Lexikon der Biologie: Haeckel, Ernst Heinrich Philipp August
Haeckel, Ernst Heinrich Philipp August, deutscher Mediziner, Zoologe und Naturphilosoph, *16.2.1834 Potsdam, †9.8.1919 Jena; 1862–1909 Professor für Zoologie in Jena, Gründer des dortigen Zoologischen Instituts und Direktor des Zoologischen Museums; studierte zunächst Medizin, wandte sich aber bald der Zoologie zu und führte nach kurzer Tätigkeit als Arzt eine Studienreise nach Italien (1859–60) durch, auf der er die Radiolarienfauna des Golfs von Messina erforschte (Beschreibung von 144 neuen Arten); er bekannte sich in seiner Monographie „Die Radiolarien“ (1862) erstmals zur Theorie von C.R. Darwin, deren stärkster Verfechter in Deutschland er nun wurde; deutete in seinem Werk „Generelle Morphologie der Organismen“ (2 Bände, 1866) die Morphologie als Ergebnis phylogenetischer und ontogenetischer Entwicklung; erkannte 1866, daß die phylogenetische Entwicklung der Organismen in Phasen verläuft (prägte die Fachtermini Akme, Epakme [Anastrophe] und Perakme) und führte zahlreiche weitere Begriffe in die Biologie ein, z.B. Phylogenie, Ontogenie, Ökologie (1866), Caenogenese, Palingenese, Biodynamik (für die Physiologie i.w.S.), Protisten (als Bezeichnung für die Mikroorganismen, 1866), Coelom (1873), Anthropogenie (für die engere Stammesgeschichte des Menschen, 1874) und Herrentiere (für die Primaten); interpretierte die schon zuvor (C.R. Darwin, J.F. Meckel, K.E.von Baer, F. Müller) erkannten Beziehungen zwischen Individual- und Stammesentwicklung in seiner Biogenetischen Grundregel (1872), wonach die Ontogenie eine Rekapitulation (von ihm eingeführter Begriff) der Phylogenie ist. Haeckel unternahm weitere Forschungsreisen in Norwegen, Rußland, im Mittelmeerraum, in Nordafrika, am Roten Meer, in Indien und Indonesien und verfaßte neben Werken über Rüsselquallen, Staatsquallen und Medusen 1872 die Monographie „Die Kalkschwämme“, in der er die Gastraea-Theorie zur Herleitung der Grundorganisation des Metazoenkörpers formulierte (Coelomtheorien); er arbeitete an der Auswertung der ersten englischen Tiefsee-Expedition „Challenger“ mit (1872–76; Beschreibung von 3702 neuen Arten) und schrieb weitere Werke über Radiolarien und verschiedene Coelenteraten-Gruppen. Aus all diesen Arbeiten entstand als fachlich-ästhetische Glanzleistung das Buch „Kunstformen der Natur“ (1899–1904; Nachdruck München, New York 1998). Haeckel vertrat in fachlichen wie in populärwissenschaftlichen Büchern („Natürliche Schöpfungsgeschichte“, 1868; „Anthropogenie oder Entwicklungsgeschichte des Menschen. Keimes- und Stammesgeschichte“, 1874) entschieden den Darwinismus (Abstammung, Abstammungslehre) und wurde deshalb von Wissenschaftlern, Klerikern und Philosophen angegriffen. Das dreibändige Werk „Systematische Phylogenie. Entwurf eines natürlichen Systems der Organismen auf Grund ihrer Stammesgeschichte“ (1894–96) war sein letztes evolutionstheoretisches Werk; er entwickelte durch morphologischen Vergleich einen genealogischen Stammbaum aller Organismen und schloß den Menschen in dieses natürliche System ein; einen Schöpfungsakt lehnte er ab und stellte dem seine Lehre vom Monismus (Leib-Seele-Problem)) gegenüber (1906 Gründung des Monistenbundes), wonach „Gott“ mit der Natur identisch und Kraft, Stoff und Geist voneinander untrennbar seien („Die Welträthsel. Gemeinverständliche Studien über monistische Philosophie“, 1899; „Kristallseelen“, 1917).
A.K.
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E.H.P.A. Haeckel
Noch zu Haeckels Lebzeiten (1907) wurde das Phyletische Museum der Universität Jena, das „bestimmt (ist) für den Ausbau und die Verbreitung der Entwicklungslehre, insbesondere der Stammesgeschichte oder Phylogenie...“ gegründet. Es bewahrt heute, zusammen mit dem Haeckel-Archiv in seinem ehemaligen Wohnhaus (Villa Medusa), nahezu den gesamten wissenschaftlichen und privaten Nachlaß Haeckels auf.
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