Lexikon der Biologie: Voltziales
Voltziales [benannt nach dem Bergwerksingenieur Ph. L. Voltz, †1840], ausschließlich fossil (Oberkarbon – Kreide) bekannte Ordnung der Nadelhölzer mit den wichtigen Familien Utrechtiaceae (früher Lebachiaceae), Majonicaceae und Voltziaceae. Zu den Utrechtiaceae (Oberkarbon–Perm) gehören der rezenten Zimmertanne (Araucariaceae) ähnliche Koniferen mit schraubig ansitzenden Nadelblättern und wirtelig angeordneten Seitenästen. Die einzelnen „Blüten“ (Kurzsprosse) der weiblichen (♀) Zapfen sind mehr oder weniger radiärsymmetrisch. Bei der Gattung Utrechtia (früher Lebachia; vgl. Abb. und ö Nadelhölzer I ö Nadelhölzer II ) sind die Zapfen keulenförmig, wobei die ♀ Zapfen aufrecht stehen, während die männlichen (♂) hängen. Die ♀ Zapfen bestehen aus schraubig ansitzenden, zweizipfligen Deckblättern, in deren Achseln annähernd radiärsymmetrische Kurzsprosse (Blüten) stehen. Diese tragen asymmetrisch verteilte sterile Schuppen und auf der der Zapfenachse zugewandten Seite eine umgewendete gestielte Samenanlage. Die ♂ Zapfen bestehen aus schraubig angeordneten, in Stiel und Lamina gegliederten Sporophyllen mit 2 Pollensäcken. Die Gattung Ernestiodendron ( vgl. Abb. ) weicht vor allem durch den Bau der ♀ Zapfen ab, deren Kurzsprosse zahlreiche aufrechte Samenanlagen tragen. Als Walchia werden heute meist sterile, ohne Cuticula erhaltene Zweigreste bezeichnet, die sich keiner der zahlreichen natürlichen Gattungen der Utrechtiaceae zuordnen lassen. Die oberpermischen Majonicaceae sowie die triassischen bis unterjurassischen Voltziaceae erinnern mit den stark abgeflachten, schuppenartig ausgebildeten Kurzsprossen der ♀ Zapfen stärker an moderne Nadelhölzer. Bei Pseudovoltzia ( vgl. Abb. ) sind die mit dem Tragblatt teilweise verwachsenen Kurzsprosse der ♀ Zapfen schuppenartig abgeflacht und fünfzipflig, wobei die beiden äußeren und der mittlere Zipfel je eine umgewendete Samenanlage tragen. Die Kurzsprosse der Gattung Ullmannia (ein häufiges Fossil des Zechsteins; Oberperm) bestehen im wesentlichen nur aus einer runden Schuppe mit einer umgewendeten Samenanlage. Zu den Voltziales werden oft auch die Cheirolepidaceae gestellt. – Phylogenetisch sind die Voltziales von entscheidender Bedeutung. Sie stellen gewissermaßen das phylogenetische Bindeglied zwischen den Cordaitidae (aus deren Umfeld sie sich vermutlich entwickelten) und den übrigen Nadelhölzern dar. Allerdings sind die Übereinstimmungen im Bau der ♀ Zapfen zwischen Cordaitidae und Utrechtiaceae vermutlich geringer als bisher angenommen und lebten die ältesten Voltziales (Westfal B) zeitgleich mit den Cordaitidae. Vermutlich sind aus den Voltziales im Bereich Perm–Trias die übrigen Nadelhölzer hervorgegangen. Die Voltziales belegen ferner, daß die Deck- bzw. Samenschuppen der rezenten ♀ Koniferenzapfen einem Tragblatt bzw. Kurzsproß (Blüte) homolog sind und daß die ♀ Zapfen damit Blütenstände darstellen. So zeigen die Voltziales zunehmende Tendenz zur Abflachung der Kurzsprosse, zur Reduktion der Zahl der sterilen Schuppen und Samenanlagen und zur Einkrümmung der Samenanlage.
V.M.
Lit.: Meyen, S.V.: Basic features of gymnosperm systematics and phylogeny as evidenced by the fossil record. Bot. Rev. 50 (1), 1984. Stewart W.N., Rothwell, G.W.: Paleobotany and the evolution of plants. Cambridge 1993. Willis, K.J., & McElwain, J.C.: The evolution of plants. Oxford 2002.
Voltziales
1 Utrechtia piniformis; a Achse mit wirtelig abgehenden Seitenästen, b Zweig mit schraubig ansitzenden Nadelblättern. 2 Ernestiodendron filiciforme, Kurzsproß mit Tragblatt eines ♀ Zapfens. 3 Pseudovoltzia liebeana, Kurzsproß eines ♀ Zapfens; links Innen-, rechts Außenansicht mit Tragblatt.
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