Direkt zum Inhalt

Lexikon der Chemie: Biopolymere

Biopolymere, natürlich vorkommende makromolekulare Verbindungen. Zu den B. gehören Polypeptide und Proteine, Nucleinsäuren, Polysaccharide, Polyprene, Lignin, Poly-β-hydroxyalkansäuren u. a. Einbezogen werden auch die entsprechenden totalsynthetischen Verbindungen, wie Polyaminosäuren und Polynucleotide. An Polysaccharide und Proteine können ferner noch kovalent Polymere jeweils anderer chem. Struktur gebunden sein (Pfropfpolymere). So unterscheidet man Proteoglycane und Glycoproteine, je nachdem, ob das Pfropfpolymer in seinen Eigenschaften einem Polysaccharid (Glycan) oder Protein entspricht. Ihrer Struktur nach handelt es sich bei den B. selten um Homopolymere (Homopolysaccharide, Polyprene), meist jedoch um Copolymere, die aus verschiedenen Aminosäuren (Proteine), Monosacchariden (Heteropolysaccharide) oder Nucleotiden (Nucleinsäuren) bestehen. Polypeptide, Proteine, Nucleinsäuren und Polyprene sind unverzweigt, Polysaccharide können verzweigt oder unverzweigt sein. Lignin ist außerordentlich stark verzweigt und quervernetzt. Bei den Polysacchariden kommen Blockpolymere vor.

Die B. haben essentielle Bedeutung für alle Lebewesen. Nucleinsäuren sind die allg. Informationsträger (Gene). Proteine liefern aufgrund ihrer biologischen Aktivität als Enzyme, Hormone u. a. die Grundlage für jede Stoffwechselaktivität der Organismen. Fibrilläre Proteine haben Stützfunktionen im tierischen Organismus. Polysaccharide sind die wesentlichen Reservestoffe (stärkeähnliche Polysaccharide). Cellulose und Chitin haben Stützfunktionen. Das Holz als hauptsächliches Stützelement der Pflanze besteht im wesentlichen aus Lignin und Cellulose. Die bakterielle Zellwand wird aus einem Peptidoglycan (Murein) gebildet. Proteine und Polysaccharide sind die wesentlichen Bestandteile der Nahrungs- und Futtermittel. Zahlreiche B. sind ferner wichtige Rohstoffe von großer technischer Bedeutung, so für die Textil-, Leder- und Papierindustrie. Zahlreiche Erkenntnisse der makromolekularen Chemie wurden zuerst an B. (Polyprene, Polysaccharide) erarbeitet.

Bei den Proteinen, Nucleinsäuren und Polysacchariden werden verschiedene Strukturebenen unterschieden. Unter Primärstruktur wird die Reihenfolge (Sequenz) der einzelnen Monomeren in der Polymerkette verstanden. Die Primärstruktur bestimmt wesentlich die Eigenschaften der Copolymeren. Als Sekundärstruktur wird die Konformation einzelner Teile der Kette bezeichnet. Die Ketten können außer in einer ungeordneten Struktur (statistisches Knäuel, random coiled structure) aufgrund von nichtkovalenten Bindungen, insbesondere Wasserstoffbrücken, noch in räumlich geordneten Konformationen vorliegen. Die wichtigsten Sekundärstrukturen sind Helix und Faltblatt (Proteine). Unter Tertiärstruktur wird die räumliche Struktur des gesamten Moleküls verstanden, also auch die Konformation von Seitenketten sowie Wechselwirkungen mit entfernter stehenden Segmenten des Moleküls. Durch Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Molekülen kann es durch Selbstorganisation (self-assembly) zur Ausbildung von übermolekularen Strukturen kommen. Die Quartärstruktur umschreibt die räumliche Anordnung dieser Assoziate.

Hochgeordnete Strukturen der B. gehen durch Änderung äußerer Parameter (Temperatur, Druck, pH-Wert, Zugabe organischer Lösungsmittel) in andere, weniger geordnete Strukturen über. Der Übergang wird auch als Phasenübergang bezeichnet. Unter Denaturierung wird die Veränderung der nativen Struktur des B., z. B. eines Proteins, verstanden. Die Denaturierung ist erkennbar an Veränderungen der biologischen Aktivität, der optischen oder hydrodynamischen Eigenschaften des B. Bei der reversiblen Denaturierung werden nichtkovalente Bindungen, bei der irreversiblen Denaturierung auch kovalente Bindungen gelöst.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.