Lexikon der Biologie: Transplantation
Transplantationw [von latein. transplantare = verpflanzen; Verb transplantieren], 1) Botanik: Veredelung, Pfropfung. 2) Zoologie, Medizin: Gewebsverpflanzung bzw. Organverpflanzung, (operative) Übertragung von Geweben (z.B. Hornhaut), Organen (z.B. Herz, Niere), aber auch von Zellen oder Zellteilen (z.B. Zellkern, Teile des Cytoplasmas). Nach dem Verwandtschaftsgrad von Spender und Empfänger unterscheidet man: Autotransplantation oder autoplastische Transplantation (Übertragung auf einen anderen Körperteil des gleichen Individuums); Isotransplantation (Übertragung auf ein anderes, genetisch gleiches Individuum, d.h. zwischen eineiigen Mehrlingen; Isotransplantat); allogene Transplantation, Homotransplantation, homospezifische Transplantation, homoplastische Transplantation (Übertragung auf ein anderes Individuum der gleichen Art; Allotransplantat); Xenotransplantation, xenogene Transplantation, Heterotransplantation, heterospezifische Transplantation, heteroplastische Transplantation (Übertragung auf ein Individuum einer anderen Art). Nach Herkunfts- und Transplantationsort unterscheidet man: homotope Transplantation (Übertragung auf den gleichen Ort), heterotope Transplantation (Übertragung auf einen anderen Ort). – Mit Hilfe von Transplantation können z.B. Eigenschaften und Wechselwirkungen zwischen Zellteilen, Zellen und Geweben unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Körperregionen untersucht werden (Zellkommunikation; Kerntransplantation , Induktion ). So läßt sich durch Transplantation von Zellen aus bestimmten embryonalen Entwicklungsstadien der Grad der Determination von Zellen testen (Induktion, Zellkommunikation), durch Transplantation von Cytoplasma z.B. des posterioren Eipols von Drosophila melanogaster dessen Keimzell-determinierende Wirkung nachweisen (Polplasma) oder durch Transplantation von Kernen differenzierter Zellen in z.B. Eizellen die Aktivität der Kerngene verändern. Eine bedeutende Rolle spielt die Transplantation heute in der Medizin. Hauptprobleme der Homotransplantation und der (heute kaum noch üblichen) Heterotransplantation in der Medizin sind die immunologischen Abwehrreaktionen des Organismus gegen Fremdprotein, die oft zur Abstoßung oder Auflösung der Transplantate führen. Autotransplantation findet z.B. Anwendung bei der Übertragung von Haut, Knochen(spänen), Gefäßen, Faszien; Homotransplantation z.B. bei der Übertragung von Blutkonserven (Bluttransfusion), Hornhaut, Knochen, konservierten Blutgefäßen, Herz, Niere, Bauchspeicheldrüse, Leber, Lunge u.a. Durch Einsatz moderner Immunsuppressiva (Immunsuppression), z.B. von Cyclosporin A, konnten die Transplantationsresultate in den letzten Jahren erheblich verbessert werden.
Bis einschließlich 2001 wurden bundesweit über 44.000 Nieren (im Jahr 2001: 2346), 8479 Lebern (757), 7076 Herzen (409), 1578 Bauchspeicheldrüsen (212) und 1239 Lungen (139) transplantiert. Die Fünf-Jahres-Transplantationsfunktionsraten liegen bei der Nieren-, Pankreas-, Herz- und Leberersttransplantation bei etwa 60–66%. Eine höhere Funktionsrate von 80% weist lediglich die Transplantation von Nieren lebender Spender auf, eine deutlich niedrigere fällt bei der Retransplantation der Leber (37%) und bei der Lungentransplantation (45%) auf. Die erste Herztransplantation wurde am 3.12.1967 von C.N. Barnard durchgeführt; der Patient, L. Washkansky (55 Jahre), überlebte die Operation um 18 Tage. Mangelnde Gewebsverträglichkeit oder Histokompatibilität (HLA-System) führt in der Regel zu Abwehrreaktionen des Immunsystems(Transplantationsimmunologie) im Empfänger und damit zur Abstoßung des Transplantats (Transplantatabstoßung). Da ständig zu wenig kompatible Spenderorgane zur Verfügung stehen, um auch nur die dringendsten Fälle schnell behandeln zu können, versucht die Forschung seit einiger Zeit, die Nutzung tierischer Organe zu ermöglichen (Xenotransplantation). Neue Hoffnung setzt man weiterhin auf die Stammzell-Forschung (Stammzellen), die möglicherweise einmal die in-vitro-Anzucht körpereigener Organe ermöglichen wird (Nabelschnurblut). Bedeutende Arbeiten auf dem Gebiet der Transplantationsforschung leisteten u.a. C.N. Barnard, B. Benacerraf, F.M. Burnet, A. Carrel, J.B.G. Dausset, P.B. Medawar, J.E. Murray, G.D. Snell, K. Thiersch, E.D. Thomas. – autogene Transplantation, chimäres Immunsystem, Graft-versus-host-Reaktion, Host-versus-graft-Reaktion, Histokompatibilitäts-Antigene, Immungenetik, Immun-Krebstherapie, Kerntransplantation, Neuroimmunologie, Organbank.
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