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Lexikon der Chemie: elektrochemische Metallkorrosion

elektrochemische Metallkorrosion, die Korrosion eines Metalles in Gegenwart eines Elektrolyten, wobei elektrische Ladungsträger auftreten. Die Gesamtreaktion besteht aus zwei gleichzeitig ablaufenden Teilreaktionen, einer anodischen Teilreaktion, die Elektronen liefert, und einer kathodischen Teilreaktion, die Elektronen verbraucht. Entsteht bei der kathodischen Teilreaktion Wasserstoff, so handelt es sich um den Wasserstoffkorrosionstyp. Der sich z. B. beim Beizen in Säuren atomar abscheidende Wasserstoff kann in das Kristallgitter der unlegierten Stähle eindiffundieren, wo es an Fehlstellen zur Bildung von H2 kommt. Die Folgen sind Blasen und Versprödung der Stähle (Beizsprödigkeit, Wasserstoffversprödung). Der Sauerstoffkorrosionstyp ist eine Korrosionsreaktion, bei der die kathodische Teilreaktion in der Reduktion von Sauerstoff zu Hydroxyd-Ionen oder Wasser besteht.

Ein elektrolytisches Korrosionselement ist eine heterogene Mischelektrode, bei der ein Elektrodenprozeß die elektrochem. Korrosion darstellt. Die eingangs genannten Reaktionen laufen an zwei Elektroden (Anode und Kathode) ab, die elektrisch leitend miteinander verbunden sind. Die Anode eines Korrosionselementes ist der Oberflächenbereich eines Metalls, von dem aus die Korrosion bevorzugt Metallionen in den Elektrolyten übertreten läßt. Am kathodischen Oberflächenbereich des Metalls laufen die elektronenverbrauchenden Reaktionen ab. Anode und Kathode eines Korrosionselementes können gebildet werden durch

1) verschiedene Metalle (Kontaktkorrosionselemente, z. B. Cu/Fe, Fe wirkt als Anode);

2) Heterogenitäten in einem Metall bzw. auf der Metalloberfläche; verschiedene Gefügebestandteile (z. B. in unlegiertem Stahl Ferrit und Zementit, Ferrit wird zur Anode); Verformungen und mechanische Spannungen (Korngrenzen, Versetzungen und Spannungshöfe wirken als Anoden); Deckschichten und Ablagerungen (auf unlegiertem Stahl wirkt eine Zunderschicht als Kathode, während der darunter liegende Stahl an Fehlstellen der Zunderschicht zur Anode wird; unter Fremdrost oder Wasserverunreinigungen kann es ebenfalls zu örtlicher Korrosion (Belagskorrosion) kommen;

3) Heterogenitäten im Elektrolyten. Konzentrationselemente werden in mit Elektrolyt ausgefüllten Spalten entweder im Metall selbst oder zwischen Konstruktionsteilen gebildet. Bei unterschiedlicher Sauerstoffkonzentration im Elektrolyten entstehen im Spalt Belüftungselemente, wobei Metalloberflächenbereiche mit angrenzender niedriger Sauerstoffkonzentration bevorzugt als Anode wirken (Spaltkorrosion).

4) Unterschiede in den physikalischen Bedingungen. Temperaturunterschiede auf einer Metalloberfläche erzeugen thermogalvanische Elemente, wobei der wärmere Bereich als Anode wirkt. Unterschiedliche Strömungsgeschwindigkeiten bewirken durch den unterschiedlichen An- und Abtransport der Elektrolyte Konzentrationselemente.

Bei Makrokorrosionselementen liegt die Größe der Anoden- und Kathodenflächen im makroskopischen sichtbaren Bereich (z. B. bei Kontaktkorrosionselementen, Belüftungselementen, Lochfraßkorrosion). Mikrokorrosionselemente treten bevorzugt durch Inhomogenitäten im Werkstoffgefüge auf (Legierungsgefüge, Struktur- und Energieunterschiede im Gefüge), z. B. selektive Korrosion des Messings durch Entzinkung und Spongiose von Grauguß, durch selektive Auflösung des Ferrits sowie interkristalline Korrosion von rost- und säurebeständigen Chrom-Nickel-Stählen, wobei die Korrosion bevorzugt an den Korngrenzen des Werkstoffes verläuft.

Bei der Bildung eines Korrosionselementes herrscht äußerlich Stromlosigkeit, d. h., die Austauschstromdichten der anodischen und kathodischen Reaktion sind gleich groß. Dabei stellt sich ein Mischpotential, das Ruhe- oder Korrosionspotential, ein. Die Austauschstromdichte der anodischen Teilreaktion heißt Auflösungs- bzw. Korrosionsstromdichte und ist nach dem Faradayschen Gesetz direkt proportional der Masse des in Lösung gegangenen Metalls. Wird durch einen Fremdstrom ein äußerer Gleichstrom durch das Korrosionselement geschickt, so entsteht ein elektrolytisches Korrosionselement. Handelt es sich um elektrische Streuströme (vagabundierende Irrströme), so entsteht an den Austrittsstellen die Streustromkorrosion.

Korrosionsneigung und Spannungsreihe. Ist die Änderung des thermodynamischen Potentials beim Übergang der Metalle in ihre Ionenform negativ, so läuft die Korrosionsreaktion freiwillig ab. Die Korrosionsneigung der Metalle wird näherungsweise durch ihre Stellung in der elektrochem. Spannungsreihe bestimmt. In der Praxis sind das thermodynamische Potential und die Stellung in der elektrochem. Spannungsreihe kein Maß für die tatsächlich ablaufende Korrosionsreaktion. Der Stoffumsatz an den Elektroden der Korrosionselemente unterliegt Hemmungen, die nur durch Überschreitung des Ruhepotentials überwunden werden können (Polarisation). In entlüftetem Wasser und nicht oxidierenden Säuren ist die Durchtrittsreaktion an der Kathode, also die Sauerstoffreduktion, gehemmt. Durch Bildung von Deckschichten aus Korrosionsprodukten (z. B. AlO(OH) auf Aluminium) tritt ein zusätzlicher ohmscher Widerstand auf, der ebenfalls die Korrosionsgeschwindigkeit erheblich herabsetzt. Baut sich während der Einwirkung des Korrosionsmediums auf das Metall die Deckschicht allmählich auf, so ist der zeitliche Verlauf der Korrosion parabolisch im Gegensatz zu einem linearen Verlauf bei fehlender Induktionszeit und Deckschichtbildung (Korrosionsprüfung). Metalle, die nach der Spannungsreihe unedel sind und im Gegensatz dazu durch eine Passivschicht eine niedrige Korrosionsgeschwindigkeit erlangen, befinden sich im Zustand der Passivität (passiver Zustand). Korrosionsschutz.

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