauchgängen bestimmen die Kapazität der Sauerstoffspeicher und die Stoffwechselrate (Stoffwechselintensität) die maximale Tauchdauer. Tauchende Säuger besitzen im Gegensatz zu terrestrischen Säugern ein größeres Blutvolumen pro Körpermasse, ihr Myoglobingehalt (Myoglobin) ist um das 10- bis 20fache erhöht. Zusätzlich ist die Milz in der Lage, oxigenierte Erythrocyten zu speichern. Bereits unmittelbar nach Tauchbeginn werden diese ins Blut entlassen, was sich in einer Erhöhung des Hämatokritwerts bemerkbar macht. Mit diesen Anpassungen sind z. B. bei Weddell-Robben aerobe Tauchdauern von etwa 20 Minuten möglich. Unter diesen Bedingungen ist eine Erholung durch Wiederauffüllen der Sauerstoffspeicher viel schneller möglich als ein Begleichen der Sauerstoffschuld nach Lactatanhäufung. K.-G.C. ) |
Atmungsregulation
Atmung bei niedrigen Sauerstoffpartialdrücken in der Umgebung
Im Wasser können Sauerstoffpartialdrücke starken Schwankungen unterworfen sein, und mit zunehmender Höhe wird bei gleicher prozentualer Zusammensetzung der Gase in der Luft (Atmosphäre) der Sauerstoffpartialdruck immer geringer, so daß er im Bereich von 4000 m nur noch 50% dessen auf Meeresniveau beträgt. Bis zu einem gewissen Grad ist der Sauerstoffverbrauch eines Tieres unabhängig von sinkendem Sauerstoffpartialdruck (Bereich der Sauerstoffregulation oder Sauerstoffunabhängigkeit). Verringert sich der Partialdruck weiter, nimmt auch der Sauerstoffverbrauch ab (Bereich der Sauerstoffabhängigkeit oder Sauerstoffkonformität). Der Partialdruck, bei dem die Regulation in die Konformität übergeht, wird als kritischer Partialdruck bezeichnet ( vgl. Abb. ). Er ist nicht immer exakt zu definieren und im übrigen keine feste Größe für eine Tierart. Bei hohen Aktivitäten wird er früher erreicht als bei ruhiger Lebensweise. Die Abhängigkeit vom Sauerstoffpartialdruck gilt natürlich auch für den Menschen und ist ein Grund dafür, daß physiologische Leistungen wie Bergsteigen in großer Höhe nach und nach unmöglich werden. Zwar ist der Arbeitsaufwand, eine bestimmte Höhendifferenz zu überwinden, von der Höhe selbst unabhängig. In dem Maße, wie die Sauerstoffversorgung aber in den Bereich der Konformität gerät, kann nicht mehr genügend Sauerstoff zur Verfügung gestellt werden.
Auf zellulärer Ebene kann ein vermindertes Sauerstoffangebot über Sauerstoffsensoren, in die Membran integrierte Hämoproteine, gemessen und physiologisch beantwortet werden – z. B. durch eine Erhöhung der Blutbildung (Erythropoese).
Die erste Reaktion auf Sauerstoffmangel in großen Höhen besteht in einer Beschleunigung der Atmung (Hyperventilation). Ständige Bewohner in derartigen Höhen ventilieren zwar nicht so stark wie Neuankömmlinge, aber doch generell deutlich stärker als solche in der Ebene. Die Hyperventilation reduziert durch Abatmen die Konzentration des Kohlendioxids im Blut (Hypokapnie), was zu einer respiratorischen Alkalose führt und gleichzeitig die Atmung bremst. Die Alkalose verschiebt die Sauerstoffbindungskurve des Hämoglobins (Bohr-Effekt) nach links und fördert damit die Sauerstoffaufnahme durch festere Bindung. Durch Mechanismen der Säure-Base-Regulation in der Niere kann die Alkalose im Zuge einer Höhen-Anpassung weitgehend, aber nicht vollständig kompensiert werden (Höhenkrankheit). Hyperventilation ist von Hyperpnoe, einer Steigerung der Atemzugtiefe, bei der der Kohlendioxidgehalt nicht erniedrigt wird, zu unterscheiden. Nach längerem Aufenthalt in großen Höhen kann man eine Erhöhung der Kapillardichten (Reduktion der mittleren Diffusionsstrecke; Blutkapillaren, Diffusion), des Myoglobingehalts, der Mitochondrienanzahl und eine Aktivierung von Enzymen des aeroben katabolen Stoffwechsels beobachten.
Zwei weitere physiologische Veränderungen, wie eine Erhöhung der Zahl der Erythrocyten und eine Verminderung der Sauerstoffbindungsaffinität des Hämoglobins (erleichterte Abgabe ins Gewebe) durch Metabolite, die die Sauerstoffbindungskurve nach rechts verschieben, werden in ihrem Anpassungswert kontrovers diskutiert. Zwar ist ein Anstieg der Sauerstoffkapazität von 20 auf 28 Vol% nach Höhenanpassung an 4000–5000 m zu beobachten, endemische Arten in diesen Höhen besitzen aber keine höheren Sauerstoffkapazitäten. Der Anstieg der Erythrocyten hat eine Steigerung der Blutviskosität (Blut, Hämorheologie) zur Folge, was wiederum eine schlechtere Kapillarversorgung bedingt und eine höhere Herzleistung erfordert. Ähnliches gilt für den Metaboliten 2,3-Diphosphoglycerat, der aus einem Nebenweg der Glykolyse stammt und die Sauerstoffaffinität des Hämoglobins herabsetzt. Die erwähnte Alkalose verschiebt die Sauerstoffbindungskurve um mindestens den Betrag nach links, wie sie durch den Metaboliten nach rechts verschoben wird. Viele endemische Arten besitzen – ebenso wie Fische in sauerstoffarmem Wasser – Hämoglobine mit besonders hohen Affinitäten zu Sauerstoff. Möglicherweise sind beide physiologische Veränderungen Fehlanpassungen, die aus einer Kompensation von anämischen Zuständen unter normalen Sauerstoffpartialdrücken zu verstehen sind.
Auf dem Mt. Everest (Höhe nach neueren Messungen 8872 m ü.M.) ist die Höhe, bei der für den Menschen Atmung ohne Sauerstoffgeräte noch möglich ist, nahezu erreicht. Vögel dagegen können theoretisch noch in Höhen von 12 000 m fliegen. Mittels Messungen an Enten in geschlossenen Kammern mit Sauerstoffpartialdrücken, die die entsprechende Höhe simulierten, konnten die besonderen Anpassungen der Vögel an große Höhen studiert werden. Mit abnehmenden Sauerstoffpartialdrücken kommt es zunächst erwartungsgemäß zu einer Ventilationssteigerung, die dann aber weit über das beim Menschen mögliche Maß hinausgeht: der Atemantrieb (Atmungsantriebe) der Vögel ist wesentlich größer. In mäßigen Höhen erleichtert darüber hinaus die spezielle Ausgestaltung der Vogellunge ( Atmungsorgane III ) die Sauerstoffausnutzung (Atmungsorgane). Durch die immer stärkere Hyperventilation nähern sich dann aber die Partialdrücke von Sauerstoff und Kohlendioxid sehr stark den Inspirationswerten. Die Ventilationssteigerung ist bei etwa 11 500 m so hoch, daß die Parabronchien praktisch mit Frischluft versorgt werden. Damit hat aber die Anordnung von Mediumstrom zum Blutstrom (Kreuzstromprinzip) keine funktionelle Bedeutung mehr; die Situation entspricht einer extrem effektiven Hautatmung.
Die Unterschiede im Atemantrieb sind in unterschiedlichen Reaktionen des Gehirns auf Sauerstoffmangel (Hypoxie) und Kohlendioxidmangel (Hypokapnie) zu suchen. Bei Säugern hängt die Hirndurchblutung von den Partialdrücken der Atemgase im arteriellen Blut ab. Bei einer Hypoxie kommt es zu einer Vasodilatation der Gehirngefäße, bei einer Hypokapnie dagegen zu einer Vasokonstriktion. Da Höhen-Hypoxie immer mit einer Hypokapnie verbunden ist, besteht die Gefahr der Sauerstoffmangelversorgung des Gehirns. Vögel zeigen zwar die gleiche Reaktion (Vasodilatation) auf Hypoxie wie Säugetiere, dagegen aber keine Vasokonstriktion bei Hypokapnie. Damit kann sich der Vogel eine derart hohe Ventilationssteigerung "leisten", ohne daß sein Gehirn durch Vasokonstriktion mangeldurchblutet wird. Die Grenze der Höhentoleranz beim Vogel liegt in seiner Herzleistung. Das Herzzeitvolumen (Herzminutenvolumen) steigt zunächst unter hypoxischen Bedingungen und fällt dann mit abnehmendem Sauerstoffpartialdruck. Wegen des kaum noch vorhandenen Unterschieds zwischen dem Sauerstoffpartialdruck im Atemmedium und dem Blut müßte der Blutkreislauf weiter forciert werden, was an die Grenze der Herzleistung stößt.
Tauchende Säuger: Im Gegensatz zu älteren Laboruntersuchungen ergaben Messungen an freischwimmenden Weddell-Robben (Südrobben), daß der Stoffwechsel nur unter Extrembedingungen (Tauchen unter dem Eis) auf Anaerobiose umgestellt wird. Bei den meisten Tauchgängen bestimmen die Kapazität der Sauerstoffspeicher und die Stoffwechselrate (Stoffwechselintensität) die maximale Tauchdauer. Tauchende Säuger besitzen im Gegensatz zu terrestrischen Säugern ein größeres Blutvolumen pro Körpermasse, ihr Myoglobingehalt (Myoglobin) ist um das 10- bis 20fache erhöht. Zusätzlich ist die Milz in der Lage, oxigenierte Erythrocyten zu speichern. Bereits unmittelbar nach Tauchbeginn werden diese ins Blut entlassen, was sich in einer Erhöhung des Hämatokritwerts bemerkbar macht. Mit diesen Anpassungen sind z. B. bei Weddell-Robben aerobe Tauchdauern von etwa 20 Minuten möglich. Unter diesen Bedingungen ist eine Erholung durch Wiederauffüllen der Sauerstoffspeicher viel schneller möglich als ein Begleichen der Sauerstoffschuld nach Lactatanhäufung.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.