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Lexikon der Chemie: Bor-Aluminium-Gruppe

Bor-Aluminium-Gruppe, Borgruppe, Erdmetalle, III. Hauptgruppe des Periodensystems. Dazu gehören das halbmetallische chem. Element Bor B und die Metalle Aluminium Al, Gallium Ga, Indium In und Thallium Tl. Letztere werden wegen der erdigen Beschaffenheit ihrer Oxide auch als Erdmetalle bezeichnet. Die Elemente verfügen über eine Elektronenkonfiguration von ns1p1. Sie treten in der dreiwertigen Oxidationsstufe E3+ (E = Element) auf (Edelgaskonfiguration). Für Bor liegen die Ionisationspotentiale (Tab.) infolge des außerordentlich kleinen Radius so hoch, daß Verbindungen mit B3+-Ionen nicht bekannt sind. Bor bevorzugt die Ausbildung kovalenter Bindungen. Für die schwereren Elemente ist der dreiwertige Ionenzustand realisiert.

In der B. nimmt die Stabilität der einwertigen Oxidationsstufe E+ von oben nach unten zu. Bei Thallium dominiert die einwertige Oxidationsstufe, somit sind Thallium(III)-Salze starke Oxidationsmittel. Dieser Umstand kann nicht mit der Höhe der 2. und 3. Ionisationspotentiale begründet werden, da für Gallium die Summe des 2. und 3. Ionisationspotentials größer ist als für Thallium. Die Ursache liegt vielmehr in der abnehmenden Bereitschaft des s-Elektronenpaares, sich an ionischen oder kovalenten Bindungen zu beteiligen (inert pair effect). Dies wiederum läßt sich auf eine zunehmend ungünstigere Bilanz zwischen den bei der Bildung einer Verbindung aufzuwendenden Energien (Promotions- und Ionisationsenergien u. dgl.) und den zu gewinnenden Energiebeiträgen (kovalente Bindungs-, Gitter- und Solvatationsenergien u. dgl.) zurückführen. Die Unregelmäßigkeiten in der Abstufung der Ionisationspotentiale, der Elektronegativitäten und Atomradien in der B. (Tab.) sind auf den Einschub der D- und f-Elemente zurückzuführen.

Die Ausbildung von drei Kovalenzen verschafft den Elementen der B. nur ein Elektronensextett. Um diese Elektronenmangelsituation auszugleichen, findet man z. B. für die Elementhydride Zweielektronen-Dreizentrenbindungen (Dreizentrenbindung). In den planaren Borhalogeniden wird sie durch intensive pπpπ-Wechselwirkungen mit den Liganden ausgeglichen (BF3), während die Halogenide der schwereren Elemente stabile Außenelektronenkonfigurationen durch Oligomerisierung erreichen (z. B. Aluminiumbromid). Aufgrund dieser Mangelsituation sind die Elemente der B. starke Lewis-Säuren. Die Elektronenpaarakzeptorfähigkeit nimmt erwartungsgemäß in der Reihe BX3 > AlX3 > GaX3 ab.

Der metallische Charakter der Elemente der B. nimmt von oben nach unten zu. In gleichem Sinne nimmt der Säurecharakter der B(OH)3-Verbindungen ab. Während Borsäure B(OH)3 ausgesprochen saure Eigenschaften aufweist, ist Aluminiumorthohydroxid Al(OH)3 amphoter und sind die Hydroxide des Indiums und des Galliums rein basisch.

Insgesamt ähneln Bor und seine Verbindungen in ihrem Verhalten weniger den Derivaten des Aluminiums als denen des Siliciums (Schrägbeziehungen im Periodensystem). Dies äußert sich unter anderem in den Säure- und Kondensationseigenschaften der Borsäure H3BO3 und der Monokieselsäure H4SiO4, der Tendenz des Boroxids B2O3 bzw. des Siliciumdioxids SiO2, Gläser zu bilden, oder auch im Hydrolyseverhalten der Halogenide.

Bor-Aluminium-Gruppe. Tab.: Eigenschaften der Elemente.

B Al Ga In Tl
Kernladungszahl 5 13 31 49 81
Elektronenkonfiguration [He]2s2p1 [Ne]3s2p1 [Ar]3d104s2p1 [Kr]4d105s2p1 [Xe]4f145d106s2p1
Atommasse 10,811 26,98154 69,72 114,82 204,37
Atomradius in pm 80 143 125 150 155
Ionenradius E3+ in pm 20 39 47 80 88
Elektronegativität 2,01 1,47 1,82 1,49 1,44
1. Ionisationspotential in eV 8,298 5,986 5,999 5,786 6,108
2. Ionisationspotential in eV 25,154 18,828 20,51 18,869 20,428
3. Ionisationspotential in eV 37,930 28,447 30,71 28,03 29,83
Standardelektroden-
potential (M/M3+) in V
-0,73 -1,706 -0,560 -0,338 -0,3363*)
Dichte in g cm-3 2,34 ... 2,37 2,702 5,904 7,30 11,85
F. in °C etwa 2300 660,37 29,78 156,61 303,5
Kp. in °C 2550 2467 2403 2080 1467± 10
*) für Tl

Tl+ + e-

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